HOUSTON - Nach einer Landung in Houston liegt eine Boeing 737 MAX 8 von United neben der Piste. Die Insassen bleiben unverletzt. Warum endete eine Routinelandung im Gras? Die US-Flugunfallbehörde NTSB hat die beteiligte Crew befragt - und erste Anhaltspunkte zur Unfallursache gewonnen.
Flughafen Houston George Bush, 8. März 2024: United 2477 aus Memphis ist bereit zur Landung. Im Anflug fragt die Crew einen Wechsel von Landebahn 26L auf 27 an, der Tower hat keine Einwände.
Nach dem Aufsetzen fahren die Bremsklappen aus. 1,2 Kilometer vor dem Ende der Landebahn verzögern auch die Radbremsen das Flugzeug, rekonstruiert die US-Flugunfallbehörde NTSB die Landung. Der Kapitän gibt an, schon 1,8 Kilometer vor Pistenende erstmals das Bremspedal betätigt zu haben.
300 Meter vor Pistenende ist die 737 MAX 8 viel zu schnell. Der Kapitän bremst das Flugzeug laut NTSB nun "mit Nachdruck" ab und will die Landebahn auf Taxiway SC verlassen. "Beim Abbiegen auf den Rollweg spürte er heftige Vibrationen in den Seitenruder- und Bremspedalen", heißt es in dem
Bericht weiter.
In diesem Moment verliert die Crew die Kontrolle - das Flugzeug dreht sich um die eigene Achse. Reifen bleiben beim Abflug von der Piste an einem "größeren Betonschacht" hängen, das linke Hauptfahrwerk reißt ab. Die 737 MAX 8 liegt manövrierunfähig im Gras.
Die 166 Passagiere und Crewmitglieder verlassen das Flugzeug über Treppen, niemand wird verletzt. Fahrwerk, linke Tragfläche und Heck der N27290 hat es hingegen schwer erwischt - das Flugzeug wird aktuell repariert.
Nass oder trockenDer NTSB-Bericht schneidet eine mögliche Unfallursache an. Der Kapitän, der seit 1987 für United fliegt, ging offenbar davon aus, auf einer trockenen Landebahn aufzusetzen. Tatsächlich war die Piste "nass und rutschig". Einen entsprechenden ATIS-Hinweis hat der Kapitän laut Bericht mutmaßlich missverstanden.
"Der Kapitän erinnerte sich, dass die Landebahn trocken wirkte", hält das NTSB fest. "Der FO erinnerte sich, dass die Landebahn nass erschien."
© aero.de | Abb.: NTSB | 09.04.2024 11:25
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Beitrag vom 09.04.2024 - 18:58 Uhr
Fehler werden als gegebenes und normales menschliches Verhalten angesehen und daher grundsätzlich nicht bestraft (vorausgesetzt, es handelte sich nicht um Vorsatz).
Ich würde es gerne ergänzen: ... vorausgesetzt, es handelte sich nicht um Vorsatz oder grobe Fahrlässigkeit.
Zu den beschriebenen Folgen kann man ergänzend davon ausgehen, dass in den regelmäßigen Simulator-Trainings diese "Übung" verstärkt vorkommen wird, um die Sensibilität zu schärfen.
Beitrag vom 09.04.2024 - 18:28 Uhr
Was passiert eigentlich intern mit den Piloten wenn Sie solche Fehler machen ?
Im besten Fall nichts, beziehungsweise nicht viel. In der Luftfahrt, vor allem in den Ländern des globalen Nordens, hat sich die so genannte Just Culture durchgesetzt. Fehler werden als gegebenes und normales menschliches Verhalten angesehen und daher grundsätzlich nicht bestraft (vorausgesetzt, es handelte sich nicht um Vorsatz). In dem hier genannten Fall würde das also bedeuten, dass der Fall zunächst intern aufgearbeitet und vom Safety Department untersucht wird. Sollte herauskommen, dass die Piloten nach bestem Wissen gehandelt haben und es sich hierbei wirklich nur um einen blöden aber menschlichen Fehler handelt, drohen den Piloten keine Sanktionen. In der Regel kommt es im Anschluss intern zu Memos und Nachschulungen.
Beitrag vom 09.04.2024 - 15:04 Uhr
Was passiert eigentlich intern mit den Piloten wenn Sie solche Fehler machen ?
Kommentare (7) Zur Startseite
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Ich würde es gerne ergänzen: ... vorausgesetzt, es handelte sich nicht um Vorsatz oder grobe Fahrlässigkeit.
Zu den beschriebenen Folgen kann man ergänzend davon ausgehen, dass in den regelmäßigen Simulator-Trainings diese "Übung" verstärkt vorkommen wird, um die Sensibilität zu schärfen.
Im besten Fall nichts, beziehungsweise nicht viel. In der Luftfahrt, vor allem in den Ländern des globalen Nordens, hat sich die so genannte Just Culture durchgesetzt. Fehler werden als gegebenes und normales menschliches Verhalten angesehen und daher grundsätzlich nicht bestraft (vorausgesetzt, es handelte sich nicht um Vorsatz). In dem hier genannten Fall würde das also bedeuten, dass der Fall zunächst intern aufgearbeitet und vom Safety Department untersucht wird. Sollte herauskommen, dass die Piloten nach bestem Wissen gehandelt haben und es sich hierbei wirklich nur um einen blöden aber menschlichen Fehler handelt, drohen den Piloten keine Sanktionen. In der Regel kommt es im Anschluss intern zu Memos und Nachschulungen.