Sperrung des Luftraums
Älter als 7 Tage

Streit zwischen Airlines und Regierung spitzt sich zu

Vulkanausbruch Island
Vulkanausbruch auf Island, © Icelandic Coast Guard

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HAMBURG - Die deutschen Flughäfen bleiben bis mindestens bis 02.00 Uhr am Dienstag geschlossen. Das hat die Deutsche Flugsicherung (DFS) angesichts der Vulkanasche aus Island am Morgen entschieden, wie eine Sprecherin in Langen bei Frankfurt mitteilte. Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer (CSU) verteidigte das Flugverbot. Geschäftsinteressen dürften nicht vor die Sicherheit der Flugreisenden gestellt werden, sagte Ramsauer dem Deutschlandfunk.

Der Minister zog mit dieser Begründung weitere Kritik der deutschen Fluggesellschaften auf sich, die inzwischen das Flugverbot immer offener in Frage stellen. Er halte es für "ungeheuerlich, der Lufthansa oder den deutschen Airlines zu unterstellen, dass sie Umsatz vor Sicherheit stellen", sagte Lufthansa Vorstandschef Wolfgang Mayrhuber am Sonntagabend im "heute journal" des ZDF.

Mayrhuber sieht keinen Anlass, die Sperrung des Luftraums im gegenwärtigen Rahmen aufrecht zu erhalten. Testflüge seien problemlos verlaufen. "Niemand wird durch eine Vulkanwolke fliegen, aber das, was wir in den letzten drei Tagen gesehen haben, war alles andere als ein Gefährdungspotenzial", erklärte Mayrhuber.

Die Durchmischung sei nach Einschätzung Lufthansas und anderer europäischer Fluggesellschaften mittlerweile so groß, dass Flugverkehr über Europa möglich wäre. Engere Inspektionsintervalle und ein De-Briefing der Piloten stellen laut Mayrhuber weitere Möglichkeiten dar, mit denen Risiken eingegrenzt werden können.

Der Chef der größten deutschen Fluggesellschaft kritisierte erneut die allein auf Basis der Daten des Volcanic Ash Advisory in London ausgesprochenen Luftraumsperren. "Natürlich wären wir daran interessiert gewesen, Testflugzeuge des Militärs oder anderer Wissenschaftseinrichtungen in der Luft zu sehen und uns mit Daten zu füttern", erklärte Mayrhuber.

Die Fortrechnung der Daten aus London hält Mayrhuber inzwischen für eine unzureichende und nicht mehr ernst zu nehmende Entscheidungsgrundlage. "Da sind so viele Modellannahmen drin, dass das mit dem, was man vor Ort erkennt, nicht mehr korreliert", sagte Mayrhuber unter Verweis auf Testflüge von Lufthansa, Austrian und KLM. "Das kommt mir so vor, als würde ich meinen Skiurlaub mit dem Wetterbericht machen, aber das Gipfelfernsehen nicht mehr einschalten."

IATA schließt sich Kritik an EU-Staaten an

Die Internationale Luftfahrtvereinigung IATA hat am Montag einen unprofessionellen Umgang der EU-Staaten mit der Vulkanaschewolke ebenfalls kritisiert. Es gebe "keine Risikoeinschätzung, keine Konsultation, keine Koordinierung und keine Führung", sagte IATA- Präsident Giovanni Bisignani am Montag in Paris. Die Lufträume müssten schnell auf der Grundlage der bei Tests ermittelten Daten geöffnet werden, sobald die Fakten vorlägen.

Die Fluggesellschaften verlören jeden Tag mindestens 200 Millionen US Dollar (148 Millionen Euro) wegen der Flugverbote, sagte Bisignani. Sicherheit gehe natürlich vor. Doch in einer solchen Krisenlage habe es fünf Tage gedauert, bis die EU eine Videokonferenz zustande gebracht habe. Die Entscheidungen über Luftraumschließungen dürften nicht nur von Computermodellen abhängen, sondern müssten auf Fakten gründen. Vulkane seien in vielen Weltteilen aktiv.

Erster Messflug der DFS

Die Deutsche Flugsicherung (DFS) erhofft sich vom ersten Messflug eines Spezialflugzeugs an diesem Montag genauere Daten zur Aschewolke. "Wir hoffen, dass wir dann eine bessere Basis haben, auf der wir Entscheidungen treffen können", sagte DFS-Sprecher Axel Raab im "Morgenmagazin" des ZDF. Die Maschine soll am Abend in Oberpfaffenhofen bei München starten. Die Messdaten würden danach vom Volcanic Ash Advisory Centre (VAAC) in London ausgewertet.

Dass die isländische Aschewolke über Europa tatsächlich die für Flugzeuge gefährlichen Vulkanaerosole enthält, haben inzwischen Schweizer Forscher der Eigenössischen Technischen Hochschule (ETH) Zürich bei Messungen nachweisen können. Wie die Universität am Montag mitteilte, hat sie in der Schweiz mit Wetterballons, Lasern und Messflugzeugen über das Wochenende verschiedene Messungen durchgeführt und ausgewertet.

"Wir konnten in einer Höhe zwischen vier und fünf Kilometern eine besonders hohen Anteil an Vulkanaerosolen feststellen", sagte der ETH-Professor für Atmosphärenchemie, Thomas Peter. Erstmals habe so die Höhe und Struktur der Aerosolschicht wissenschaftlich erfasst werden können. Um die genaue Aerosolkonzentration und Teilchengröße festzustellen werden die Daten jetzt weiter ausgewertet.

Eurocontrol: Weniger Luftraum gesperrt

Die Zahl der Flugverbote wegen der Aschewolke über Europa ist in der Nacht zum Montag deutlich zurückgegangen. Nach Angaben der europäischen Luftsicherheitsbehörde Eurocontrol in Brüssel war der Luftraum am Montagmorgen vor allem im Süden nahe des Mittelmeers und in großen Teilen Skandinaviens wieder freigegeben.

Damit war das gesperrte Gebiet merklich kleiner als noch am Abend zuvor. Am Sonntag hatte sich die Sperrung zeitweise von Mallorca bis nach Nordnorwegen und von Irland bis zur Türkei erstreckt. Am Montagmorgen waren im Süden Portugal, Spanien und das Mittelmeer sowie ein Gürtel über Südfrankreich, Norditalien und Slowenien frei.

Nach zweieinhalbtägiger Sperre sind auch auf Österreichs Flughäfen wieder Flugzeuge gelandet und gestartet. Die Flugsicherung hatte um 5.00 Uhr morgens das seit Freitagabend geltende Flugverbot wegen der Vulkanaschewolke aufgehoben.

Im Norden war der Luftraum über Norwegen, Mittel- und Nordschweden sowie Südfinnland wieder geöffnet. Im Osten jedoch war die Situation nahezu unverändert, der geschlossene Luftraum reichte noch immer bis zum Schwarzen Meer.
© aero.de, dpa | Abb.: Deutsche Lufthansa AG | 19.04.2010 12:47


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