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Air India geht mit Milliardenaufträgen in die Offensive

Air India Airbus A320neo
Air India Airbus A320neo, © Airbus

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NEU DELHI - Air India bestellt bei Airbus und Boeing auf einen Schlag insgesamt 470 neue Passagierjets. Insgesamt handelt es sich um den größten Flugzeugkauf der Luftfahrtgeschichte. Airbus konnte sich mit 250 Maschinen den größten Teil des Auftrags sichern - und bucht A350 aus Aeroflot-Aufträgen auf Air India um.

Sein angeschlagener Rivale Boeing aus den USA kommt auf 220 bestellte Maschinen, wie Air Indias Mutterkonzern Tata Group und die beiden Hersteller am Dienstag mitteilten.

An der Börse kamen die Nachrichten gut an. Obwohl das Geschäft im Grundsatz schon vor dem Wochenende durchgesickert war, lagen die Aktien von Airbus und Boeing am Dienstagnachmittag mit gut einem halben Prozent im Plus.

Die bisher weltgrößte Flugzeugbestellung stammte aus dem Jahr 2011: Damals orderte die US-Fluggesellschaft American Airlines auf einen Schlag 460 Flugzeuge.

Airbus soll den Indern 210 Maschinen aus der Mittelstreckenjet-Familie A320neo sowie 40 Großraumjets vom Typ A350 liefern, wie Tata-Chef Natarajan Chandrasekaran in einem Online-Briefing mit dem indischen Premierminister Narendra Modi und Frankreichs Präsident Emmanuel Macron mitteilte. Die Unternehmen hätten eine entsprechende Absichtserklärung unterzeichnet.

Das Geschäft mit Boeing umfasst 190 Exemplare des Mittelstreckenjet 737 Max, 20 Langstreckenjets vom Typ 787 "Dreamliner" und 10 Großraummaschinen in der modernisierten Variante 777X. Die Entwicklung und Produktion der 777X hängt bei Boeing jedoch derzeit in der Warteschleife.

Airbus-Verkaufschef Scherer zeigte sich vor allem glücklich, dass sich Air India für den Großraumjet A350 entschieden hat. "Bei den Mittelstreckenjets haben wir einen sehr großen Marktanteil in Indien, aber bisher nicht bei Großraumflugzeugen."

Air India erhalte zunächst sechs Maschinen in der Standardversion A350-900, die eigentlich für die russische Fluggesellschaft Aeroflot gedacht waren. Diese dürfen infolge der internationalen Sanktionen gegen Russland wegen des Angriffskriegs in der Ukraine nicht an Aeroflot ausgeliefert werden. Die Auslieferung der A350 für Air India soll noch in diesem Jahr anlaufen, sagte Scherer.

Bei den restlichen 34 Maschinen handle es sich um die Langversion A350-1000 - das größte Modell in Airbus' Angebot seit dem Produktionsende für die doppelstöckige A380. "Das wird das Flaggschiff der künftigen Air India", sagte Scherer.

Bei den kleineren Jets hat sich die indische Fluglinie laut Scherer für 140 Exemplare in der Standardversion A320neo und 70 Maschinen in der Langversion A321neo entschieden. Gebaut würden die Jets in den Airbus-Werken in Hamburg und Toulouse, ein paar möglicherweise auch im chinesischen Werk in Tianjin.

Nach Einschätzung des Managers ist der Großauftrag nur der Auftakt vieler Flugzeugbestellungen aus Indien. Wenn die Mittelschicht des Landes in den kommenden Jahren ähnlich stark wachse und auf Flugreisen gehe wie in China, werde man in dem Land in den nächsten 20 Jahren 2.500 oder 3.000 neue Flugzeuge brauchen.

"Die Zeit ist reif, um Indien zu einem internationalen Drehkreuz zu machen", sagte Airbus-Chef Guillaume Faury. Air India will Fluggäste von den arabischen Fluggesellschaften Emirates und Qatar Airways zurückgewinnen. Diese befördern seit Jahren Passagiere aus Indien in die USA und nach Europa - über ihre Drehkreuze Dubai und Doha.

Air India wurde in den 1930er Jahren von der Tata-Familie als Tata Airlines gegründet und in den 1950ern verstaatlicht. Seit den 90er Jahren litt sie zunehmend unter Billigkonkurrenz. Während der Corona-Krise vor rund einem Jahr kaufte Tata die verschuldete Gesellschaft zurück.

Tata-Chef Chandrasekaran hat für weiteres Wachstum vorgebaut. Bei Boeing sicherte er Air India Kaufrechte über weitere 50 Mittelstreckenjets vom Typ 737 MAX und weitere 20 "Dreamliner". Auch bei Airbus habe sich Air India Optionen gesichert, die jetzige Bestellung noch deutlich auszuweiten, sagte er.

Intensive Verhandlungen

Airbus-Manager Scherer bestätigte die Existenz solcher Kaufrechte, wollte aber keine konkreten Zahlen nennen. Airbus gebe Optionen ungern her, zumal die Produktion der A320neo über Jahre hinweg ausgebucht sei.

Wer heute einen Mittelstreckenjet aus der Modellfamilie Airbus A320neo bestelle, müsse bis 2029 auf die Auslieferung warten. Air India soll dennoch eine Handvoll Jets etwas früher erhalten.

Tata und Air India haben nach eigenen Angaben seit zwei Jahren mit Airbus verhandelt. Schon zur Luftfahrtmesse im britischen Farnborough im vergangenen Juli hatten Gerüchte über einen Großeinkauf der Inder die Runde gemacht.

Der europäische Hersteller ringt wie andere Unternehmen mit Engpässen bei Zulieferern und Arbeitskräften. Immer wieder fehlen wichtige Teile.

Im abgelaufenen Jahr musste die Konzernführung ihr Ziel für die Flugzeugauslieferungen zweimal kappen. Erst ging es von 720 auf 700 Maschinen nach unten, dann sollten es nicht viel weniger als 700 werden. Letztlich konnte der Konzern netto nur 661 Verkehrsjets an seine Kunden übergeben.

An diesem Donnerstag (16. Februar) will Airbus seine Finanzzahlen des Jahres 2022 veröffentlichen. Bei diesem Termin nennt das Management üblicherweise auch seine Ziele für das neue Jahr - samt einer Prognose, wie viele Maschinen der Hersteller ausliefern wird.
© dpa-AFX | Abb.: Airbus | 14.02.2023 12:49


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