Die erste echte Langstrecke wird eingeführt wenn die zweite von 16 bestellten 787-9 im Frühjahr eintrifft, ab 1. Mai fliegt sie von Paris nach Montréal. Aber es gibt auch Möglichkeiten, den Neuzugang der Air France-Flotte vorher günstig innerhalb Europas zu erleben.
Ab 6. Februar werden die Flüge AF1680/1681 von Paris nach London-Heathrow und zurück täglich außer Mittwoch mit der ersten 787 geflogen, One Way-Tickets sind schon ab 66 Euro buchbar.
Sobald der zweite Dreamliner da ist soll auch ein täglicher Roundtrip zwischen Paris und Lyon von der 787 geflogen werden, um das Flugzeug auch außerhalb der Kanada-Flüge auszulasten und den Besatzungen die Möglichkeit zu geben, möglichst viele Starts und Landungen zu absolvieren.
Bienvenue 787
Am Wochenende vor dem Beginn des Liniendienstes veranstaltete Air France vier sehr erfolgreiche, ausgebuchte "Welcome 787"-Flüge über Frankreich, Tickets in Business Class kosteten 787 Euro. PaxEx.de war vorab auf den Sonderflug AF787 eingeladen, mit dem Jean-Marc Janaillac, Chairman von Air France-KLM, und Franck Terner, CEO von Air France, den Dreamliner geladenen Gästen vorstellten.
Eine Innovation der 787-Einführung ist bereits vor dem Einsteigen deutlich erkennbar: Der Markenname "AIR FRANCE" erscheint jetzt in wesentlich größeren Buchstaben oberhalb der Fenster am vorderen Rumpf, eine kleine Modifikation des Erscheinungsbilds.
Eine von Air Frances Schwächen derzeit ist das sehr inhomogene Kabinenprodukt, vor allem in Business Class. Es reicht vom geneigten Liegesitz, vor allem in der A340-300-Flotte, aber auch immer noch in den zehn seit 2009 ausgelieferten A380, bis zu den bereits modernisierten Kabinen der Boeing 777.
Air France vertröstet A380-Passagiere auf 2020
Bereits seit Juni 2014 ist das neue 777-Produkt unterwegs, aber es wird immer noch bis Dezember 2017 dauern, bis alle Flugzeuge umgerüstet sind. Derzeit sind 44 der 68 Boeing 777-200ER und -300ER bereits modernisiert.
Neun von derzeit elf A340-300, einige davon über 20 Jahre alt, werden erst in den kommenden drei Jahren ausgemustert, sagte Air France Flottendirektor Nicolas Bertrand gegenüber PaxEx.de - obwohl der Plan eigentlich war, sie bereits Flugzeug für Flugzeug gegen die neu eintreffenden Dreamliner auszutauschen.
Während die veralteten A340-Kabinen den Kunden nur einen Bruchteil des Komforts der neuen Kabineneinrichtungen bieten, herrscht die größte Ungewissheit bei der A380-Flotte. "Wir machen derzeit die Planung und sollten in der Lage sein, ab 2019 mit dem Einbau eines neuen Produkt zu beginnen", sagt Bertrand.
Was heißt, dass es mindestens bis 2020 dauert, über zehn Jahre nach der Einführung, bis Passagiere ein aufgewertetes A380-Interieur erleben können, das mit dem Angebot in den 777 und 787 mithalten kann.
Dieses weite Spektrum an unterschiedlicher Produktqualität wird nicht dadurch besser, dass Air France ab September 2019 ihre ersten Airbus A350-900 einführt. Während KLM als erste der Gruppe im November 2015 ihre 787-Premiere feierte und jetzt acht betreibt, wird Air France bei der A350 die Führung übernehmen.
Die Dreamliner bieten bei Air France 276 Sitze, während es bei KLM 294 in der 787-9 sind, was daran liegt dass die Niederländer keine eigene Premium Economy-Kabine einbauen.
Während KLM nur eine "Economy Comfort"-Zone anbietet, mit auf 35 Zoll (88,9 cm) verbessertem Sitzabstand, aber ansonsten identisch zur Economy Class, ist Air France stolz auf ihr neues Premium Economy-Produkt, das zum ersten Mal in der 787 installiert ist. Es gibt eine eigene Kabine (Reihe 10-12) mit 21 Sitzen in 2-3-2-Konfiguration.
"Wir nutzen die Zodiac Airgo FX Premium-Sitze und haben den Abstand von bisher auf 38 auf jetzt 40 Zoll erhöht", erklärt Customer Experience Manager Fatou Gueye gegenüber PaxEx.de. Was keinesfalls rekordverdächtig ist, da etwa JAL und China Airlines mit dem identischen Sitz bis zu 42 Zoll Abstand bieten.
Top Premium Economy
Trotzdem rangiert das neue Premium Economy-Produkt von Air France sicherlich unter den derzeit besten Angeboten in der Zwischenklasse, dazu trägt auch die nochmals auf 130° von vorher nur 123° vergrößere Lehnen-Neigung innerhalb der festen Sitzschale bei.
Diese Sitzkonstruktion war eine Innovation in Premium Economy, als sie 2009 von Air France eingeführt wurde. Die Bildschirme für die Bordunterhaltung, wie in der 777 von Panasonic, sind in der 787 ebenfalls vergrößert worden, von neun auf jetzt elf Zoll. Air France hat von Anfang an klargemacht, dass es sich bei ihrer Premium Economy um ein Premiumprodukt handelt mit vielen Vorzügen der Business Class, vom separaten Check-in bis zur Fast Lane bei der Sicherheitskontrolle, aufgewerteten Mahlzeiten und gratis Champagner.
Eine sehr willkommene Innovation des neuen Produkts ist der wesentlich größere, ausklappbare Tisch, der stabil genug ist, um daran am Laptop zu arbeiten. Die neuen Fußstützen, die weiter nach oben ausfahren als zuvor, machen den Sitz für viele Passagiere komfortabler, abhängig von ihrer Körpergröße.
In der Business Class der 787 hat sich nicht allzu viel geändert gegenüber dem verbesserten 777-Produkt, mit Ausnahme der Tatsache, dass die Zodiac Cirrus-Sitze in ihrer nach außen gerichteten, 1-2-1 konfigurierten Heringsgräten-Anordnung jeweils acht Zentimeter schmaler ausfallen, wegen des geringeren Rumpfdurchmessers der 787.
Das allerdings merkt man dem Sitz so gut wie nicht an, da die nötigen Zentimeter nur an den seitlichen Ablagen abgeknapst wurden. Diese Kabine ist identisch mit ihrem 787-Pendant bei KLM. Eine Neuheit in Business ist die kleine Bar-Ecke in der Nähe der Tür 2L. Weder aufregend noch innovativ, aber eine willkommene Gelegenheit zum Beine vertreten auf langen Flügen, ohne zu sehr im Weg zu stehen.
Ein Minus sind die nur zwei Toiletten für 30 Passagiere, beide ganz vorn. In Economy Class ist die Breite der 225 Sitze (3-3-3) minimal erhöht worden, um gut einen Zentimeter, von 17,05 in der 777 auf 17,5 Zoll.
Panasonic eXConnect-System
Die erste 787 ist in der gesamten Air France-Flotte aus 225 Flugzeugen die einzige, die mit Internet-Zugang ausgestattet ist. Sehr spät im Vergleich zu vielen anderen internationalen Gesellschaften wie Lufthansa oder Emirates. "Die Technologie war nicht gut genug, aber jetzt ist es Zeit", gibt Nicolas Bertrand zu.
Mit diesem Argument, das wie ein Mantra wiederholt wurde, hat sich Air France-KLM jahrelang geweigert, bordeigenes WLAN einzuführen und musste die Konkurrenz davonziehen lassen. Das Panasonic eXConnect-System, das Ku-Band Satelliten nutzt, scheint recht gut zu funktionieren, wenn man Leuten glaubt, die es auf den ersten Air France 787-Flügen genutzt haben.
Die Gebühren allerdings werden für Datenpakete erhoben, die kunden-unfreundlichste Lösung, weil Passagiere nicht einschätzen können, wie schnell ihre gebuchte Datenmenge verrinnt. Anders als eine Flat Rate wie etwa Lufthansa verlangt Air France 5€ für 20MB, 10€ für 50MB und 30€ für 200MB.
Im September hat Air France-KLM mit dem Provider Gogo vereinbart, dass er insgesamt 124 Langstreckenflugzeuge beider Gesellschaften ausrüstet, darunter 68 Boeing 777 und 15 Airbus A330 bei Air France, aber erst beginnend Ende 2017. Und kein Wort über etwaige Pläne für die A380.
Patrouille de France begrüßt die 787-9
In jedem Fall gibt es keinen Zweifel daran, dass die Flugerfahrung in der Boeing 787-9 hervorragend ist, wie auf diesem "Welcome 787"-Flug von zwei Stunden und 42 Minuten eindrucksvoll gezeigt wurde, der eine große Runde über fast ganz Frankreich zurücklegte. Das beinahe perfekte Wetter war dabei ein wesentlicher Vorzug, der großartige Ausblicke auf den Montblanc in den Alpen ebenso ermöglichte wie auf den Mont Saint Michel in der Normandie.
Der typisch französische Höhepunkt, die Luftfahrt zu zelebrieren, spielte sich hoch über der Provence ab: Eine atemberaubende Vorführung der Kunstflugstaffel Patrouille de France, die unter der 787 hindurch flog und Rauch in den Farben der Trikolore ausstieß. Es gab wohl nie eine bessere Gelegenheit sich darüber zu freuen, dass die 787 über außergewöhnlich große Fenster verfügt.
Andreas Spaeth
Andreas Spaeth fliegt. Viel. Auf PaxEx.de schreibt Spaeth, einer der führenden Luftfahrtjournalisten in Europa, über seine Erlebnisse als Passagier rund um den Globus.
Auf Twitter ist der Autor als @SpaethFlies unterwegs.
© Andreas Spaeth | Abb.: Andreas Spaeth | 10.01.2017 08:26
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