O`Leary stänkert und verdient
Älter als 7 Tage

Ryanair wird nach Gewinnsprung zuversichtlicher

Ryanair
Ryanair in Bremen, © Bremen Airport

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DUBLIN - Michael O'Leary gibt gerne mal den Clown. Der Vorstandschef des irischen Billigfliegers Ryanair will an Bord Toilettengebühren einführen und das Geld zur Behandlung von Inkontinenz spenden. Nebenbei ist der Hobby-Pferdezüchter auch ein gewiefter Geschäftsmann. Er will auf den Co-Piloten verzichten, und er kämpft mit harten Bandagen gegen zusätzliche Steuern für die Fliegerei. Seine Fluggesellschaft jedenfalls wächst und wächst.

Das Billig-Modell ist allem Anschein nach noch nicht am Ende. In der ersten Hälfte des Geschäftsjahres 2010/11 (31. März) stieg die Zahl der Passagiere bei Ryanair um zehn Prozent, der Umsatz um 23 Prozent und der Überschuss um 13,5 Prozent. Das Geschäftsmodell, die Kosten niedrig zu halten und die günstigsten Preise der Branche anbieten zu können, sei "robust", sagte O'Leary am Montag, als er seinen Halbjahresbericht vorstellte. Durchschnittlich zahlte der Ryanair-Fluggast in diesem Sommer 44 Euro pro Ticket - 12 Prozent mehr als bisher. Allerdings wurden auch neue, längere Strecken, etwa nach Faro (Portugal), Malaga und Malta ins Programm aufgenommen.

O'Leary kann mit breiter Brust weiter den Rabauken geben. Den großen Luftfahrtbündnissen wie der Star Alliance sagt er den Kampf an: "Wir werden ihnen weitere Marktanteile abnehmen", kündigt O'Leary genauso angriffslustig wie großspurig an. Die Luftverkehrsaufsicht schmäht er, wo er nur kann. Dass im Frühjahr der europäische Luftraum wegen der Vulkanasche aus Island tagelang gesperrt war, bezeichnet er erneut als "unnötig" - 9.400 Ryanair-Flüge wurden gestrichen, die Airline konnte rund 1,45 Millionen Passagiere nicht befördern.

Die in den Streik getretenen Lotsen in Belgien, Frankreich und Spanien würdigt er als "hochbezahlte Bürokraten" herab. Die EU-Regeln, die den Bediensteten der Flugsicherheit Streikrecht einräumt, bezeichnet er als "bizarr". Dass ausgerechnet die Wettbewerbsbehörden im Nachbarland Großbritannien die geplante Übernahme weiterer Anteile an der irischen Konkurrenz-Fluglinie Aer Lingus untersuchen wollen, bezeichnet er frotzelig als "höchst interessant". Ryanair hält derzeit mit 29,82 Prozent knapp ein Drittel an Aer Lingus.

Interessen und Kalkül


Auch auf dem deutschen Markt zeigt sich O'Leary knallhart. Auf die Ticketabgabe der Bundesregierung hat er bereits reagiert, bevor sie überhaupt beschlossen war. Und das, obwohl sich die Abgabe auf die meist kurzen Ryanair-Flüge mit acht Euro pro Strecke vergleichsweise gering auswirkt. So gehen viele in der Branche davon aus, dass die Ticketabgabe auch ein willkommener Vorwand für Ryanair ist, sich von unrentablen Strecken zu trennen und die Schuld auf die Politik zu schieben. Auch in Ungarn und am Heimatstandort Irland dünnt Ryanair das Flugangebot aus.

Der Billigflieger ist bei Flughafenchefs in Europa bekannt und gefürchtet, knallharte Verhandlungsschlachten um die Landegebühren zu schlagen. Einige Flughäfen lehnen die Fluglinie deshalb auch ab, um defizitäre Verträge zu vermeiden. Ryanair wiederum schiebt den Schwarzen Peter weiter: Der Gesellschaft gehe es weniger ums Geld als um die kurzen Umschlagszeiten. Die Maschinen sollen nur 25 Minuten am Boden sein, nur in der Luft machen sie Gewinn. Das können vor allem die größeren Airports kaum garantieren.

Ertrag und Ergebnis gesteigert

Ryanair hatte seinen Gewinn in der ersten Hälfte des laufenden Geschäftsjahres dank größerer Nachfrage und höherer Ticketpreise deutlich gesteigert. Trotz der Flugausfälle nach dem Vulkanausbruch in Island kletterte der Gewinn unter dem Strich zwischen April und September um 13,5 Prozent auf 424 Millionen Euro, wie das irische Unternehmen am Montag mitteilte. Der Umsatz legte um 23 Prozent auf 2,2 Milliarden Euro zu. In den Ryanair-Fliegern saßen im ersten Halbjahr 40,1 Millionen Passagiere - 10 Prozent mehr als im Vergleichszeitraum des Vorjahres.

Die für den Deutschlandverkehr angekündigten Streichungen von zahlreichen Strecken wirken sich darauf noch nicht aus. Sie gelten meist erst für den neuen Sommerflugplan 2011. Allein an ihrem deutschen Hauptdrehkreuz Hahn im Hunsrück will Ryanair neun Verbindungen wegfallen lassen. Ryanair begründete dies mit der Ticketabgabe. Die nach Entfernung in drei Stufen gestaffelte Flugsteuer soll jährlich eine Milliarde Euro zur Haushaltssanierung einbringen.

Für das Gesamtjahr (bis 31. März) schraubte O'Leary die Gewinnerwartungen nach oben. Unter dem Strich erwartet das Ryanair-Management nun einen um Sondereffekte bereinigten Überschuss zwischen 380 und 400 Millionen Euro. Bisher wurden 350 bis 375 Millionen Euro angepeilt. Im ersten Halbjahr lag der bereinigte Überschuss bereits bei 452 Millionen Euro. Fluggesellschaften schreiben aber im Winter häufig rote Zahlen. Ryanair musste im ersten Halbjahr wegen höherer Preise und einer höheren Zahl von Flügen 660 Millionen Euro für Kerosin ausgeben - 44 Prozent mehr als im Jahr zuvor.

O`Leary: "Robustes Geschäftsmodell"


"Ein bereinigter Überschuss von 452 Millionen im ersten Halbjahr zeigt die Robustheit unseres Geschäftsmodells", sagte O'Leary. In den zurückliegenden Monaten war darüber spekuliert worden, ob Ryanair sein Geschäftsmodell wechseln und sich von einer Billiglinie zu einer "normalen" Fluggesellschaft wandeln könnte. Ryanair gewinne mehr und mehr Marktanteile von den drei großen europäischen Luftfahrtbündnissen, sagte O'Leary.

Grund für die gewachsene Zuversicht sind auch höhere Ticketpreise für den Winter. Die Ryanair-Führung erwartet, dass die Durchschnittserlöse im Passagiergeschäft um fast 10 Prozent höher ausfallen als ein Jahr zuvor. Bislang hatte sie noch eine Spanne von 5 bis 10 Prozent genannt.

© dpa-AFX | Abb.: Flughafen Weeze | 01.11.2010 08:43


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