Ukraine-Krieg
Älter als 7 Tage

Bundesregierung will Flüchtlinge mit Flugzeugen aus Moldau holen

Bündnis 90, Die Grünen
Annalena Baerbock, © Die Grünen
CHISINAU - Deutschland arbeitet nach Angaben von Außenministerin Annalena Baerbock gemeinsam mit internationalen Partnern an einer Art Luftbrücke für ukrainische Flüchtlinge aus Moldau.

Eine solche Möglichkeit sei "absolut sinnvoll", um das Land zu entlasten und die Ankommenden in andere Staaten zu verteilen, sagte die Grünen-Politikerin am Samstag nach einem Treffen mit ihrem moldauischen Amtskollegen Nicu Popescu in der Landeshauptstadt Chisinau. Baerbock rief die internationale Gemeinschaft zur stärkeren Unterstützung der ukrainischen Nachbarländer insgesamt beim Umgang mit den Kriegsflüchtlingen auf. Dies gelte besonders für Moldau.

Baerbock sagte, die Bundesregierung werde in einem ersten Schritt 2500 ukrainische Flüchtlinge aus Moldau direkt nach Deutschland holen. Dies habe sie mit Innenministerin Nancy Faeser (SPD) vereinbart. Faeser kündigte am Samstag an, die Aufnahme der Flüchtlinge aus Moldau in den nächsten Tagen "schnell und unbürokratisch" zu organisieren und umzusetzen. "Putins Angriffskrieg gegen die Ukraine ist eine furchtbare humanitäre Katastrophe; sehr viele Menschen flüchten in das kleine Nachbarland Moldau", sagte sie der Deutschen Presse-Agentur.

Für die Verteilung der Flüchtlinge aus Moldau sei auch ein Korridor mit Bussen und Zügen über Rumänien im Aufbau, machte Baerbock deutlich. Menschen sollten zudem direkt aus dem Land ausgeflogen werden oder über Nachbarländer mit größeren Kapazitäten an den Flughäfen. Dies könne auch über den Atlantik geschehen - also in die USA oder nach Kanada. "Man muss sehr pragmatisch in dieser Situation sein und jetzt nicht ein hundert Prozent perfektes Konzept für in drei Monaten erarbeiten", sagte die Ministerin.

Mehr als 100 000 ukrainische Flüchtlinge in Moldau

Die EU habe für Moldau Soforthilfen von fünf Millionen Euro zur Verfügung gestellt, die Bundesregierung nochmals drei Millionen Euro zusätzlich, sagte Baerbock. Moldau hat nach Angaben von Popescu bisher rund 300 000 Menschen aus der Ukraine aufgenommen, von denen mehr als 100 000 noch im Land seien. Die ehemalige Sowjetrepublik ist eines der wirtschaftlich schwächsten Länder Europas.

Popescu sagte, Moldau benötige weitere ausländische Hilfe zur Sicherung der Stabilität und zur Bewältigung der humanitären Kosten. Der Außenminister Moldaus machte das Interesse an einer weiteren Annäherung seines Landes an die Europäische Union deutlich und bat um Unterstützung durch die EU-Grenzschutzorganisation Frontex zur Überwachung der Grenze zur Ukraine. Frontex könnte auch helfen, die Flüchtlinge zu registrieren.

Baerbock ruft internationale Gemeinschaft zur Hilfe auf

Baerbock sagte, Moldau sei eines der kleinsten Länder an der Grenze zur Ukraine und habe in den vergangenen Tagen sehr viele Menschen aufgenommen. "Aber auf Dauer können sie das nicht alleine tragen." Die internationale Gemeinschaft müsse dafür sorgen, die Menschen in Moldau von der Grenze weg in Sicherheit zu bringen. In den ersten Tagen des Krieges seien viele Menschen mit dem eigenen Auto gekommen und etwa von Verwandten abgeholt worden. "Aber je heftiger der Krieg wird, je mehr Menschen auch verletzt werden, auf der Flucht sind und gar nichts mehr mitnehmen können, desto mehr wird hier auch eine Unterstützung gebraucht."

Baerbock besucht Flüchtlingseinrichtung und Grenze zur Ukraine

Baerbock besuchte in der Hauptstadt Chisinau am Samstag eine Aufnahmeeinrichtung für Flüchtlinge. Den Kindern brachte sie Geschenke wie einen Tuschkasten und Malblöcke mit. In der Einrichtung gibt es provisorische Unterkünfte, eine Krankenstation sowie ein Corona-Impfzentrum. Gegenwärtig befinden sich etwa 900 Menschen dort. Laut Auswärtigem Amt können bis zu 4000 Menschen versorgt werden.

Baerbock bedankte sich bei Mitarbeitern des Technischen Hilfswerkes, die mit ihrem Lastwagen nach einer dreitägigen Fahrt über Österreich, Ungarn und Rumänien nach Moldau gekommen waren. Das THW liefert unter anderem Feldbetten, Schlafsäcke, Zelte, Heizungen und Nahrungsmittel.

Zahllose Menschen kommen weiter nach Polen

Nach UN-Angaben haben bereits mehr als 2,5 Millionen Menschen aus der Ukraine im Ausland Zuflucht gesucht. Die meisten blieben zunächst in den Nachbarländern - wie in Polen. Seit Kriegsbeginn haben sich nach Angaben des polnischen Grenzschutzes fast 1,6 Millionen Menschen in Polen in Sicherheit gebracht. Seit Mitternacht allein seien 17 700 Menschen aus dem Nachbarland eingetroffen, teilte die Behörde am Samstag über Twitter mit. Damit habe sich die Zahl der Ukrainerinnen und Ukrainer, die vor dem Krieg in ihrer Heimat nach Polen geflüchtet seien, auf etwa 1,59 Millionen Menschen erhöht. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) würdige die Aufnahmebereitschaft Polens am Freitag als große Leistung. "Auch mit welcher Herzlichkeit das geschieht. Und Deutschland wird das genauso machen."

Bereits nahezu 123 000 in Deutschland angekommen

Immer mehr Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine kommen auch in Deutschland an. Seit Beginn des Angriffs wurden 122 837 Menschen aus der Ukraine registriert, wie das Bundesinnenministerium am Samstag mitteilte. Das seien Zahlen der Bundespolizei, die momentan verstärkt kontrolliere, sagte ein Sprecher. Da aber keine festen Grenzkontrollen an den Binnengrenzen stattfänden, könne die Zahl der nach Deutschland eingereisten Kriegsflüchtlinge tatsächlich bereits wesentlich höher sein.

Die Staatsministerin für Migration, Reem Alabali-Radovan, regte eine Ausweitung der Sozialleistungen für Ukraine-Flüchtlinge an. "Die Geflüchteten erhalten Leistungen von den Sozialämtern über das Asylbewerberleistungsgesetz", sagte die SPD-Politikerin den Zeitungen der Funke Mediengruppe. "Aber wir sollten auch darüber nachdenken, Menschen aus der Ukraine mittelfristig Zugang zur Grundsicherung zu gewähren." Derzeit hätten allerdings Unterbringung und Versorgung Priorität.
© dpa | Abb.: Die Grünen | 12.03.2022 19:59

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Beitrag vom 15.03.2022 - 12:27 Uhr
Was wohl die afghanischen Hilfskräfte Deutschlands bei dieser Luftbrücke denken mögen, die immer noch zu Tausenden auf ihre Ausreise und somit ihre Flucht warten?
Was wohl die ausländischen Studierenden (z.B. aus Afrika) in der Ukraine bei dieser Luftbrücke denken mögen, denen der Grenzübertritt und somit die Flucht nach Polen bzw. Ungarn verwehrt wird?
Was wohl die Flüchtlinge an der belarussisch polnischen Grenze bei dieser Luftbrücke denken mögen, die wie Spielzeug zwischen Belarus und Polen hin und her geworfen wurden?

Kam das jetzt aus Moskau oder aus Berlin?

Ist manchmal schwer zu sagen.

Das ist ja der Vorteil an sachlichen Diskussionen:
Es ist egal, wer ein Argument bringt. Die Frage ist ja nur, wie stichhaltig es ist.
Und in diesem Fall muss ich sagen: Ziemlich.
Wir "der Westen" - verhalten uns aktuell so gar nicht wie sonst bei Überfällen von stärkeren auf schwächere Staaten.

Ob die russische Luftwaffe in Afghanistan, Tschetschenien, Syrien oder der Ukraine Terror-Bombardierungen von zivilen Zielen durchführt, ist für uns offenbar ein großer Unterschied.
Sogar Clusterbomben kommen dabei in Innenstädten gegen Zivilisten zum Einsatz.
Trotzdem wird diese Taktik in der Ukraine (zumindest bisher) noch lange nicht so extrem angewendet, wie in den beiden vorgenannten Konflikten, die Reaktionen im Westen sind aber bereits eine ganz andere Hausnummer.

Die unterschiedliche Reaktion betrifft, wie sehr das Leid der lokalen Bevölkerung hierzulande mobilisiert und wie daraus Handlungsdruck auf unsere Regierung entsteht.
Aber auch, wie wir mit den dortigen Flüchtlingen umgehen.

Das mag jetzt zynisch rüberkommen, aber ich schätze mal einer der für Viele wesentlichen Unterschiede ist tatsächlich, dass es diesmal kaukasische, christliche Menschen trifft, statt wie sonst arabische und/oder muslimische.

Hätten wir diese Reaktion/Anteilname schon bei früheren Konflikten gezeigt, die von Russland genau so geführt wurden, vielleicht wäre es nie zum Einmarsch Russlands in die Ukraine gekommen.

Dieser Beitrag wurde am 15.03.2022 14:45 Uhr bearbeitet.
Beitrag vom 15.03.2022 - 11:42 Uhr
Was wohl die afghanischen Hilfskräfte Deutschlands bei dieser Luftbrücke denken mögen, die immer noch zu Tausenden auf ihre Ausreise und somit ihre Flucht warten?
Was wohl die ausländischen Studierenden (z.B. aus Afrika) in der Ukraine bei dieser Luftbrücke denken mögen, denen der Grenzübertritt und somit die Flucht nach Polen bzw. Ungarn verwehrt wird?
Was wohl die Flüchtlinge an der belarussisch polnischen Grenze bei dieser Luftbrücke denken mögen, die wie Spielzeug zwischen Belarus und Polen hin und her geworfen wurden?

Kam das jetzt aus Moskau oder aus Berlin?

Ist manchmal schwer zu sagen.

Vielleicht gibt es aber auch Menschen die Empathie empfinden, selber denken (und nicht nur schwarz/weiß ihren 'eigenen Nabel' betrachten), zutiefst humanitäre Gedanken haben und diese äußern!?
Beitrag vom 14.03.2022 - 23:50 Uhr
Was wohl die afghanischen Hilfskräfte Deutschlands bei dieser Luftbrücke denken mögen, die immer noch zu Tausenden auf ihre Ausreise und somit ihre Flucht warten?
Was wohl die ausländischen Studierenden (z.B. aus Afrika) in der Ukraine bei dieser Luftbrücke denken mögen, denen der Grenzübertritt und somit die Flucht nach Polen bzw. Ungarn verwehrt wird?
Was wohl die Flüchtlinge an der belarussisch polnischen Grenze bei dieser Luftbrücke denken mögen, die wie Spielzeug zwischen Belarus und Polen hin und her geworfen wurden?

Kam das jetzt aus Moskau oder aus Berlin?

Ist manchmal schwer zu sagen.


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