Staatshilfen
Älter als 7 Tage

Wie es jetzt für Lufthansa weitergeht

Lufthansa CRJ900
Lufthansa CRJ900, © Lufthansa Group

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FRANKFURT - Mit der Staatshilfe ist die Lufthansa noch lange nicht aus der Corona-Krise gerettet. Trotz der mehr als elf Milliarden Euro aus Deutschland, Schweiz, Österreich und möglicherweise Belgien muss der Kranich-Konzern mit seinen 138.000 Beschäftigten hart um seine Zukunft kämpfen.

Das MDax-Unternehmen habe sich lediglich Luft verschafft, warnt Luftfahrtexperte Sven Diermeier von Independent Research. Nun drängen die hohen Schulden, eine überdimensionierte Flotte, die hohen Betriebs- und Personalkosten sowie der schwierige Wiederanlauf das Management zu schmerzhaften Entscheidungen.

Der Schuldenberg dürfte nach Berechnungen des Bernstein-Analysten Daniel Roeska in den nächsten anderthalb Jahren um 10 Milliarden auf bis zu 26 Milliarden Euro wachsen. Zugleich will der Konzern bis 2023 die 9 Milliarden Euro aus dem staatlichen Hilfspaket des Bundes zurückzahlen, schon um exorbitant hohe Zinsen von bis zu 9,5 Prozent bei der stillen Einlage zu vermeiden.

Allein aus dem operativen Geschäft dürfte das aber nicht zu schaffen sein, meint nicht nur der streitbare Großaktionär Heinz Hermann Thiele. Der Vorstand werde voraussichtlich auch Flugzeuge und Konzerntöchter zu Geld machen müssen, schätzt Roeska. Zudem dürfte Lufthansa zumindest Anteile an rentablen Tochterfirmen wie Airplus und Lufthansa Technik verkaufen.

Bei der Catering-Tochter LSG Sky Chefs mit rund 35 000 Beschäftigten stockt der bereits vor Corona angeschobene Verkaufsprozess, in dem sich Lufthansa und der weltgrößte Caterer Gategroup zumindest für das Europageschäft bereits einig waren.

Die weitaus wertvollere Perle ist die Lufthansa Technik, weltgrößter Wartungsbetrieb für zivile Verkehrsflugzeuge mit rund 26.000 Beschäftigten und knapp sieben Milliarden Euro Umsatz im vergangenen Jahr. Die Tochter mit weltweit 38 Betrieben und Hauptsitz in Hamburg sorgt seit Jahren zwar für solide Gewinnbeiträge, ist aber auch immer wieder Gegenstand von Spekulationen um eine Abspaltung oder einen Teil-Börsengang.

Noch im Januar schätzte Bloomberg-Intelligence-Analyst George Ferguson den Unternehmenswert der Tochter auf 7,5 Milliarden Euro. Nach Corona kommt sein Kollege Mark Manduca von der Citigroup noch auf 3 bis 5 Milliarden Euro.

Die Lufthansa muss den freien Barmittelzufluss deutlich nach oben treiben, mahnt Analyst Roeska. An diesem Punkt entscheiden sich die langfristigen Aussichten des Kranich-Konzerns.

Über Lufthansa
Typ Linienfluggesellschaft
Basis Frankfurt Int'l
Maschinen 267
Destinationen 232
Routen 422
© Daten bereitgestellt von ch-aviation
Sollten die Ticketpreise nach einer Stabilisierung des Flugverkehrs absehbar auf das Niveau von 2019 kommen, bliebe voraussichtlich mehr Geld übrig, um die Zinsen an den Bund zu bezahlen und die Schulden zu tilgen. Hilfreich wären dabei ein niedriger Kerosinpreis und Erlöse aus dem Verkauf nicht mehr benötigter Jets.

Am Wiederaufbau des Flugplans arbeiten die Spezialisten der Lufthansa mit Hochdruck. Anders als im wieder weitgehend einheitlichen Schengenraum ändern sich gerade im Interkontinentalverkehr die Bedingungen oft täglich, berichtet Chef-Netzplaner Helmut Wölfel. Südafrika hat sich total abgeschottet, während es mit China längst wieder Vereinbarungen auf Gegenseitigkeit gibt.

"Die Welt hat einfach noch keine Einheit gefunden", sagt Wölfel. Der wichtigste Markt für die Lufthansa über den Nordatlantik lasse sich noch nicht sauber planen, klagt er. Immerhin seien die wenigen Verbindungen nach Chicago oder New York schon wegen der hohen Frachtnachfrage "auskömmlich". Trotz Einreiseverboten fänden sich zwischen den beiden eng miteinander verflochteten Kontinenten immer noch genug Passagiere, die reisen dürften.

Harter Konkurrenzkampf

Schon früher war es für viele Airlines in Europa nicht leicht, überhaupt schwarze Zahlen zu schreiben. Air Berlin flog bis zu ihrer Pleite 2017 praktisch jahrelang auf Pump. Alitalia wäre unter dem Druck von Ryanair und Easyjet längst am Ende, wenn die italienische Regierung das Unternehmen nicht über Jahre hinweg finanziell gestützt - und zuletzt verstaatlicht hätte.

In Europa setzten viele Fluggesellschaften im Kampf um Marktanteile auf beliebte Strecken, etwa nach Mallorca mit Lockpreisen teils unter 10 Euro. Eine ähnliche Preisschlacht könnte sich in diesem Sommer wiederholen, schätzt der Weltluftfahrtverband IATA. Dessen Chefökonom Brian Pearce verwies zuletzt auf Erfahrungen aus China, wo der Flugverkehr seit Februar wieder wächst. Dort hätten Airlines die Inlands-Ticketpreise teils um bis zu 40 Prozent gesenkt.

Bis Ende Oktober will die Lufthansa die Hälfte ihrer rund 760 Flugzeuge wieder in die Luft bringen. Chef Carsten Spohr hat angekündigt, die Flotte mittelfristig um rund 100 Maschinen zu verkleinern. Ältere Spritschlucker der Typen Airbus A340 und Boeing 767 dürften damit keine Zukunft mehr haben, aber auch sehr schwer zu verkaufen sein.

Auch die älteren Boeing-Jumbos sowie der weltgrößte Passagierjet Airbus A380 und damit viele, viele Sitze dürften noch sehr lange am Boden bleiben. Mit den Herstellern verhandelt Lufthansa über spätere Abnahmen bestellter Flugzeuge, während Konkurrent Norwegian schon 97 Jets bei Boeing storniert hat.

Die massive Staatshilfe ist zwar nicht mit einem Beschäftigungsschutz verbunden, lässt aber einen moderaten Umgang mit den Arbeitnehmern geraten sein. Kündigungen wollen beide Seiten vermeiden und stattdessen eher Entgelte absenken und Arbeitszeit massiv verkürzen. Ältere Mitarbeiter sollen früher das Unternehmen verlassen.

Noch laufen die Verhandlungen für Piloten und Bodenpersonal mit der Vereinigung Cockpit und Verdi. Wie bereits bei den Flugbegleitern erwartet Lufthansa substanzielle Sparbeiträge der einzelnen Berufsgruppen. Insbesondere Verdi hat bislang beklagt, dass im Gegenzug kein echter Kündigungsschutz gewährt werde.
© dpa-AFX, aero.de | Abb.: Lufthansa | 01.07.2020 08:18

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Beitrag vom 10.07.2020 - 06:41 Uhr
Kurz und Mittelstrecken laufen ganz gut was man so hört. Die Auslastung beträgt ca 70 %, auf manchen Strecken/Tagen werden sogar VDB´s nötig, da die Flieger überbucht wurden.
Nur bei der Langstrecke läuft es nicht rund, da ist die Auslastung geringer, und die Cash Cow USA läßt überhaupt zu wünschen übrig
Lufthansa lebte aber hauptsächlich als Netzwerkcarrier von diesen Strecken, insoferne ist es da recht ungewiss, wie es weitergeht
Beitrag vom 09.07.2020 - 07:54 Uhr
Dieses Vorhaben der LUFTHANSA wird nicht einfach.
Die Auslastungen im Moment und das zusammenstreichen diverser Verbindungen erst in den vergangenen Wochen und nun auch noch bis in den Oktober hinein ist ein 1. Zeichen, dass die Nachfrage nicht so ist wie sich das mancher Lenker bei LH wuenscht.
Wie ist denn die Auslastung im Moment? Das die Flüge ständig angepasst werden ist doch eher ein positives Zeichen. Man geht in Märkte, die ein Potetial versprechen und steuert nach wenn das anders läuft als erwartet. Das ist zwar nervig für alle, Kuden und Mitarbeiter, aber was wäre die Alternative? Alles bedienen und Geld verbrennen oder nichts bedienen und kein Geld verdienen.
Nun will man auch noch mit einer angeblichen "Ocean" Projekt in FRA starten fuer Fluege die noch garnicht genehmigt sind. Windhoek, Namibia als 1. Ziel ab August mit Brussels Fluggeraet? :-)
Das ist nicht Ocean. Das ist der reguläre EW Flug, der jetzt wieder aufgenommen wird. Da es kein SXD mehr gibt macht das SN. Auch nicht anders als vorher.
Im Verkaufen ist diese LUFTHANSA-Group gut, nur dann die bezahlte Leistung auch erbringen oder doch wieder 5 Tage voher lieber den Flug stornieren, das scheint hier fast wieder neuen Aerger hervorzurufen?
Nur dann und fast wieder? Was meinen Sie genau?
Die Genehmigung der WHD-Fluege ex FRA steht noch aus! verkauft wird aber schon wie schon in der Vergangenheit mit MUC-BKK unter EW/LH Flugnummer und SXD Fluggeraet, am Ende kam dann auch die kurzfristige Absage am Anfang.
Das kam und kommt immer wieder vor, dass Genehmigungen Last Minute eintreffen. Das ist in den heutigen Zeiten sogar noch öfter, da alle nur auf Sparflamme unterwegs sind. Das dafür immer wieder der BKK Flug bemüht wird sagt nichts darüber aus, wie oft es dann doch geklappt hat.
Lieber etwas langsamer und dafuer sicher liebe LH, aber es scheint fast so als ob der Aerger mit den Kunden ohne Bedenken in Kauf genommen wird.
Ohne Bedenken sicherlich nicht, aber heute muss man mehr ins Risiko gehen als sonst. Die Lage ändert sich einfach zu schnell.
Geschaeftsleute brauchen verbindliche Leistungen, dafuer werden bei LUFTHANSA auch Premium Preise bezahlt. (zumindest von den meisten, Ausnahmen wie BMW, Siemens & Co. natuerlich nicht beruecksichtigt!) ;-)
Alle brauchen Verbindlichkeit, auch der Privatreisende. Aber die gibt es aktuell nicht. Schauen Sie sich allein das Hin und Her zur Maskenpflicht an. Wenn man pro aktiv agiert wird man von der Realität eingeholt, wenn man reaktiv agiert wird man möglicherweise von der Konkurenz abgehängt, die mutiger unterwegs ist.
Klar sind Flugplanwechsel nicht schön und die Kundebetreuung nicht gut, aber das ist nicht LH exklusiv. Alle kämpfen mit ähnlichen Problemen.
Beitrag vom 08.07.2020 - 21:44 Uhr
Dieses Vorhaben der LUFTHANSA wird nicht einfach.
Die Auslastungen im Moment und das zusammenstreichen diverser Verbindungen erst in den vergangenen Wochen und nun auch noch bis in den Oktober hinein ist ein 1. Zeichen, dass die Nachfrage nicht so ist wie sich das mancher Lenker bei LH wuenscht.
Nun will man auch noch mit einer angeblichen "Ocean" Projekt in FRA starten fuer Fluege die noch garnicht genehmigt sind. Windhoek, Namibia als 1. Ziel ab August mit Brussels Fluggeraet? :-)
Im Verkaufen ist diese LUFTHANSA-Group gut, nur dann die bezahlte Leistung auch erbringen oder doch wieder 5 Tage voher lieber den Flug stornieren, das scheint hier fast wieder neuen Aerger hervorzurufen?
Die Genehmigung der WHD-Fluege ex FRA steht noch aus! verkauft wird aber schon wie schon in der Vergangenheit mit MUC-BKK unter EW/LH Flugnummer und SXD Fluggeraet, am Ende kam dann auch die kurzfristige Absage am Anfang.

Lieber etwas langsamer und dafuer sicher liebe LH, aber es scheint fast so als ob der Aerger mit den Kunden ohne Bedenken in Kauf genommen wird.
Geschaeftsleute brauchen verbindliche Leistungen, dafuer werden bei LUFTHANSA auch Premium Preise bezahlt. (zumindest von den meisten, Ausnahmen wie BMW, Siemens & Co. natuerlich nicht beruecksichtigt!) ;-)


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