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Spät kommt sie, aber sie kommt: Immer wieder musste Russlands Flugzeugbau-Holding UAC den Fahrplan für die MS-21 nach hinten verschieben, weil dem Programm immer neue Steine in den Weg rollten.
Doch für jedes Problem fanden die Russen bislang eine Lösung, bauen etwa ihre Tragflächen nun aus heimischen Kohlefasermatten - und sehen die MS-21 endlich auf der Zielgeraden: Im November 2021, so heißt es, soll das erste Serienflugzeug aus der Montage rollen, einen Monat später ist der Erstflug geplant.
Bis dahin wollen UAC und Tochter Irkut die Zulassung der russischen Luftfahrtbehörde in der Tasche haben. Da das Programm dafür beinahe abgespult ist, sollte das Formsache sein. Die Zulassung durch die europäische Luftfahrtbehörde EASA wird dagegen noch etwas dauern.
Triebwerk aus den USA, Flügel aus Russland
Erstkundin Rossija rechnet mit dem Zulauf der ersten MS-21 im Sommer nächsten Jahres. Bis Ende 2022 sollen insgesamt vier Serienflugzeuge produziert werden und in den Bestand der Aeroflot-Tochter übergehen. Für 2023 ist der Bau von neun weiteren MS-21 geplant.
Ob darunter auch schon MS-21-310 mit dem russischen Turbofan PD-14 sein werden, ist nicht bekannt und wird wohl davon abhängen, wie schnell das Triebwerk zertifiziert werden kann. Das PD-14 von Awiadwigatel fliegt erst seit Dezember 2020 unterm Flügel der MS-21, weshalb die ersten Serienmaschinen zunächst Pratt & Whitney-Motoren erhalten werden.
Sicher ist indes, dass die Tragflächen aller künftig gebauter MS-21 aus russischen Verbundwerkstoffen bestehen. Das Rohmaterial kommt von Rosatom aus Alabuga (Tatarstan), gefertigt werden die Flächen in Uljanowsk vom Zulieferer Aerocomposite. Wegen seit 2019 geltender Sanktionen darf Russland für die MS-21 keine Verbundwerkstoffe mehr aus Japan und den USA importieren. Die PW1400G-Triebwerke sind bislang nicht von einem solchen Embargo betroffen.
Unterdessen bereitet sich Rossija schon auf eine möglichst reibungslose Einführung des neuen Musters vor. Zusammen mit Irkut arbeitet der Carrier laut dem Portal aviation21.ru ein Programm aus, das alle dafür relevanten Punkte abdecken soll. Hierzu zählen die Schulung von Cockpit-, Technik- und Kabinenpersonal, Wartungsrichtlinien sowie die Aufstellung eines funktionierenden After-Sales-Supports.
Zudem wird Irkut auf dem Moskauer Flughafen Scheremetjewo einen Hangar samt Rollwegen, Stellflächen und "technischen Einrichtungen" zur Betreuung von MS-21 und Suchoi Superjet bauen. Der Komplex soll "in kürzester Zeit" einsatzfähig sein, wie beide Partner in der vergangenen Woche während des Aviasalons MAKS in Schukowski erklärten.
Wird die MS-21 zum Frachter?
Ebenfalls in Schukowski nahm auch eine Delegation der russischen Volga-Dnepr Group die MS-21 in Augenschein. Das mag überraschen, ist Volga-Dnepr doch ausschließlich im Frachtgeschäft zu Hause und vor allem für ihre Großraumflotte aus Antonow An-124 und Iljuschin Il-76 bekannt. Allerdings nutzt beispielsweise die Volga-Dnepr-Tochter Atran auch kleinere Boeing 737 als Paketfrachter.
Angesichts des anhaltenden Booms im Onlinehandel möchte Volga-Dnepr dieses Geschäft wohl ausbauen - und liebäugelt hierfür mit einer maßgeschneiderten Frachtversion der MS-21. Sollte Irkut eine solche Frachtversion auflegen, könne man "ein möglicher Erstkunde" dafür werden, ließ Volga-Dnepr verlauten.
Bei UAC und Irkut wird man das sicher gerne hören - sollte sich nun aber erst einmal um den Serienstart der Passagierversion kümmern, damit der MS-21 ein Dilemma à la Suchoi Superjet erspart bleibt.
© FLUG REVUE - Patrick Zwerger | Abb.: Irkut | 02.08.2021 13:30
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