Airbus ist 50
Älter als 7 Tage

Europas Überflieger

TOULOUSE - Vor 50 Jahren schlug in Deutschland und Frankreich die Geburtsstunde des Flugzeugbauers Airbus. Das gemeinsame Industrieprojekt gilt heute nicht nur wirtschaftlich als einer der größten Erfolge des geeinten Europas. Doch in den Anfangstagen musste Airbus viel Häme einstecken.

Was in den USA als netter Versuch belächelt wurde, entwickelte sich zum Erfolgsmodell: Heute ist Airbus neben dem US-Konzern Boeing der einzig nennenswerte Hersteller größerer Passagierflugzeuge überhaupt.

Und weil der Rivale aus Amerika nach dem Absturz zweier Jets und des Flugverbots für den Typ 737 MAX in einer schweren Krise steckt, könnte Airbus ausgerechnet im Jubiläumsjahr zum größten Flugzeugbauer der Welt aufsteigen.

Los ging es eigentlich schon 1965, als die deutschen Firmen Messerschmitt, Bölkow, Dornier-Werke, Hamburger Flugzeugbau und die Vereinigten Flugtechnischen Werke die Arbeitsgemeinschaft Airbus gründeten, um einen Konkurrenten zu den US-Herstellern Boeing und McDonnell Douglas aufzubauen.

Lufthansa Airbus A350-900
Lufthansa Airbus A350-900, © Lufthansa

Schon der Name Airbus sorgte damals bei einigen für Spott. Das Leitbild der Deutschen war tatsächlich der Bus: gleichzeitiges Ein- und Aussteigen, niedrige Flugpreise, schnelle Taktung. Von diesen Vorstellungen wurde später allerdings so gut wie nichts umgesetzt - Flughäfen und Infrastruktur so umzubauen, das hätte Milliarden gekostet.

Und erst der Zusammenschluss mit der französischen Aérospatiale gilt als das Gründungsdatum von Airbus. Am 29. Mai 1969 setzen Bundeswirtschaftsminister Karl Schiller und der französische Verkehrsminister Jean Chamant ihre Unterschriften unter den Vertrag, der ganz im Zeichen der europäischen Einigung stand. Die Briten waren kurz zuvor ausgestiegen.

Später schlossen sich dem Projekt noch die Spanier an. Die Arbeit konnte nun beginnen. Hauptstandort war die südfranzösische Stadt Toulouse. Erster Produktionsdirektor wurde der Deutsche Felix Kracht.

Die Wochenzeitung "Die Zeit" beschrieb ihn 1979 folgendermaßen: "Wie einem gebürtigen Franzosen fällt ihm beim Sprechen die gelbe Gauloise-Zigarette nicht aus dem Mundwinkel." Im Airbus-Werk in Toulouse, so hieß es, ginge es nicht um den Pass, sondern um das Können.

Pummeliger
Pummeliger "Provinzjet"? Airbus A300, © Airbus

Dort wurde am A300 getüftelt - einem Großraumflugzeug für Lang- und Mittelstrecken. Heute gilt es als Meilenstein bei der Internationalisierung des Flugzeugbaus - damals war man weniger überzeugt. Das Magazin "Der Spiegel" nannte die Maschine "dickleibiger Provinzjet".

Anfangs fand die Passagiermaschine mit 250 bis 300 Sitzplätzen tatsächlich kaum Abnehmer - und das obwohl Konkurrent Boeing damals in diesem Segment nichts Vergleichbares zu bieten hatte. CSU-Politiker Franz Josef Strauß, der ab 1970 Aufsichtsratsvorsitzender von Airbus war, warb auf seinen Reisen für den Flieger. Der Durchbruch kam aber erst, als ausgerechnet eine US-amerikanische Fluggesellschaft eine Großbestellung in Auftrag gab.

Aus Airbus wird EADS - und dann wieder Airbus

Im Jahr 1979 schlossen sich die Briten Airbus nun doch an - heute hat Airbus fast seinen gesamten Tragflächenbau in Großbritannien gebündelt. Airbus setzte im Laufe der Jahrzehnte wieder technische Akzente, die zwar zunächst umstritten waren, sich aber am Markt durchsetzten. Dazu gehört auch die "fly-by-wire"-Technik bei Passagierflugzeugen. Diese elektronische Flugsteuerung ist heute Standard in modernen Cockpits.

Airbus A380
Airbus A380, © Airbus S.A.S.

Im Jahr 2000 legten Deutschland, Frankreich und Spanien den größten Teil ihrer Geschäfte in der zivilen und militärischen Luft- und Raumfahrt zusammen - es entstand Europas größter Luftfahrt- und Rüstungskonzern. Das neue Unternehmen hieß European Aeronautic Defense and Space Company - kurz EADS. EADS brachte es allerdings nie zu einer starken Marke und wurde schließlich radikal umgebaut und nach seiner wichtigsten Tochter benannt: Airbus.

In Deutschland hat Airbus sein weltweit zweitgrößtes Werk. In Hamburg-Finkenwerder arbeiten mehr als 13.000 Mitarbeiter am Bau von Verkehrsflugzeugen mit. Dort will Airbus an diesem Mittwoch seine Geburtsstunde auch mit den Mitarbeitern feiern. In Finkenwerder werden zum Beispiel für den Riesen-Jet A380 Teile des Rumpfs produziert sowie die Kabine ausgestattet.

Mehr als die Hälfte aller jährlich produzierten Maschinen der A320-Familie stammt aus Hamburg. Insgesamt zählt Airbus in Deutschland mit mehr als 46 000 Beschäftigten an 27 Standorten zu den größten Arbeitgebern.

Airbus A380
Airbus A380, © Airbus

Auch wenn die Geschichte der Airbus-Gründungsfirmen viel weiter zurückreicht, ist der Konzern selbst nicht einmal halb so alt wie sein Rivale Boeing, der 2016 sein 100-jähriges Bestehen feierte. Doch kurz nach der Jahrtausendwende sammelte Airbus erstmals mehr Bestellungen ein als der US-Konzern. Und im Jahr 2018 rückten die Europäer mit 800 ausgelieferten Verkehrsjets auf nur sechs Maschinen an Boeing heran.

Zu diesem Aufstieg trugen am wenigsten die Riesenflieger vom Typ A380 bei. Bei dem doppelstöckigen Flugzeug, das Anfang des Jahrtausends Boeings Jumbo als weltgrößten Passagierjet ablöste, hatte sich Airbus vielmehr böse verrechnet: Mangels neuer Bestellungen kündigte die Konzernspitze im Februar das Ende der Produktion für das Jahr 2021 an.

Erfolgsmodell A320

Zum wahren Verkaufsschlager entwickelten sich die seit den 1980er Jahren gebauten Mittelstreckenjets der A320-Reihe. Ihre Neuauflage A320neo mit größeren, sparsameren Triebwerken jagte der Boeing 737 sogar die Vorherrschaft in dem absatzstärksten Flugzeugsegment ab - die Produktion ist auf Jahre hinweg ausgebucht.

SAS Airbus A320neo
SAS Airbus A320neo, © Mark Harkin

Boeing zog mit einer Modernisierung seines Modells nach - doch der Schritt geriet zum Desaster. Zwei Maschinen stürzten ab, 346 Menschen starben, mitverantwortlich soll eine Cockpit-Software sein. Seit Mitte März gilt ein weltweites Flugverbot, die Auslieferungen sind gestoppt, die Produktion gedrosselt.

Beim Rivalen aus Europa zeigt sich dennoch keine Schadenfreude. "Ich bin niemand, der sagt: Das kann uns nicht passieren", sagte der langjährige Airbus-Chef Tom Enders, kurz bevor er die Konzernführung im April an den Franzosen Guillaume Faury übergab.

Enders hinterließ seinem Nachfolger allerdings auch eine Menge Arbeit: Korruptionsermittlungen in Großbritannien und Frankreich haben den Konzern in letzter Zeit schwer unter Druck gesetzt.

Letztlich könnte Airbus 2019 erstmals mehr Flugzeuge ausliefern als Boeing. Es wäre ein Sieg mit fadem Beigeschmack. Doch die Europäer hätten trotz Pleiten, Pech und Pannen um den A380 und den verfeuerten Milliarden für den Militärtransporter A400M das Ziel erreicht, im Flugzeuggeschäft an der Weltspitze zu sein.
© dpa-AFX, aero.de | Abb.: Airbus | 29.05.2019 05:56

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Beitrag vom 29.05.2019 - 12:50 Uhr
@Daniel

Selbst ein fachfremder Schülerzeitungsredakteuer sollte in der Lage sein anhand von N678 herrauszufinden das es ein A310-300 war.
Gebaut 1993 für Delta. Danach war er für Air Jamaica und PIA unterwegs und ist im Moment in Karachi eingelagert.

Dieser Beitrag wurde am 29.05.2019 12:51 Uhr bearbeitet.
Beitrag vom 29.05.2019 - 11:42 Uhr
Sicher, dass es sich bei dem zweiten Bild um einen A300 handelt?! - Wenn ein fachfremder Journalist wahllos Flugzeugtypen bestimmt oder verwechselt, ärgert mich das schon, aber einer Fachredaktion sollten solche (zugegeben kleine) Fehler nicht passieren.
Beitrag vom 29.05.2019 - 11:01 Uhr
Der erste Satz im letzten Absatz istr falsch. Airbus hat schon (mindestens) in den Jahren 2008-2011 mehr Flugzeuge als Boeing geliefert.

Dann Begann der Absturz gegenüber Boeing mit dem A380 Desaster. Teure Entwicklung, Verzögerungen und kostspielige Probleme mit dem Modell machten Airbus finanziell in dieser Phase nahezu handlungsunfähig als Boeing mit der revulutionären B787 daherkam.

Zuerst der vergebliche Versuch mit einer aufgepeppten A330 gegenzuhalten. Dann doch Neuentwicklung A350 aber mit Metall. Hat auch nicht überzeugt. Letztlich doch ein gleichwertiger Entwurf mit A350XWB. Darüber ging aber sehr viel Zeit und vertrauen verloren in der die B787 den zeitlichen Angebotsvorsprung gut genutzt hat. (Wenn auch beim Rollout mit Baumarktnieten).

Wenn Boeing Anfangs nicht noch so extrem viele Probleme mit B787 gehabt hätte wäre das beinahe das aus für Airbus auf dem Markt mittlerer Widebodys gewesen denn dann hätte so mancher Kunde statt A350 doch noch B787 gekauft. Airbus hat zunächst zwar noch sehr viele A330 verkauft aber B787 hat sich nach Beendigung der Anfangsprobleme dann doch fest etabliert.

Glücklicherweise verlief beim A350 die Entwicklung relativ reibungslos und das Produkt überzeugt. So ist man wenigstens im Widebodysegment noch einigermaßen vertreten. Es bleibt aber die Tatsache das Boeing mit B787-8-9-10 und den beiden neuen T7x-Modellen bei Widebodays breiter aufgestellt ist als Airbus nur mit A350-900/1000. A330neo ist da ein Randmodell dessen Zukunftsaussichten schwer einzuschätzen sind.

Airbus kann sich damit trösten das man im Bereich SA deutlich besser aufgestellt ist. Man kann nicht immer erster sein. Weiterhin viel Erfolg.


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