Vergessene 747-8
Älter als 7 Tage

Aus dem Dornröschenschlaf in den Weltuntergang?

Boeing E-4B
Boeing E-4B, © US Air Force

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SEATTLE - Mit dem Rollout der letzten 747-8F endet bei Boeing die Neuproduktion der 747 nach mehr als 50 Jahren. In Gestalt der nächsten Air Force One wartet auf die 747-8 aber noch ein großes Finale. Und vielleicht ist auch danach nicht Schluss - Boeing hat sich 2022 eine besondere 747-8 in Reserve gelegt.

Nach der LN1574 ist Schluss mit neuen 747: Boeing hat diese Woche die letzte 747-8F, bestimmt für Atlas Air und Kühne + Nagel, aus dem Hangar gerollt. Das Flugzeug wird Anfang 2023 ausgeliefert.

Eine letzte Auslieferung als Frachter? Vielleicht noch ein kurzer Flügelschwenk beim Abflug aus Everett? Nein, so sang- und klanglos tritt die Boeing-Ikone 747 dann doch nicht ab!

Boeing baut erst noch zwei 747-8 zur nächsten Air-Force-One-Generation um. Die Basis stellen zwei eingelagerte 747-8 aus einem Auftrag der insolventen russischen Airline Transaero.

Boeing hatte der US-Regierung die neuen Präsidentenmaschinen zunächst für Ende 2021, später für Ende 2024 in Aussicht gestellt. Inzwischen rechnet der Konzern laut Kreisen nicht vor 2026 mit einer Fertigstellung.

Der Prestigeauftrag ist zunehmend Thema in den Finanzberichten des Konzerns - Boeing legt am Ende wohl einen Milliardenbetrag drauf.

Die US-Regierung hat für die 747-8 eventuell aber noch eine weitere Stelle offen - die US Air Force benötigt Ersatz für die E-4B Nightwatch, das Flugzeug für den Weltuntergang ("Doomsday Plane").

Vier 747-200 aus den 1970er Jahren fungieren derzeit als nukleare Kommandostände. Im Ernstfall soll die kleine Staffel die Befehlskette aus der Luft koordinieren und die Handlungsfähigkeit der US-Regierung gewährleisten. Die mit Technik vollgestopften 747-200 dienen dem US-Verteidigungsminister regelmäßig als Transportmittel.

Per Luftbetankung kann eine E-4B bis zu 72 Stunden am Stück fliegen - Kosten pro Flugstunde: extreme 147.000 US-Dollar. Die Air Force veranschlagt für 2023 allein 196 Millionen US-Dollar Wartungsbudget für die vier E-4B - und sucht, im Idealfall vierstrahlige, Nachfolger.

Das Projekt läuft unter dem Titel "Survivable Airborne Operations Center" (SOAC) - und nimmt gerade Fahrt auf: Für 2023 stellt die US Air Force für SOAC 203 Millionen US-Dollar zurück, bis 2025 wird das Projektbudget auf 856 Millionen US-Dollar anschwellen.

Nur hat sich das Fenster für eine Neubestellung der 747-8 längst geschlossen, Boeing und Pentagon bleibt nur der Gebrauchtmarkt.

Boeing kauft 747-8I zurück

Hier hat Boeing 2022 eine interessante - und im zeitlichen Zusammenhang mit der Debatte um die E-4B-Nachfolge durchaus auffälllige - Transaktion getätigt. Nach zehn Jahren Dauerstandzeit am Flughafen Basel ist eine 747-8I im April in die USA geflogen. Technisch ist die N458BJ quasi neu - das Flugzeug sollte eigentlich Saudi-Arabien als Regierungsjet dienen.

Zum Einbau einer VVIP-Kabine ist es nie gekommen - und so ging die Baseler 747-8, im Inneren im Rohzustand und mit nur 42 Flugstunden im Logbuch, durch mehrere Hände: 2019 reichte Saudi-Arabien das Flugzeug an den Flottenfinanzierer Aircraft Finance Germany (AFG) weiter.

Im April 2022 wechselte die N458BJ dann erneut den Besitzer: "AFG Aviation Ireland Limited (AFG), eine hundertprozentige Tochtergesellschaft der Aircraft Finance Germany GmbH, gibt den Verkauf einer Boeing 747-8JA mit der Seriennummer 40065 an Boeing bekannt", teilten die Frankfurter seinerzeit in einer knappen Presseerklärung mit.

Boeing hat die 747-8 in Marana (Arizona) eingemottet - und hüllt sich über die weitere Verwendung in Schweigen. Zumindest ist der Jet bisher nicht in Einzelteile zerlegt worden - und vielleicht wartet auf die lange in der Schweiz vergessene 747-8 ja noch eine große Aufgabe: Als Flugzeug für den Weltuntergang.
© aero.de | Abb.: US Air Force | 10.12.2022 07:44

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Beitrag vom 10.12.2022 - 22:19 Uhr
Wäre ein schönes und würdiges Ende für diese Ikone


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