Militärische Nutzung?
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Bericht bringt Pulkovo-Strategie von Fraport ins Wanken

Pulkovo Airport
Pulkovo Airport, © Brücke Osteuropa

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FRANKFURT - Fraport ist am Flughafen St. Petersburg Pulkovo beteiligt - und will es vorerst auch bleiben. Ungeachtet des russischen Angriffkriegs in der Ukraine hat der Frankfurter Flughafenbetreiber das Pulkovo-Konsortium bisher nicht verlassen. Doch der Druck auf Vorstand und Aufsichtsrat nimmt zu.

Fraport kontrolliert 25 Prozent am Flughafen St. Petersburg Pulkovo. Zumindest auf dem Papier.

Faktisch liegt die Beteiligung seit dem russischen Angriffskrieg in der Ukraine und im Lichte von EU-Sanktionen auf Eis - ebenso wie der Kontakt zu den russischen Pulkovo-Mitgesellschaftern im Konsortium NCG, heißt es von Fraport.

Fraport rechtfertigte seinen Nicht-Rückzug aus Pulkovo bisher auch mit einer rein zivilen Nutzung des Flughafens. Doch an der bestehen zunehmend Zweifel.

Denn nach Recherchen von WDR, NDR und SZ wird Pulkovo zumindest von Zeit zu Zeit durchaus auch militärisch genutzt. Im Juni 2022 landete etwa eine verdächtige Il-76 (RA-78835), einen Monat später eine An-124 (RA-82014) in St. Petersburg. Beide Frachter stehen auf US-Sanktionslisten.

Die Il-76 und die An-124 werden von US-Diensten der "224th Flight Unit State Airlines" zugeschrieben - einer russischen Staatsairline in offenbar zunehmend spezieller Mission.

Laut Sanktionsbeschlüssen ist die "224 FU" einst "von der russischen Luftwaffe abgekoppelt worden ist, um kommerzielle Luftfrachttransporte abzuwickeln, die Wagner-Truppen und Ausrüstung in Länder gebracht haben, von denen bekannt ist, dass Wagner dort operiert", heißt es in dem Bericht.

Im März 2023 soll laut den gemeinsamen Recherchen von WDR, NDR und SZ zudem ein Tu-22 M3 Bomber der russischen Luftwaffe in Pulkovo gelandet sein.

Die Beteiligung hat in der aktuellen Fraport-Bilanz keinen Buchwert mehr, eine Darlehensforderung gegenüber dem Betreiberkonsortium über 163,3 Millionen Euro hat Fraport "aufgrund der derzeitigen Sanktionslage" im Juni 2022 vollständig abgeschrieben. Pulkovo-Ergebnisse sind zudem "ohne wesentliche Bedeutung für den Fraport-Konzern", hält man in Frankfurt selbst fest.

Pulkovo-Patt

Fraport ist nach eigenen Angaben gleichwohl vertraglich an einem Ausstieg aus dem Pulkovo-Gesellschafterkreis gehindert. "Fraport kann seinen Minderheitsanteil an der Betreibergesellschaft des Flughafens St. Petersburg bis 2025 nicht ohne Zustimmung der russischen Behörden verkaufen", sagte ein Fraport-Sprecher aero.de am Freitag.

Eine nachgewiesene militärische Nutzung könnte Fraport laut dem Bericht über Exit-Klauseln in den Pulkovo-Verträgen nun einen rechtlich geordneten Ausstieg aus dem Konsortium ebnen. Von dieser Möglichkeit will man in Frankfurt - zumindest nach aktuellem Stand - aber keinen vorschnellen Gebrauch machen.

"Wir haben unser Russlandgeschäft im 2. Quartal 2022 komplett abgeschrieben", sagte der Sprecher. "Wir ziehen somit keine Vorteile aus dem Status quo und bewerten mögliche Handlungsoptionen kontinuierlich. An unseren Ansprüchen halten wir aber weiter fest, denn für Fraport ist klar: Wir wollen dem russischen Staat und damit Putin keine Vermögenswerte im dreistelligen Millionenbereich überlassen."

Für diese Position hat der Fraport-Vorstand bisher die Rückendeckung seines zum Teil politisch besetzten Aufsichtsrats.

Neubewertung

"Pulkovo ist ein Zivilflughafen", hatte Hessens Finanzminister Michael Boddenberg (CDU) im März 2022 betont - zeitgleich aber eine Neubewertung der Beteiligung gefordert, sollten sich in Zukunft doch Anhaltspunkte für eine militärische Nutzung des Flughafens ergeben.

Die Landesregierung hat laut Bericht inzwischen das Auswärtige Amt in die Sache eingespannt - dort will man nun eigene Nachforschungen anstellen, welche Rolle Pulkovo für das russische Militär tatsächlich spielt.
© aero.de | Abb.: Flughafen Pulkovo | 22.07.2023 08:03

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Beitrag vom 24.07.2023 - 16:28 Uhr
"...laut den gemeinsamen Recherchen von WDR, NDR und SZ..."

Mit GEZ-Gebühren wird die Arbeit einer privaten (?) Zeitung finanziert?

Nein. Wie kommen Sie darauf? Nur weil Aero.de lediglich einen Link zur SZ Seite hiter einer Paywall setzt?
Hier der gleiche Bericht bei der ARD.
 https://www.tagesschau.de/investigativ/ndr-wdr/russland-krieg-militaer-flughaefen-fraport-hessen-100.html
Prepaid by GEZ :)

mmer wieder mussten Landesregierung und Fraport sich erklären, immer wieder versicherte Fraport-Aufsichtsratschef Michael Boddenberg, der auch hessischer Finanzminister ist, dass es nicht möglich sei, die Beteiligung loszuwerden - es sei denn, man habe Beweise für eine militärische Nutzung des Flughafens.

Es wird dringend Zeit, dass dieser hessische Filz zwischen Fraport und CDU Landesregierung ausgekämmt wird. So richtig was verbessert hat sich da seit den unseligen Machenschaften eines Herrn Koch wohl nicht.
Der hessische Finanzminister ist gleichzeitig Fraport Aufsichtsrat - das ist nicht nur in der aktuellen Situation um illegale Beteiligungen von Fraport geradezu das Modellbeispiel eines Interessenkonflikts.

Dieser Beitrag wurde am 24.07.2023 18:03 Uhr bearbeitet.
Beitrag vom 24.07.2023 - 16:24 Uhr
"...laut den gemeinsamen Recherchen von WDR, NDR und SZ..."

Mit GEZ-Gebühren wird die Arbeit einer privaten (?) Zeitung finanziert?


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