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Lufthansa-Aktionäre entscheiden über Staatshilfe

Geparkte Lufthansa-Jets
Geparkte Lufthansa-Jets, © Lufthansa

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FRANKFURT - Die Lufthansa steht an diesem Donnerstag an einer Wegscheide. Die Aktionäre des Unternehmens entscheiden bei der außerordentlichen Hauptversammlung darüber, ob sie den Staat für rund 300 Millionen Euro als Anteilseigner einsteigen lassen wollen oder nicht.

Damit fest verbunden ist das neun Milliarden Euro schwere Rettungspaket, das in den Wochen zuvor mühsam zwischen Frankfurt, Berlin und Brüssel ausgehandelt worden ist.

Platzt der Staatseinstieg ins Grundkapital, ist auch das übrige Rettungspaket aus stiller Beteiligung und KfW-Kredit erst einmal hinfällig. Unterdessen gelang der Lufthansa eine Einigung über ein weitreichendes Sparpaket mit der Flugbegleitergewerkschaft Ufo.

Finanzminister Olaf Scholz (SPD) und Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) warben abermals für das Angebot des Bundes. "Es liegt ein gutes Angebot auf dem Tisch, die Lufthansa-Aktionäre sollten es annehmen", sagte Scholz.

Der Bund bietet der Lufthansa und ihren mehr als einhunderttausend Beschäftigten "in einer beispiellosen Notlage", Unterstützung an, das Hilfspaket wahre zugleich "die berechtigten Interessen der Steuerzahlerinnen und Steuerzahler."

Die Wettbewerbshüter der EU-Kommission genehmigten das Rettungspaket. Die Freigabe der Rekapitalisierungshilfen in Höhe von sechs Milliarden Euro unterliegt allerdings der Bedingung, dass die größte deutsche Fluggesellschaft Verpflichtungen zur Vermeidung von Wettbewerbsverzerrungen einhält.

Die zuständige Kommissionsvizepräsidentin Margrethe Vestager erklärte: "Dadurch erhalten konkurrierende Luftverkehrsunternehmen die Möglichkeit, in diese Märkte einzutreten, wodurch faire Preise und eine größere Auswahl für die europäischen Verbraucher gewährleistet werden."

"Es geht um Deutschlands Position auf den Weltmärkten"

Altmaier begrüßte die Entscheidung der EU-Kommission. "Damit ist der Weg für das Unterstützungspaket frei", sagte er. Es sei "richtig und wichtig", dem von den Folgen der Corona-Pandemie schwer getroffenen Unternehmen zu helfen: "Es geht um über Hunderttausend Arbeitsplätze und es geht um Deutschlands Position auf den Weltmärkten.

Der Plan sieht vor, dass der staatliche Wirtschaftsstabilisierungsfonds (WSF) im Zuge einer Kapitalerhöhung Aktien zeichnet, um eine Beteiligung von 20 Prozent am Grundkapital der Fluggesellschaft aufzubauen.

Zudem sind stille Einlagen von insgesamt bis zu 5,7 Milliarden Euro sowie ein Kredit in Höhe von bis zu 3 Milliarden Euro geplant. Letzterer unterliegt allerdings nicht den Auflagen und war grundsätzlich bereits im März genehmigt worden.

Unmittelbar vor der Hauptversammlung signalisierte Großaktionär Heinz Hermann Thiele Zustimmung zu dem milliardenschweren Rettungspaket für die Fluggesellschaft. Damit stünde dem damit verbundenen Einstieg des Staates bei der Lufthansa nichts mehr im Wege.

Die "Frankfurter Allgemeine Zeitung" zitierte Thiele mit den Worten: "Ich werde für die Beschlussvorlage stimmen." Er stimme gegen die Insolvenz, denn: "Es liegt im Interesse aller Lufthansa-Mitarbeiter, dass das Management zügige Verhandlungen mit den Gewerkschaften über die nötige Restrukturierung führen kann."

Der 79 Jahre alte Selfmade-Milliardär hatte zuvor die Bedingungen des Rettungspakets scharf kritisiert. Den geplanten Staatseinfluss hielt er für zu groß, den Preis für die Beteiligung zu hoch und das Ausstiegsszenario fast unerfüllbar.

Seine Entscheidung hatte der Industrielle (Knorr-Bremse, Vossloh) auch nach einem Gespräch mit den Bundesministern Olaf Scholz (SPD) und Peter Altmaier (CDU) am Montag zunächst offen gelassen.

Der Konzern hat sich nach Worten von Vorstandschef Carsten Spohr auf ein mögliches Scheitern des staatlichen Rettungsplans vorbereitet. "Der Vorstand wird, falls die Stabilisierungsmaßnahmen nicht umgesetzt werden können, versuchen, ein sogenanntes Schutzschirmverfahren zu beantragen", heißt es in der Einladung zur Hauptversammlung.

Unbedingt verhindert werden soll das Grounding. Über dann nötige Überbrückungskredite will Spohr schnell mit dem Staat sprechen.

Nach Medien-Informationen prüft Lufthansa auch als Alternative, den Staat auf einem anderen Weg an Bord zu holen, indem dieser zunächst nur einen Anteil von knapp 10 Prozent erhält, dem die Alt-Aktionäre nicht zustimmen müssten. Allerdings war eine möglichst große direkte Beteiligung ein wichtiges Ziel der SPD in der Berliner Regierungskoalition.

Freie Hand für das Management

Das Schutzschirmverfahren ist die mildeste Form einer Insolvenz nach deutschem Recht und bereits beim Ferienflieger Condor erprobt. Er gäbe dem weiter amtierenden Management freie Hand, sich kostspieliger Verträge mit Lieferanten, Dienstleistern, Vermietern und auch mit dem eigenen Personal zu entledigen.

Auch die Passagiere müssten um die Erstattungen für bereits bezahlte Tickets bangen. Der Konzern mit 138.000 Beschäftigten hat zudem nach eigener Einschätzung 22.000 Stellen zu viel an Bord.

Derweil einigten sich das Unternehmen und die Gewerkschaft Ufo auf ein Krisenpaket für die Flugbegleiter mit Einsparungen von mehr als einer halben Milliarde Euro. Das teilten Lufthansa und Kabinengewerkschaft Ufo in der Nacht zum Donnerstag mit.

Das Paket umfasst laut Ufo einen vierjährigen Kündigungsschutz sowie ein Einsparvolumen von über einer halben Milliarde Euro bis Ende 2023. Die Lufthansa teilte mit, unter anderem würden Vergütungsanhebungen ausgesetzt sowie die Beiträge zur betrieblichen Altersversorgung zeitweise reduziert.
© dpa-AFX, aero.de | Abb.: Lufthansa | 25.06.2020 08:07


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