Zum 100. Geburtstag der britischen Passagierluftfahrt spendiert British Airways sich selbst und allen Luftfahrtfans ein besonderes Geschenk: die Airline lässt vier ihrer Flugzeuge in historischen Bemalungen lackieren.
Sie sollen die wechselvolle Geschichte des Flag Carriers von der Insel widerspiegeln – und lassen zugleich die Erinnerung an längst vergangene Epochen aufleben.
Den Anfang machte im Februar die Boeing 747-400 mit dem Kennzeichen G-BYGC. Der Jumbo trägt nun stolz die Farben der British Overseas Aircraft Corporation (BOAC), die 1974 als Vorgängergesellschaft in der heutigen British Airways aufging.
Die BOAC entstand 1939 und verdankte ihr Dasein ebenfalls einer Fusion, als die 1924 gegründete Imperial Airways auf Staatsgeheiß mit der damaligen Inlandsfluggesellschaft British Airways Ltd. verschmolzen wurde.
1952 war BOAC die erste Airline weltweit, die mit der De Havilland Comet die Tür zum Jet-Zeitalter aufstieß. 1974 legte die britische Regierung die Gesellschaften BOAC und BEA (British European Airways) zur neuen British Airways zusammen. Die Marke BOAC hörte damit auf zu existieren – bis British Airways Anfang 2019 das Design wieder zum Leben erweckte.
Das Farbschema, das nun die G-BYGC ziert, war von 1964 bis 1974 auf den BOAC-Maschinen zu sehen. Auch die ersten britischen Jumbo Jets – die Vorfahren der G-BYGC also – flogen mit dieser Lackierung: BOAC hatte ab 1966 bei Boeing 18 B747-100 bestellt, von denen bis 1974 15 Stück geliefert waren.
Die 1999 an British Airways gelieferte G-BYGC wird den BOAC-Anstrich bis zu ihrer Ausmusterung 2023 behalten.
Während BOAC vor 1974 insbesondere Langstrecken bediente, konzentrierte sich der zweite Vorläufer der heutigen BA, British European Airways, mit kleinerem Fluggerät vorrangig auf den Europa-Verkehr. Nur konsequent war es daher von Seiten des British Airways-Managements, als zweite Retro-Maschine einen Kurzstreckenjet in BEA-Farben aus dem Paintshop rollen zu lassen.
Der 19 Jahre alte Airbus A319 G-EUPJ trägt seit dem 3. März das BEA-Farbschema der Jahre 1959 bis 1968 und wird diese Farben bis zu seiner Ausmusterung 2020 auf Inlandsflügen und Europa-Routen zur Schau tragen.
Für viele Luftfahrtfans ist die G-EUPJ mit dem spektakulären schwarz-weiß-roten Design das Highlight in der BA-Retroflotte – auch wenn sie deren kleinstes Mitglied ist.
In den guten alten BEA-Zeiten zierte der wegen des quadratischen Logos am Heck "Red Square" genannte Look unter anderem die britischen Airbus-Vorgänger Trident und BAC One-Oleven.
Aber auch die Turboprop-Veteranen Vickers Viscount und Vanguard waren damit für BEA unterwegs. Auf ein wichtiges Detail allerdings verzichtete BA bei der "Red Square"-Neuauflage: Während seinerzeit die Tragflächen beidseitig in Rot erstrahlten, sind die Flügel des A319 G-EUPJ nur unten rot lackiert.
Bei ihrem dritten Retrojet wichen die Engländer von der Chronologie ab: Das berühmte "Landor"-Design, das seit dem 9. März auf dem Rumpf der Boeing 747-400 G-BNLY erstrahlt, war nicht die erste, aber vielleicht die populärste Lackierung in der Historie der heutigen British Airways.
Der markante Anstrich mit dunkelblauem Bauch, rotem Pfeil-Zierstreifen und grauem Oberrumpf war 1984 von der New Yorker Agentur Landor Associates entwickelt worden.
Er sollte das britische Selbstverständnis von dezenter Eleganz, Klasse und Luxus versinnbildlichen, was durch den angedeuteten Union Jack mit aristokratischem Wappen am Heck unterstrichen wurde.
Das Landor-Design prägte das Erscheinungsbild von British Airways fast anderthalb Jahrzehnte – bis sich die Airline 1997 entschied, das bewährte Design zugunsten der "World Tail"-Lackierung aufzugeben, bei der jedes Flugzeug in der Flotte ein individuelles, multikulturell angehauchtes Heck verpasst bekam.
Bei den konservativen Briten kam der Wechsel vom stilvollen Grau-Blau zum fröhlichen Multikulti-Look gar nicht gut an. Die World Tails wurden deshalb schon bald durch das einheitliche, noch heute aktuelle Chatham Dockyard-Design ersetzt, das den verlorengegangenen Union Jack in zeitgemäßer Gestalt wieder zurückbrachte.
Für die G-BNLY, die mit der Umlackierung zugleich ihren Taufnamen "City of Swansea" zurückerhielt, bedeutet die Neulackierung im Retro-Kleid übrigens ein déjà-vu: Als die Maschine 1993 zur British Airways-Flotte stieß, war die Landor-Ära bei den Briten noch voll im Gange. Bis sie 2023 aufs Altenteil abgeschoben wird, trägt die G-BNLY somit wieder den Anstrich ihrer Jugendzeit.
Mit der vierten und letzten Retro-Lackierung schließt BA nun den Kreis: Die Boeing 747-400 G-CIVB erhält derzeit bei IAC in Dublin das Negus-Design der Jahre 1974 bis 1984.
Der Negus-Look, benannt nach dem englischen Designbüro Negus & Negus, das die Bemalung entwarf, prägte die ersten Jahre der "neuen" British Airways nach der Fusion von BOAC und BEA.
Mit dem blauen Rumpfbauch und der Union Jack-Anspielung auf dem Leitwerk gab das von Dick Negus kreierte Design außerdem bereits die Richtung für die spätere Landor-Lackierung vor. Allerdings dominiert beim Negus-Look das Rot am Heck, wohingegen Landor sich für Dunkelblau als vorherrschende Farbe entschied.
Dick Negus, der die Agentur Negus & Negus gemeinsam mit seiner Ehefrau Pamela führte, stand der Entwicklung der kommerziellen Luftfahrt erklärtermaßen skeptisch gegenüber – trotzdem prägte seine Kreation die ersten Jahre der neuen British Airways und drückte Britanniens Flag Carrier unverkennbar ihren Stempel auf.
Die British Airways-Retrojets im Überblick
G-BYGC, Boeing 747-400, trägt die Farben der BOAC (Version 1964 bis 1974) bis zu ihrer Ausmusterung 2023.
G-EUPJ, Airbus A319, trägt die "Red Square”-Lackierung von BEA (Version 1959 bis 1968) bis zur Ausmusterung 2020.
G-BNLY, Boeing 747-400, trägt die Landor Livery von British Airways (Version 1984 bis 1997) bis zu ihrer Ausmusterung 2023.
G-CIVB, Boeing 747-400, erhält die Negus Livery von British Airways (Version 1974 bis 1984) bis zu ihrer Ausmusterung 2022.
© FLUG REVUE - PZ | Abb.: British Airways | 23.03.2019 17:10
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