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Auf dem Höhepunkt der Krise entsprach die EU-Komission dem Wunsch des internationalen Linienluftfahrtverbandes IATA, Slot-Regeln vorübergehend außer Kraft zu setzen: Airlines verlieren ihre Zeitnischen für Starts und Ladungen derzeit nicht, wenn sie diese nicht wie normalerweise nötig zu 80 Prozent nutzen.
Bereits im Juni forderte die IATA, diese Ausnahmeregelung auf die kommende Wintersaison auszuweiten - und hat damit umgehend den Protest des europäischen Flughafenverbandes ACI Europe provoziert.
"Diese zusätzliche Flexibilität im Betriebsablauf (der Airlines, Red.) hat einen hohen Preis für die Flughäfen", konterte der Branchenverband die "vorschnelle Forderung" der IATA. Sie erlaube es den Airlines, volle Flugprogramme anzukündigen und die Slots zu behalten.
Aber: im Falle einer Flugstreichung bleiben die Flughafenbetreiber auf den Kosten für die Bereitstellung der nötigen Infrastruktur sitzen.
Die Airlines wollen sich laut dem Flughafenverband nicht nur Planungsflexibilität bewahren, sie wollen die Aussetzung der Regeln auch als Instrument nutzen, um Konkurrentinnen in Zaum zu halten: "Es besteht die Gefahr, dass Airlines das System der Slot-Zuweisungen und die Erleichterungen nutzen, um zu verhindern, dass die Zeitnischen anderweitig vergeben werden und um sicherzustellen, dass der Wettbewerb in Schach gehalten wird."
Die Corona-Krise geht den Beteiligten an die Substanz, für einige geht es ums wirtschaftliche Überleben - der Ton wird rauer. Da tragen Ankündigungen der Airlinechefs, knallhart mit Flughafenbetreibern über Betriebskosten und Gebühren zu verhandeln, nicht zur Entspannung bei.
Knackpunkt Gebühren
Nach Ryanair-Chef Michael O'Leary hat dies zuletzt Lufthansa-CEO Carsten Spohr getan. Bei weniger Verkehr und den daraus resultierenden Verlusten müsse man die Gebühren eher nach oben anpassen, konterte Fraport-Chef Stefan Schulte öffentlich. Und warb dafür, die Kurzarbeit der Flughafenmitarbeiter bis 2022 auszuweiten.
Die Kosten für diese Sparmaßnahme trägt der Bund - und damit der Steuerzahler. Der Bund erscheint auch als probate Instanz, um einen Verteilungskonflikt zwischen der Deutschen Flugsicherung (DFS) und den Airlines zu verhindern. Auch hier steht die Forderung im Raum, Gebühren für Airlines zu senken.
"Ebenso wie Airlines und Flughäfen müssen wir zunächst selbst wirtschaftlich mit dieser Corona-Situation fertig werden", sagte dazu DFS-Chef Klaus-Dieter Scheurle im Interview mit aero.de. Demnach rechnet die Geschäftsführung allein in diesem Jahr mit Umsatzeinbußen von 50 Prozent, das sind 540 Millionen Euro. "Der Spielraum für Kostensenkungen ist stark eingeschränkt."
"Wir sind im Gespräch mit der Bundesregierung, inwieweit wir finanzielle Hilfen bekommen könnten, die wir dann eben zur eigenen wirtschaftlichen Absicherung nutzen, aber auch, um den Airlines entgegen zu kommen", sagte Scheurle.
#Weareinthistogether: die Beteiligten bemühen sich darum, Gemeinsamkeit zu demonstrieren - ein schwieriges Unterfangen, wenn es darum geht, äußerst begrenzte Möglichkeiten zu nutzen und zu teilen. Die Fähigkeit der Regierungen, als Schlichter und Verteiler zu agieren schwindet in dem Maße, in dem die Erholung auf sich warten lässt.
Auf Gemeinsschaftlichkeit pochen nicht zuletzt die vielen Tausend Mitarbeiter der Luftfahrtindustrie, die sich angesichts Milliarden schwerer staatlicher Hilfen gegen drohende Stellenstreichungen wehren und die den Verteilungskonflikt ihrer Arbeitgeber mit Bangen beobachten.
© aero.de, Anna Böhm do Nascimento | Abb.: Lufthansa | 15.07.2020 05:13
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