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Die weltweite Nachfrage nach Flugreisen ist so groß, dass die Branche rödelt, um sie zu befriedigen. Flugzeugbauer setzen ihre Zulieferer unter Druck, um die Produktionsrate zu erhöhen. Die Auftragsbücher sind voll - Airbus ist in der Schmalrumpfsparte bis Anfang der 20er Jahre ausgebucht.
Wo schon die Herstellung der Flugzeuge Herausforderungen birgt, stellt sich für die Abnehmer der Maschinen eine andere dringende Frage: wer soll sie fliegen? Emirates hat 2017 mit einer eigenen Flugschule darauf geantwortet. 600 Piloten pro Jahr will sie dort ausbilden. Qantas und American starten ebenfalls eigene Programme.
500 Anwärter pro Jahr
Auch die Lufthansa Group nimmt die Ausbildung ihres Nachwuchses nach dreijähriger Pause wieder auf. Die European Flight Academy soll künftig die Piloten für alle Airlines der Gruppe liefern. Schon 2018 sollen 500 Anwärter an den Standorten Rostock, Bremen und Zürich ihre Ausbildung beginnen.
Die Kurse füllen sich laut Hansson planmäßig, es gibt aber noch freie Plätze. "Ich schließe nicht aus, dass wir eine geringe Menge an Piloten für den freien Markt ausbilden könnten", sagt Hansson, Chef der Lufthansa-Trainingssparte LAT, "aber momentan ist der Fokus klar: die 500 Piloten pro Jahr brauchen wir für die Lufthansa Gruppe."
Auch für Tochterunternehmen wie Brussels Airlines oder Air Dolomiti will die LAT "in Zukunft Pilotenachwuchs organisieren", sagte Hansson.
Zuletzt mussten nachrückende Piloten, die eine Ausbildung bei der Lufthansa absolviert hatten, wegen offener Tariffragen zwischen Lufthansa und der Vereinigung Cockpit teilweise jahrelang auf ihren Einsatz warten. Der europaweite Wachstumskurs der Airline inklusive mehrerer Übernahmen hat das Blatt gewendet.
Ola Hansson: "All diejenigen, die in den letzten Jahren keinen Zutritt bekamen und jetzt noch wollten, haben inzwischen eine Anstellung in unserer Gruppe oder werden demnächst angesprochen. Natürlich haben noch nicht alle angefangen - es dauert eine Weile, bis man mehrere hundert Leute anstellen kann."
Für die kommenden zwei Jahre sieht er im europäischen Markt noch Chancen, fertig ausgebildete Piloten zu akquirieren - anders als in den USA, wo der Markt ihm zufolge leergefegt ist.
Eine Konkurrenz durch die Flugschulen anderer Airlines fürchtet Hansson dennoch nicht. "Wir suchen unsere Absolventen in Zentraleuropa", sagt Hansson, "mit dem Fokus auf Deutschland, der Schweiz und Österreich oder sonst nahe gelegene Gebiete."
Neue Trainingsflotte
Zugleich investiert die Lufthansa in attraktive Ausbildungsbedingungen - etwa in eine neue Trainingsflotte in Rostock. Dieser Standort soll zukünftig 200 der insgesamt 500 Pilotenschüler pro Jahr übernehmen.
Das Finanzierungsmodell ähnelt dabei dem der früheren Lufthansa NFF-Ausbildung: die Anwärter müssen mit 80.000 Euro in Vorleistung gehen, die Lufthansa dann übernimmt und den späteren Piloten monatlich anteilsweise vom Gehalt wieder abzieht.
Konzerntochter Austrian Airlines will ab sofort sogar wieder den Großsteil der Kosten für eine konzerngebundene ATPL-Ausbildung übernehmen: von 100.000 Euro Ausbildungskosten schultert Austrian Airlines 60.000 Euro, die verbleibenden 40.000 Euro können Piloten in den ersten zehn Berufsjahren zurückzahlen.
Weil sie sich das Ziel gesetzt hat, schnell den Ausbildungsbetrieb aller Airlines der Gruppe unter einem Dach zu vereinen, fährt die European Flight Academy momentan zweigleisig in Sachen Abschluss - und damit gut, findet Ola Hansson. Sowohl ein MPL- als auch ein ATPL-Abschluss ist möglich. "Wir haben jetzt schlicht zu wenig Kapazität und Zeit, alles umzustellen und zu vereinheitlichen."
Hansson schätzt, dass die Lufthansa ihre Ausbildungskapazität in zwei bis drei Jahren auf bis zu 650 Piloten pro Jahr hochschrauben könnte. Dann wird es eng. "Optimisten behaupten, in fünf Jahren müssen wir vielleicht 1.000 Piloten produzieren". Doch solch luftigen Perspektiven traut Hansson ohnehin nur bedingt.
"Boeing und Airbus sagen, dass der Flugverkehr in 20 Jahren doppelt so groß ist wie heute. Das sind natürlich unglaubliche Zahlen - ich schätze, die Wahrheit liegt irgendwo dazwischen." Nichtsdestotrotz haben die großen Airlines weltweit den Kampf um den Nachwuchs aufgenommen.
© aero.de, boa | Abb.: Lufthansa Group | 14.05.2018 08:04
Kommentare (71) Zur Startseite
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Und da komme ich auf diesen Artikel hier zurück. So wie es im da und auch in meinem zitierten FliegerRevue Artikel dargestellt wird, unter Voraussetzung der Einhaltung des versprochenen Rahmens, ist das nach meiner Ansicht ein faires Angebot für einen Berufseinsteiger. Nicht mehr, aber auch nicht weniger. Ins Schlaraffenland kann man nur reingeboren werden.
Der Haken war in den jüngeren, vergangenen Jahren, dass man die erwähnte Schulung gemacht hat, in dem Glauben(!), dass man dann zeitnah in eine relativ vorhersehbare Einkommensentwicklung kommen würde.
Da mag man vor Jahren noch über den Realitätsverlust geschmunzelt haben, so ist es später zu einem handfesten Politikum geworden.
Ich mag den angehenden Piloten kaum vor die Augen treten, angesichts dessen, was ein renommierter Konzern aus tarifpolitischem Taktieren mit denen gemacht hat.
Die Schulden sind tatsächlich relativ lächerlich, wenn das darauf folgende Einkommen passt. Das aktuelle Risiko, dieses NICHT zu bekommen oder nur nach sehr langer Zeit, verschiebt aber das Verhältnis eklatant!
Beispielsweise kommen aktuell Kollegen ins Cockpit, die von Schulungsbeginn bis zum ersten Mal Arbeiten (Geldverdienen) unverschuldet über 6 Jahre gebraucht haben. Da erscheint dann ein Studium (ohne 60-80.000 Schulden) wieder sehr attraktiv, selbst wenn das Einstiegsgehalt dann geringer ist.
Man darf ja eben nicht vergessen, dass es den Flugschülern während dieser ganzen Zeit auch nicht leicht gemacht wurde, selbst für Alternativen zu sorgen. So konnte weder ein Studium, noch eine Ausbildungsstelle aufgenommen werden, da man immer wieder für den kurzfristigen Abruf für die LH zur Verfügung stehen musste, wenn man nicht das Risiko des "Rausschmiss" eingehen wollte...
Wer heute einen solchen Schulungsvertrag unterschreibt, muss eben auch damit rechnen, dass er vielleicht erst nach 5-6 Jahren im Cockpit sitzt, mit entsprechenden Schulden, aber eventuell ohne das gute Gehalt einer LH, sondern vielleicht das einer EWE...
Und so glaubt der Konzern doch tatsächlich seinen gesamten Bedarf von 3-400 Piloten pro Jahr für die gesamte Group ab 2020 zu decken.
ein "Linetraining" benötigt jeder Berufsanfänger....
Auch mit Diplom der Promotion - vgl. z. B. die Hiwis der Berater!
Falls man Wert auf gute Noten legt, muss man sich während der vorlesungsfreien Zeit schon mit seinen Studienfächern auseinandersetzen...
...
Volle Zustimmung.
Geht auch gar nicht um einen 1zu1 Vergleich. Es sollte nur ein gewisser Rahmen eingehalten werden.
Und da komme ich auf diesen Artikel hier zurück. So wie es im da und auch in meinem zitierten FliegerRevue Artikel dargestellt wird, unter Voraussetzung der Einhaltung des versprochenen Rahmens, ist das nach meiner Ansicht ein faires Angebot für einen Berufseinsteiger. Nicht mehr, aber auch nicht weniger. Ins Schlaraffenland kann man nur reingeboren werden.