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Lebensgefährlicher Einsatz der U-28 in Afghanistan

U-28 Draco
U-28 Draco, © US Air Force

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WASHINGTON - Ein Hauch des Geheimnisvollen umgibt die U-28 Draco der US Air Force. Das Aufklärungsflugzeug fliegt oft für Spezialkommandos und taucht nur ganz selten in der Öffentlichkeit auf - bis auf einen hochriskanten Einsatz, für den die Besatzungen nun eine hohe Auszeichnung erhielten.

Der Abzug der USA aus Afghanistan im Jahr 2021 endete in einem völligen Chaos. Am 15. August begannen Hubschrauber der US Army, US-Staatsbürger aus der Botschaft in Kabul zu evakuieren, während die Taliban weiter vorrückten.

Dabei unterstützten sie zwei U-28 Draco: drei Besatzungen sollten sicherstellen, dass zu jederzeit eine Maschine in der Luft war, um mit ihren Sensoren Daten der Geschehnisse in der Umgebung zu liefern.

Die "Draco 42 Tagesschicht" machte sich gerade startklar, als rund 90 Meter vom Flugzeug entfernt ein Feuergefecht ausbrach. Trotzdem entschloss sich die Crew zum Start, wie sich der Pilot, Captain Max Arnold, erinnert: "Die Geräusche der Schüsse und die Situation bei der Botschaft machten uns nur noch entschlossener, unseren Job zu erledigen. Unsere Ausbildung und unser Instinkt setzten ein, und wir machten unseren Job fast unterbewusst."

Bis zum letzten Tropfen Sprit

Kurz nach dem Start feuerten die Gegner eine Rakete auf die U-28, die mit einem schnellen Sinkflug gerade noch ausweichen konnte. Schließlich nahm die Besatzung ihre Position ein und überwachte die Botschaft. Als die Nacht hereinbrach, waren alle Treibstoffvorräte aufgebraucht.

Der U-28 blieb nichts anderes übrig, als auf den von tausenden Afghanen überrannten Flughafen von Kabul zu landen. Mithilfe von Nachtsichtgeräten und Sensoren machten sie eine Lücke in der Menschenmasse aus und setzten zur Landung an - mit buchstäblich dem letzten Tropfen Sprit. Wenige Stunden später gingen sie wieder in die Luft, im Zickzack um brennende Fahrzeuge und Körper herum.

Fliegender Kontrollturm

Die Ablösung in Form der Nachtschicht - Draco 43 - behielt trotz gegnerischem Luftabwehrfeuer den Hamid Karzai International Airport im Auge. "Dort gab es viel Bewegung und Verrücktheit", erinnert sich Captain Nicklaus Lutz von der 319th Special Operations Squadron (SOS).

Zu allem Überfluss war der Kontrollturm nicht mehr besetzt, so dass die Draco-Crew auch die anfliegenden C-17 einweisen musste. Die Transporter mit Sicherungstruppen an Bord wollten aufgrund der hektischen Situation auf dem Flughafen schon umkehren.

Dank Draco 43 konnten sie jedoch landen und den Flughafen so für die kommende Evakuierung offenhalten, wie aus der Begründung für die Auszeichnungen hervorgeht.

Türen verbarrikadiert

Auch die dritte Draco-Crew leistete ihren Beitrag und wies die Bodentruppen aus der Luft auf Bedrohungen im Sicherheitsbereich des Flughafengeländes hin. Mit leeren Tanks setzten sie dann zur Landung auf einem Rollweg an. "Da waren einfach zu viele Menschen auf dem Flugfeld - da gab es keinen anderen Platz zum Landen", erzählt Captain James Ryan.

In letzter Sekunde tat sich wieder eine Lücke auf dem Runway auf, und die Piloten schwenkten um. Nach dem Ausrollen mussten sie angesichts der heranstürmenden Menschenmasse das Triebwerk abschalten und die Türen verbarrikadieren. Mit gezogenen Handfeuerwaffen warteten sich auf die zum Schutz heraneilenden eigenen Bodentruppen.

Special Forces

Für ihre Leistungen erhielten die drei Crews nun das Distinguished Flying Cross, die Auszeichnung für herausragende fliegerische Leistungen der US-Streitkräfte. Damit sind erstmals Besatzungsmitglieder der Draco-Einheiten in der Öffentlichkeit gerückt.

Die ansonsten wenig bekannte U-28A entstand auf der Basis der Pilatus PC-12. Sie verfügt unter anderem über verschiedene taktische Kommunikationssysteme und elektro-optische Sensoren zur Informationsgewinnung. Das Muster befindet sich seit Juni 2006 in Dienst.

Die USAF verfügt über knapp 30 Exemplare der U-28A sowie fünf PC-12. Sie sind auf der Cannon Air Force Base (310th und 318th SOS), New Mexico, und in Hurlburt Field (34th und 319th SOS), Florida, stationiert.
© FLUG REVUE - Patrick Hoeveler | Abb.: USAF | 26.11.2023 07:43


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