Embraer-Chef: vorerst keine Ambitionen im A320/B737-Segment

SÃO JOSÉ DOS CAMPOS - Der Marktführer für Regional Jets bis 120 Sitze, Brasiliens Embraer-Konzern, sieht keinen Grund, Kurs auf den Markt für größere Flugzeuge zu nehmen. Zumindest derzeit nicht, macht Embraer-Präsident Frederico Fleury Curado in einem Interview klar. Mittelfristig könnte Embraer aber dem Beispiel des kanadischen Herstellers Bombardier folgen und ein Flugzeug in Wettbewerb zur CSeries stellen.

Nach Airbus und Boeing sind Sie die Nummer 3 - lockt Sie der Markt für größere Verkehrsflugzeuge nicht?

Curado: "Ein Eintritt in diesen Markt wäre schon ein sehr aggressiver Schritt und der Versuch, bestehende Marktanteile von vorhandenen Playern wegzunehmen. Ich sehe da keine Möglichkeit. Boeing und Airbus haben sehr gute, verlässliche Flugzeuge und beide Konzerne sind sehr mächtig und kompetent. Aber wir beobachten den Markt und wer weiß, vielleicht in zwei oder fünf Jahren... Heute jedenfalls sehen wir niemanden, der über die Technologie verfügt, ein sehr viel besseres Flugzeug als etwa die Boeing 737 oder die A320 zu machen. Bei uns ist das aber keine Ressourcen-Frage - es sprechen vielmehr Wettbewerbsgründe dagegen."

EADS-Chef Louis Gallois hat Sie ja kürzlich mit Kooperationsavancen umworben...

Curado: "Ich kenne Herrn Gallois. Er ist ein Gentleman. Wir fühlen uns geschmeichelt. EADS war schon mal an Embraer beteiligt und heute sind wir noch Partner bei einer Firma in Portugal. Seine Äußerungen verstehe ich als Ausdruck der Bewunderung, was uns sehr stolz macht. Aber es ist absolut nichts vereinbart und es gibt nichts Konkretes."

Wie stark ist der Wettbewerb zu Boeing und Airbus?

Curado: "Das sind eigentlich keine direkten Konkurrenten. Die kleinsten Flugzeuge, die Boeing und Airbus verkaufen, haben 140 und 150 Sitze. Unsere größten verfügen über 122 Sitze."

Wie geht es nach dem Krisenjahr 2009 weiter?

Curado: "Wir haben dieses Jahr im Airline-Geschäft noch keine Auftragsstornierung. Wir rechnen mit einem Umsatz von 5 Milliarden US-Dollar (2009: 5,5 Mrd Dollar). Der Business-Jet-Markt erholt sich langsam. Vermutlich werden wir aber erst in vier bis fünf Jahren wieder beim Auslieferungs-Niveau von 2008 sein. Aber 2010 rechnen wir in dieser Sparte mit einem Umsatz von 1,2 Milliarden Dollar (2009: 1 Mrd Dollar)."

Wie wichtig ist Europa für ihr Geschäft?

Curado: "Es hat wohl niemand vorhersehen können, was in den letzten Monaten in Europa geschehen ist. Ich denke aber immer noch sehr positiv über Europa. Ich arbeite nicht mit einem Szenario, in dem der Euro als Währung wegfällt. Der Euro ist eine so große Errungenschaft für den Kontinent, dass die Währung vorangehen wird. Ein abgewerteter Euro hilft Europa wettbewerbsfähiger zu werden. Unsere Märkte sind Europa, die USA und neuerdings China. Da wird es keinen fundamentalen Wechsel geben."

Ist Embraer eigentlich 100-prozentig privat?

Curado: "Nicht 100 Prozent: Die Regierung hat eine sogenannte "Goldene Aktie" (Golden Share). Das heißt, sie hat ein besonderes (Veto-)Recht, und das ist wichtig fürs Land und schadet dem Unternehmen in keiner Weise. Im Gegenteil: Es ist ein Schutz für Embraer. Die Regierung könnte ihr Veto einlegen, wenn es um Technologie-Transfers geht oder etwa bei einem Übernahmeversuch. Allerdings hat die Regierung seit der Privatisierung vor mehr als 15 Jahren dieses Recht noch nie ausgeübt."