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Wie realistisch sind Embraers Energia-Konzepte?

Embraer Energia
Embraer Energia Electric E9-FE, © Embraer

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SAO JOSÉ DOS CAMPOS - Im November 2021 sorgte Embraer mit der Vorstellung von vier Konzeptflugzeugen für Aufsehen. Sie sollen der Luftfahrt den Weg in die CO2-Neutralität ebnen. Dabei setzt Embraer, anders als Mitbewerber Airbus, auf einen wahren Energie-Mix. Wie realistisch sind die Ideen?

Arjan Meijer, Präsident der Zivilflugzeugsparte von Embraer ist sich sicher, dass der Aufbruch in eine grüne Zukunft für die Luftfahrtindustrie noch nie so wichtig war wie heute. "Radikales Denken" ist gefragt, um die "unabdingbar notwendige" Nachhaltigkeit des Luftverkehrs zu erreichen.

Dabei hat die Pandemie noch einmal "alles beschleunigt", und im vom brasilianischen Hersteller bedienten Regionalflugzeugmarkt zeichnen sich neue Trends ab.

Weltweit gibt es einen Trend raus aus den Städten, hat Rodrigo Silva e Souza, Market Intelligence Vice President, beobachtet. Durch Digitalisierung und Homeoffice schrumpft selbst London nach Jahrzehnten des Wachstums. Die "Regionalisierung" führe zu einer "Fragmentierung des Markts" und damit zu einem erhöhten Bedarf für "integrierte Liniendienste" auch mit kleineren Mustern zu kleineren Städten - etwas, was es in den USA vor Jahrzehnten schon einmal gab.

Vision für die Zukunft

Für die "andere Welt" der Zukunft braucht es allerdings neue, wirklich nachhaltige Konzepte, erklärte Luis Carlos Affonso, Embraers Senior Vice President für Entwicklung, Technologie und Unternehmensstrategie.

Deshalb hat das Unternehmen bereits vor etwa zwei Jahren damit begonnen, eine "Vision für die Zukunft" zu entwickeln und zahlreiche Konzepte für künftige Flugzeuge, beginnend mit Neunsitzern, zu untersuchen. Die Arbeiten wurden dabei bis zur großen Enthüllung der Energia-Entwürfe am 8. November 2021 im Geheimen durchgeführt.

Terminlich passend zur Klimakonferenz COP 26 in Glasgow präsentierte Embraer in einer aus São José dos Campos übertragenen Show gleich vier verschiedene Vorschläge unterschiedlicher Größe und Antriebstechnologie, denn: "Es gibt kein Patentrezept, und daher wird die Mission die Antriebslösungen definieren", so Affonso.

Zudem sind "kleine Flugzeuge ideal, um neue Antriebstechnologien zu testen und zu erproben, damit sie auf größere Flugzeuge übertragen werden können".

Luftgekühlte Elektromotoren

Kleinstes Mitglied der Energia-Familie ist somit der Hybrid-Entwurf E9-HE mit neun Sitzen, der eine Reichweite von 925 Kilometern bieten soll. Den Strom für die am Heck platzierten, luftgekühlten Elektromotoren liefert dabei ein kleiner Dieselmotor, der für den Start von Batterieleistung unterstützt wird.

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Embraer Energia Hybrid E9-HE, © Embraer
 
Diese Anordnung erlaubt einen effizienten Flügel und soll den Lärm um 60 Prozent reduzieren. Mit SAF betankt erreicht die Energia Hybrid eine CO2-Reduzierung von 90 Prozent, so Embraer. Ein solches Flugzeug könnte 2030 technologisch machbar sein.

Aerodynamische Optimierung

Will man einen Neunsitzer nur mit Batterien betreiben, wäre aus Sicht von Embraer eine Verfügbarkeit 2035 gegeben. DaE9-FE-Konzept sieht die Verwendung von schnell wechselbaren Batterien vor, die dreimal besser als heute sein müssten. Ihr Strom treibt gegenläufige Propeller an der Leitwerksspitze an. Zur Effizienz trägt eine weitere aerodynamische Optimierung bei, mit Tragflächen hoher Streckung. Trotzdem sind mehr als 370 Kilometer Reichweite nicht drin. Immerhin gibt es keine CO2-Emissionen und der Lärm wird um 80 Prozent reduziert, was wichtig ist für den Betrieb auf stadtnahen kleinen Flugplätzen.

Die Brennstoffzelle

Parallel zu E9-FE verfolgt Embraer für 2035 das Konzept eines 19-Sitzers mit Brennstoffzelle. Auch hier wandern die Elektromotoren mit "optimierten Propellern" ans Heck, um eine saubere Aerodynamik zu erhalten.

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Embraer Energia H2-Brennstoffzelle, © Embraer
 
Die Herausforderungen eines solchen Entwurfs liegen laut Embraer in der möglichst effizienten Brennstoffzelle und in einem möglichst leichten Tank für den flüssigen Wasserstoff, der ja während des Flugs minus 253 Grad kalt gehalten werden muss. Für Leistungsspitzen beim Startsind zudem Batterien an Bord. Insgesamt ergibt sich eine Reichweite von 370 Kilometern.

Aufbauend auf diesen Erfahrungen könnte Embraer bis 2040 einen 35- bis 50-Sitzer entwickeln, der dann immerhin 925 Kilometer Reichweite bietet. Das E50-H2GT-Konzept sieht die Verwendung von Gasturbinen am Heck vor, in denen normalerweise flüssiger Wasserstoff verbrannt wird. Sie wären aber auch in der Lage, SAF oder Jet A zu nutzen.

Embraer schwebt vor, verschieden große Wasserstofftanks anzubieten, so dass Airlines die für ihr Streckennetz optimale Reichweite wählen können. Zusätzlich gibt es Flügeltanks für SAF/Jet A als "range extender". Die Konfiguration produziert 60 Prozent weniger Lärm, so Embraer.

Abgesehen vom Antrieb erscheinen die Konzepte relativ konventionell, doch auch so gebe es genug Herausforderungen, sagt der Hersteller. Die Zeitpläne seien deshalb "mutig, aber realistisch", im Gegensatz zu den Versprechungen mancher Start-ups, versicherte Arjan Meijer.

Wenn nötig, werde man die Arbeiten beschleunigen, doch das hänge vom Marktinteresse ab, jetzt wo man die Entwürfe mit möglichen Airline-Kunden diskutieren könne.

Neuer Turboprop in Arbeit

Laut Luis Carlos Affonso werde Embraer wie bisher etwa 0,8 Prozent des Umsatzes in die grundlegende Forschung investieren. Dazu gehören Projekte wie der seit August fliegende Elektro-Demonstrator auf Basis des Sprühflugzeugs EMB-203 Ipanema. Angepeilt sei auch ein Wasserstoff-Demonstrator, der 2025 in die Luft kommen soll.

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Embraer Energia H2-Gasturbine, © Embraer
 
Und natürlich wird Embraer mit technischen Universitäten, Luftfahrtforschungsinstituten sowie kleinen und mittleren Unternehmen und Start-ups kooperieren, um Themen wie Energiegewinnung und -speicherung, Wärmemanagement oder neue Motoren zu bearbeiten.

100 Prozent nachhaltiger Kraftstoff

Die Verbesserung aktueller Produkte will man derweil nicht aus den Augen verlieren. Bis etwa 2027 soll die E2-Regionaljetfamilie, angetrieben vom Getriebefan von Pratt & Whitney, für den Betrieb mit 100 Prozent nachhaltigem Kraftstoff zertifiziert sein, denn das sei kurz und mittelfristig der beste Weg, die Emission zu reduzieren, so Meijer.

Natürlich gehen auch die Arbeiten an einem neuen Turboprop für Regionalstrecken weiter, der vor den Energia-Konzepten auf den Markt kommen soll. "Der wird wie ein Jet sein, die Passagiere werden ihn lieben", sagte Meijer, der für Anfang 2022 weitere Informationen zum Programm ankündigte.
© FLUG REVUE - KS | Abb.: Embraer | 09.01.2022 09:02

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Beitrag vom 11.01.2022 - 10:33 Uhr
Es ist Fakt:
die Luftfahrt steht bei diesem Thema noch ganz am Anfang und hat ganz andere, viel größere Probleme dabei zu lösen, als z.B. die Autoindustrie (was kein Vorwurf ist, die quasi "Zeitverzögerung" ist ja auch der Politik geschuldet - es war halt kein Druck da).

Insofern sind solche Projekt, wie das beschriebene (und Andere - AB forscht ja auch auf dem Gebiet) sehr zu begrüßen und werden hoffentlich ein Erfolg.

Was mich allerdings verwundert ist das kleine Lösungen, die bereits vorhanden sind (z.B. das Schleppen der Flieger vom/ zum Gate von/ zu der Lande- bzw. Startbahn mit Elektroschleppern), nicht umgesetzt werden.
Klar man bräuchte viel mehr Schlepper und auch Personal und es würde sicher mehr Zeit kosten (vor allem das "Abholen von der Landbahn"), aber möglich wäre es schon dies relativ kurzfristig umzusetzen. Oder?

Beitrag vom 11.01.2022 - 08:55 Uhr
Das nenne ich mal selektives Lesen...
Beitrag vom 11.01.2022 - 08:24 Uhr
Und das können Sie gerne weiter so engstirnig populistisch sehen, wie Sie es gerne tun,

Ich sags mal so: Ich verkneife mir, meine Posts ständig mit Provokationen und Beleidigungen zu spicken. Sollten Sie auch mal versuchen.

"engstirnig" und "populistisch" sind jetzt schon Beleidigungen bzw. Provokationen? Na dann. Ich wiederhole jetzt mal nicht alles das, was Sie hier in den unzähligen Corona Diskussionen für Wörter benutzt haben....

Schau mal einer an ... und ich dachte wir führen hier im Gegensatz zu so mancher Corona-Debatte eine sachliche Diskussion.


Doch, es tut sich etwas im Flugbetrieb. Vielleicht nicht das, was Sie gerne sehen wollen, aber es tut sich was.

Nein, eben nicht. Wie Sie selbst weiter schreiben:

Es gibt derzeit halt einfach keine Alternative um mit rein Elektrischen Antrieben beispielsweise über den Atlantik zu fliegen.

Exakt so.
Und alles weitere, von Winglets über höhere Nebenstromanteile, die Argumentation "sind ja nur 2,3, wieviel auch immer Prozent (eher 6) des CO2", bis zu elektrischem Schleppen auf dem Platz sind die berühmten Deckchairs, die man während des Sinkens auf der Titanic umherschiebt.

SAF oder elektrischer Antrieb sind die Alternativen. Beide sind kommerziell bedeutungslos oder noch nicht mal entwickelt. Die Branche hängt auf absehbare Zeit bis auf wenige 100erstel Prozent des Energie-Durchsatzes weiter am Verbrennen von Öl.

Dagegen kann ich EVs, Wärmepumpen Solarpaneele, etc. kaufen und betreiben, Strom wird zu einem immer mehr wachsenden Anteil regenrativ gewonnen.

In der Luftfahrt finden (immer wieder neue) Ankündigungen statt, und während die Notwendigkeit einer jeden Ankündigung immer wieder mit den gleichen alten Argumenten relativiert wird, bewegt sich die restliche Industrie immer weiter.
Und das schon lange.

Von daher begrüße ich diese Konzepte/Ideen von Embraer ausdrücklich. Solche Konzepte werden der kommerziellen Luftfahrt in 10-15 Jahren möglicherweise die Existenz retten.


Tut mir leid, aber ich kann Sie nicht ehr ernst nehmen. Sie schreiben hier teilweise wahllos irgendwelche Behauptungen als Antwort zu meinen Kommentaren, die teilweise komplett an dem vorbei gehen, was ich geschrieben haben, dann antworte ich auf diese ganzen Anmerkungen von Ihnen und das einzige, was Sie jetzt als Antwort wieder parat haben ist, Ihre anfängliche These, dass die Luftfahrt nichts macht?

Nein, ich versuche Ihnen aufzuzeigen, dass Ihr Verständnis von "es tut sich was in der Luftfahrt" noch in keinem einzigen kaufbaren Produkt resultiert.
Selbst das bisher aussichtsreichste Konzept SAF soll erst bis 2030 zu 3% den Markt beliefern können und hat absehbar darüber hinaus ein massives Skalierungsproblem.

Elektrische Autos, Wärmepumpen, PV-Stromversorgung etc. sind dagegen schon eine ganze Weile käuflich erwerblich und der Markt befindet sich bereits in einem Austauschzyklus.
Dieser Zyklus kann in der Luftfahrt erst beginnen sobald Lösungen auf dem Markt sind. Und das wird noch 15-20 Jahre dauern wie es aussieht.
D.h. die Luftfahrt wird etwa 2035-2045 da sein, wo der Automobilbau bereits 2010 war.

Das ist ein Unterschied, den Sie in Ihrer Argumentation wohl bewusst völlig ignorieren.

Oh man... das hat echt keinen Sinn mehr hier mit Ihnen zu diskutieren. Sie drehen und wenden sich die Fakten wie Sie wollen. Der Schluss ist immer: Alle anderen haben unrecht, Sie haben Recht und sind der Experte in jedem Bereich, obwohl Sie immer wieder durch Unwissenheit in vielen dieser Bereiche auffallen... da bin ich wirklich raus jetzt... Sie können gerne mit UnsPaulchen diskutieren, Ihre Diskussionskultur passt ziemlich gut zueinander ;-)

... und statt darauf einzugehen lieber pampig werden.


Dieser Beitrag wurde am 11.01.2022 08:25 Uhr bearbeitet.


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