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KC-46A flog mit Plastikteil in der Kraftstoffleitung

Boeing KC-46 Pegasus
Boeing KC-46 Pegasus, © USAF

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SEATTLE - Wie erst jetzt bekannt wurde, musste Boeing Anfang des Jahres die Lieferung neuer KC-46A-Tanker an die US Air Force für rund einen Monat unterbrechen. Grund dafür war eine kleine rote Plastikkappe, entdeckt in einer werksneuen Pegasus - an einem ziemlich heiklen Ort.

Das Tankerprogramm von Boeing ist seit den Anfängen mit Makeln behaftet. Das zieht sich auch heute, fast drei Jahre nach Übergabe der ersten KC-46A Pegasus an die US Air Force, weiter fort.

Nach wie vor stehen sieben ungelöste Mängel der Kategorie 1 im Lastenheft für das Tankflugzeug, das Boeing auf Basis der 767-200 entwickelte. Mängel dieser Stufe sind definiert als Problem, das die Einsatzfähigkeit der Staffel beeinträchtigt oder zum Verlust des Waffensystems, Todesfällen und schweren Verletzungen führen kann - also kein Kleinkram.

Die US Air Force rechnet nach eigenen Angaben mit der Lieferung der ersten mängelfreien KC-46A "bis zum Fiskaljahr 2024", wie Air Force-Sprecherin Captain Samantha Morrison der Agentur Bloomberg mitteilte. Seit dem offiziellen Startschuss für die Pegasus wären dann satte 13 Jahre vergangen.

Unabhängig davon sieht sich Boeing laut Bloomberg beim Pegasus-Programm auch anderweitíg mit Problemen konfrontiert. So wurde erst jetzt bekannt, dass der Hersteller die Auslieferungen neuer KC-46A in der ersten Jahreshälfte 2021 für rund einen Monat unterbrechen musste.

Der Grund: Bei der Inspektion einer werksneuen KC-46A sollen Inspekteure der Air Force eine kleine rote Plastikkappe in einem Kraftstoffventil gefunden haben. Bloomberg berichtet weiter, dass das Fremdteil im Zuge des Auslieferungsfluges der Maschine zur Seymour Johnson Air Force Base in North Carolina entdeckt worden sei.

Absperrventil blockiert

Demnach blockierte die kleine rote Kappe ein offenes Ventil im Kraftstoffsystem, was zu einem "unkontrollierten Kerosintransfer" zwischen den Tanks geführt habe.

Die für den Überführungsflug abkommandierte Crew habe unterwegs einen "unbefohlenen Treibstofftransfer" von einem Tank zum anderen entdeckt, so Air Force-Sprecherin Morrison gegenüber Bloomberg. Die Besatzung sei jedoch nicht in der Lage gewesen, diesen Treibstofftransfer "wie gewünscht zu stoppen."

Beim Überprüfen des Flugzeugs nach der Landung auf der Seymor Johnson AFB habe man dann festgestellt, dass das Problem "durch Fremdkörper verursacht" worden war. Die rote Plastikkappe - Boeing verwendet solcherlei Käppchen nach eigenen Angaben während des Fertigungsprozesses zum Schutz von Flugzeugkomponenten - habe sich "im Absperrventil des rechten Haupttanks festgesetzt", sagt Morrison.

Müllproblem im Griff?

Boeing beteuerte inzwischen, die Sache im Griff zu haben. Man habe in sämtlichen Unternehmensbereichen "bedeutende Maßnahmen ergriffen", um das Zurücklassen von Fremdkörpern in neu gebauten Flugzeugen zu unterbinden. Dazu zählen laut Hersteller interne Kontrollen, sowie "zusätzliche Schulungen für Mechaniker und Inspektoren und die Gewährleistung von Prozessdisziplin", heißt es bei Boeing.

Captain Morrison betont, Boeing habe gegenüber der US-Luftwaffe versichert, dass künftig ausgelieferte KC-46A frei von Fremdkörpern sein werden. Ob der Hersteller das halten kann, wird sich zeigen – schließlich ist es bei Weitem nicht das erste "Müllproblem" für Boeing in der jüngeren Vergangenheit.

Nicht das erste Mal...

So fanden werksinterne Prüfer erst vor Kurzem zwei leere Tequila-Fläschchen an Bord einer der beiden 747-8I, die bei Boeing gerade zu neuen Präsidentenflugzeugen VC-25B umgebaut werden. Im Frühjahr 2020 wurde Müll in den Tanks noch nicht ausgelieferter 737 MAX entdeckt.

Ein knappes Jahr zuvor hatten Insider die Zustände im Boeing-Werk Charleston kritisiert, weil auch in den dort produzierten 787-Widebodies immer wieder Abfälle und Fremdkörper zurückgelassen würden.

Und auch in fabrikneuen KC-46A waren im Frühjahr 2019 mehrfach Fremdkörper und vergessene Werkzeuge entdeckt worden. Damals hatte die Air Force mokiert, es gebe mehrere Bereiche, "in denen Boeing die Qualitätsstandards nicht erfüllte".
© FLUG REVUE - Patrick Zwerger | 28.09.2021 15:58

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Beitrag vom 28.09.2021 - 21:58 Uhr
Das Problem ist doch eher das sie es nicht in den Griff kriegen.

Qualitätsmanagement nachhaltig gegen die Wand gefahren.

Das mit dem Teil in der Leitung darf nicht passieren, passiert aber manchmal.
Nur: Das Thema gibt es einmal, und dann nie wieder.

Bei Boeing stimmt innerhalb der Company halt scheinbar garnichts mehr, sei es Entwicklung oder Produktion.
Die B787 war schon ein Desaster, die Risikoeinstufung der Batterien war daneben, die Entwicklungs-, Zulassungs-, Qualitätssicherungs- & Sicherheitsmanagement Prozesse waren schlecht. Es war ein Chaos, zu spät, zu teuer, mit schlechter Qualität, zu schwer.
Zusätzlich die Probleme in der Produktion, die nachhaltig nicht in den Griff bekommen werden.
Die B748 hatte ähnliche Themen.

Bei der Max führte es dann zur Katastrophe.

Die KC46 hat die selben Themen in der Entwicklung - und das selbe Thema in der Produktion wie die B787.

Und bei der B777x sehen wir das selbe, der Rumpf platz wie ne vergessene Weisswurscht im Topf, die Entwicklung läuft ausser Kontrolle was Kosten und Zeit angeht, die Zulassung ist ein Drama.
Boeing arbeitet an der B777x seit 2011, das Programm wurde in 2013 gelaunched, bis zum EIS wird es wohl eine Dekade brauchen.
Für einen neuen Flügel und ein neues Triebwerk und nen Stretch.

Und Boeing kommt da nicht raus, das Geschäft läuft weiterhin relativ gut.
Die Fähigkeit das wirklich mal umzudrehen, das Boeing scheinbar völlig verloren, oder garnicht den Antrieb sich zu bewegen.
Bezeichnend das man jetzt aus Seattle quasi aussteigt, wo man auf ein jahrhundert historie und viele gelernte Arbeiter zugreifen kann.

Den glauben das Boeing sich da zeitnah ändert, hab ich mittlerweile verloren.

Beitrag vom 28.09.2021 - 20:12 Uhr
Läuft bei BOEING gegen die Wand und immer mehr Mängel.
Beitrag vom 28.09.2021 - 17:17 Uhr
Unglaublich welchen Murks sich Boeing an verschiedenen Modellen leistet...
Muss erst wieder etwas gravierendes passieren bevor Boeing flächendeckend saubere Arbeit abliefert?


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