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Ringen um Flugbegleiter-Streik bei Lufthansa

FRANKFURT - Nur noch wenige Stunden trennen die Lufthansa von einer erneuten Streikserie. Nach den Piloten sind es jetzt die Flugbegleiter, die nach ergebnisloser Schlichtung wegen geplanter Einschnitte bei ihren Betriebs- und Übergangsrenten mit einem Arbeitskampf drohen.

Das Ultimatum der Kabinengewerkschaft Ufo läuft an diesem Dienstag um 09.00 Uhr aus. Gibt es bis dahin keinen neuen Verhandlungsansatz, wollen die Flugbegleiter das zweite Mal in der Geschichte der Lufthansa ihre Jobs ruhen lassen: Am 1. Juli und dann immer wieder mal bis zum 16. September. Den genauen Umfang der Streiks lässt die Gewerkschaft aber absichtlich noch offen.

Lufthansa
Lufthansa, © Deutsche Lufthansa AG

Ufo kämpft um die Besitzstände von rund 19.000 Flugbegleitern bei der Kerngesellschaft Lufthansa. Ähnlich wie die Piloten, wenn auch auf einem deutlich niedrigeren Niveau, konnten sie sich bislang darauf verlassen, ihren Beruf auch vor Erreichen der gesetzlichen Rentengrenze aufgeben zu können und dafür von Lufthansa Übergangsrenten zu erhalten. Im Ruhestand ergänzten zudem Betriebsrenten die Einkünfte des fliegenden Personals.

In der bisherigen Form sind die Lufthansa-Renten laut Konzern nicht mehr finanzierbar. Das liegt an dem in den vergangenen Jahren ständig gesunkenen Kapitalmarktzins, der es dem Konzern unmöglich macht, die 1994 zugrundegelegten Renditen zu erwirtschaften.

Um die Garantierenten darstellen zu können, muss Lufthansa in ihrer Bilanz milliardenschwere Rückstellungen bilden, die das Eigenkapital schrumpfen lassen. Ende 2014 betrugen die Rückstellungen 14,6 Milliarden Euro, wobei ein gutes Viertel auf die Flugbegleiter entfällt.

Die jährlichen Auszahlungen an die Betriebspensionäre drücken zudem den Gewinn. 2015 werden sie über 600 Millionen Euro betragen und rund 8 Prozent des Personalaufwands verschlingen.

Das ist bisher passiert


Das Unternehmen hat zum Jahresende 2013 sämtliche Tarifverträge zu den Betriebs- und Übergangsrenten einseitig gekündigt. Mit den Gewerkschaften Verdi, Ufo und Vereinigung Cockpit wurden Verhandlungen zu Neuregelungen aufgenommen, die bislang aber in keinem Fall zu einem Ergebnis geführt haben.

Mit den Piloten befindet sich Lufthansa nach zwölf Streikrunden in der Schlichtung, Verdi wollte das Thema für das Bodenpersonal am liebsten erst mal gar nicht anfassen. Am weitesten ist Lufthansa mit den Flugbegleitern gekommen, die grundsätzlich den gewünschten Systemwechsel weg von den Garantierenten hin zu festen Arbeitgeberzuschüssen akzeptiert haben.

Stand der Verhandlungen

Lufthansa will 3 Prozent der "versorgungsfähigen Vergütung" einzahlen und um ein weiteres Prozent aufstocken, falls die Mitarbeiter selbst ebenfalls mit einem Prozent vorsorgen. Wegen der geringen Grundgehälter für die Stewardessen würde das nach Auffassung von Ufo aber nur zu sehr niedrigen Renten führen.

Die Gewerkschaft pocht daher auf eine Zusage der Lufthansa aus dem Vorjahr, dass bei realistischen Zinssätzen ein zur alten Regelung vergleichbares Niveau herauskommen müsse. Eine genaue Höhe des geforderten Arbeitgeberanteils hat Ufo noch nicht genannt.

Ufo steht unter strenger Beobachtung der anderen Gewerkschaften, bloß keinen zu niedrigen Pilot-Abschluss in der Rentenfrage abzuliefern. Außerdem schwindet das Vertrauen in die Lufthansa-Führung, die noch vor wenigen Monaten Wachstumschancen für den Lufthansa-Kern versprochen hat.

Immer klarer wird jedoch, dass der Konzern vor allem außerhalb des Kerns mit Billigangeboten der Plattform Eurowings wachsen will, die vor allem über niedrigere Tarifbedingungen beim Personal finanziert werden.

Update: Ufo signalisiert Streikabsage


Der für Mittwoch angedrohte Streik der Flugbegleiter könnte abgesagt werden. Die Kabinengewerkschaft Ufo ist nach Angaben ihres Chefs Nicoley Baublies zu einer erneuten Tarifverhandlung mit dem Lufthansa-Vorstand bereit. "Ich bin vorsichtig optimistisch", sagte er am Montag der Deutschen Presse-Agentur.

Grundlage sei ein über das Wochenende mit Lufthansa-Experten erarbeiteter Fahrplan, erläuterte Baublies. Lufthansa habe dem Papier allerdings noch nicht zugestimmt. Einen konkreten Verhandlungstermin gebe es ebenfalls noch nicht. Das Unternehmen äußerte sich zunächst nicht zum Stand der Sondierungen.
© aero.de, dpa-AFX | Abb.: world-of-aviation.de, Björn Schmitt Aviation Photography | 29.06.2015 08:21

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Beitrag vom 30.06.2015 - 08:50 Uhr
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3 Beiträge gelöscht.
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Fly-away
Moderator

Dieser Beitrag wurde am 30.06.2015 08:55 Uhr bearbeitet.
Beitrag vom 29.06.2015 - 12:43 Uhr
Ganz so kann man den Artikel nicht stehen lassen. Sowohl VC wie UFO verhandeln schon sehr lange in dieser Tarifrunde, während sie bei ver.di erst im Frühjahr begonnen hat. Es ist auch nicht so, dass ver.di "das Thema für das Bodenpersonal am liebsten erst mal gar nicht anfassen" möchte. Ver.di möchte die Betriebliche AltersVersorgung aber nicht mit den Gehaltstarifverhandlungen vermischen, so wie es der Arbeitgeber gerne hätte. Am 3.Juli geht die Verhandlung für den Boden in die nächste Runde, Lufthansa will ihr Modell zur BAV vorstellen, ver.di wird Lufthansa eigene Vorschläge unterbreiten. Verhandelt werden soll die BAV zu diesem Termin aber nicht. Die BAV wirkt für altgediente Lufthanseaten nach, neu eingestellte KollegInnen (ab 1.1.2014) sollen eine BAV - wie auch immer diese dann mal aussehen mag - rückwirkend ab Einstellungsdatum bekommen so wie diese abgeschlossen wurde. Da am Boden keine Übergangsversorgung anfällt, hat ver.di also keinen Grund hier auf Eile zu drängen, sondern viele Gründe es in Ruhe zu behandeln.

Dieser Beitrag wurde am 29.06.2015 12:46 Uhr bearbeitet.
Beitrag vom 29.06.2015 - 11:48 Uhr
Soweit ich mich erinnere, war es der damalige Vorstandsvorsitzende J. Weber, der den Herrschaften unmissverständlich klar gemacht hatte, dass es nur EINE Lufthansa gibt. Und dass diese eine Lufthansa aus über Hunderttausend Mitarbeitern besteht und nicht aus einem kleinen Bruchteil davon. Offensichtlich hält auch der aktuelle VV an diesem Standpunkt fest. Und er muss es ja wissen, er kennt das Berufsbild (sofern das ein Beruf sein sollte) bestens.


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