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Im Lufthansa-Konzern steigt schon wieder die Streik-Gefahr

Brussels Airlines Airbus A320
Brussels Airlines Airbus A320, © Brussels Airlines

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FRANKFURT - Im weiten Reich der Lufthansa hat das Jahr 2024 begonnen, wie das alte aufgehört hat: Mit Pilotenstreiks in einer kleineren Teilgesellschaft. Nach dem fünfstündigen Warnstreik beim neuen Ferienflieger Discover einen Tag vor Heiligabend waren es am vergangenen Wochenende die Piloten der belgischen Tochter Brussels Airlines.

Und die Passagiere des umsatzstärksten Luftverkehrskonzerns in Europa müssen sich auf weitere Unannehmlichkeiten einrichten, denn die Tarifverhandlungen im Zeichen des Kranichs erweisen sich erneut als schwierig.

Mit rund 25.000 Beschäftigten geht das Bodenpersonal der Lufthansa-Gruppe in Deutschland als eine der größten Beschäftigtengruppen an diesem Donnerstag in die Verhandlungen. Deren Streikmacht ist unbestritten und die Forderungen kräftig - 12,5 Prozent mehr Geld, Ende der Mehrarbeit im Osten sowie höhere Schichtzulagen und Inflationsausgleichsprämie.

Ohne Techniker oder Check-in-Personal kann ein Flieger ebenso wenig abheben wie ohne Piloten oder Flugbegleiter. Verdi-Verhandlungsführer Marvin Reschinsky erwartet angesichts der Mobilisierung in den Betrieben bereits in der ersten Runde ein Angebot des Arbeitgebers.

Immer wieder fällt dem MDax-Konzern seine komplizierte Struktur auf die Füße - mit etlichen Teilgesellschaften wie Eurowings, Discover oder als jüngste Tochter die City Airlines neben der Muttergesellschaft. In jedem dieser Unternehmen agieren die unterschiedlichen Gewerkschaften wie die Vereinigung Cockpit, Verdi und die Unabhängige Flugbegleiter Organisation (Ufo), drängen jeweils auf eigene Tarifverträge, gelegentlich auch in scharfer Konkurrenz untereinander.

Dazu kommen die Auslandstöchter in Belgien, der Schweiz, Österreich und vielleicht bald in Italien, so dass im verzweigten Lufthansa-Konzern eigentlich fast immer irgendwo gestreikt wird.

Die Arbeitskämpfe in Grenzen zu halten und ein möglichst gutes Einvernehmen mit den Sozialpartnern zu schaffen, ist die Aufgabe von Personalvorstand Michael Niggemann. Dabei muss er im Auge behalten, dass Lufthansa in allen Segmenten wettbewerbsfähig bleibt.

Soll heißen: Im Punkt-zu-Punkt-Verkehr oder bei Zubringerflügen können in der Konzern-Logik nicht ähnlich hohe Gehälter gezahlt werden wie beim besonders einkömmlichen Transkontinentalverkehr. Auch nicht bei einem für 2023 erwarteten operativen Gewinn von rund 2,6 Milliarden Euro.

Dieser wird laut Vorstandschef Carsten Spohr dringend benötigt, um Investitionen in umweltfreundlichere Flugzeuge, Infrastruktur und Personal zu stemmen.

Obwohl die Friedenspflicht bereits ausgelaufen ist, verlaufen die Verhandlungen mit Ufo für rund 18.000 Flugbegleiterinnen und Flugbegleiter bei der Konzernmutter noch weitgehend friedlich. Ärger gibt es hier eher um die Tochter Cityline, deren rund 1.000 Kabinenkräfte nach dem Willen des Managements zur neuen, fast namensgleichen Gesellschaft City Airlines wechseln sollen.

Das Problem: Die neue Airline agiert nur in München und Frankfurt, während die Cityline noch neun dezentrale Stationen unterhält und daher viele Leute den Arbeitsort wechseln müssten. Annehmbare Bedingungen dafür seien noch nicht mal im Ansatz erkennbar, heißt es bei der Ufo.

Die Pilotengewerkschaft Vereinigung Cockpit versucht mit einer gemeinsamen Tarifkommission, sämtliche Flugbetriebe der Lufthansa in Deutschland abzudecken. Der Lufthansa sollen bei allen Gesellschaften immer dieselben Verhandlungspartner begegnen, ein Gegeneinander-Ausspielen soll so verhindert werden. In der Vergangenheit ging es der VC allerdings häufig darum, ihre Kern-Klientel bei der Lufthansa-Hauptgesellschaft zu schützen.

Dies mit den Interessen der Beschäftigten in den Tochter-Gesellschaften unter einen Hut zu bringen, ist nicht immer leicht. Im Ergebnis konnte Verdi bei der Beteiligung Aerologic und bei der Tochter Eurowings in die VC-Phalanx einbrechen - und dort eigene Tarifverträge für Piloten abschließen.

Wie stark die VC beim neuen Lufthansa-Ferienflieger Discover mit derzeit 24 Flugzeugen ist, wird sich schon in wenigen Tagen zeigen. Die Gewerkschaft hat nach dem ersten Warnstreik ihre Mitglieder zur Urabstimmung über unbefristete Streiks aufgerufen.

Das Unternehmen verlangt nach der vorweihnachtlichen Streikerfahrung zusätzlich eine sogenannte "Sozialpartner-Charta", eine Art Verhaltenskodex. Die VC fasst dies als Einschränkung ihrer tariflichen Rechte auf und bläst zum möglicherweise folgenreichen Arbeitskampf: Konnten die fünf Stunden am Tag vor Heiligabend noch im Flugplan "weggeatmet" werden, rechnet man im Konzern im Falle eines längeren Streiks mit etlichen Flugausfällen.

Gegenseitige "Streikversprechen"

Auch sonst besteht für die Passagiere durchaus Anlass zu neuen Streiksorgen: Dem Lufthansa-Bodenpersonal sollte der Konzern wohl spätestens bei der zweiten Runde am 23. Januar ein Angebot vorlegen.

Laut Verdi haben sich die Beschäftigten bereits an mehreren Standorten untereinander ihrer Kampfbereitschaft versichert und sogenannte "Streikversprechen" abgegeben. Spätestens Mitte März will Verdi laut Verhandlungsführer Reschinsky dann einen Abschluss sehen, sonst seien Urabstimmung und Streiks unausweichlich.
© dpa-AFX, aero.de | Abb.: Lufthansa | 17.01.2024 10:31

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Beitrag vom 21.01.2024 - 22:55 Uhr
Ich behaupte, SaintEx kennt nicht die Entscheidungsprozesse und argumentiert aus seiner Weltanschauung heraus, die ja den meisten Lesern hier bekannt ist. Und ja, ich kenne die Prozesse der Entscheidungsfindung, weil ich in diesem Bereich gearbeitet habe. Das ist nun mal so, auch wenn ich jetzt nicht meine Tätigkeitsbeschreibung hochladen werde.

Und nein, nicht nur ich weiß, die bei LH Maßnahmen zur Entscheidungsreife gebracht werden, aber besser als SaintEx weiß ich es auf alle Fälle.

Ja, genau das war das Ausgangsproblem. Sie sehen mich daher etwas sprachlos ob dieser Tiraden.
Ich denke wir sollten hier abbrechen.
Beitrag vom 21.01.2024 - 22:14 Uhr
Dann haben Sie mich anscheinend mißverstanden.
Ich habe lediglich Kritik geübt an Ihrer Behauptung, "dauerhafte Profitabilität" sei das entscheidende Kriterium zur Beurteilung von AOC Gründungen. (Das schreibe ich jetzt bestimmt schon zum 10. Mal).

Sorry, aber genau das habe ich nie behauptet - auch wenn Sie es noch ein elftes Mal niederschreiben.

Warum haben Sie es dann nicht schon beim spätestens zweiten Mal klargestellt?

SaintEx hat beschrieben, wie aus seiner Sicht Entscheidungen bei LH werden getroffen:

...

Zu "Entscheidungen bei LH" habe ich mich nicht geäußert. Ich habe Vermutungen angestellt, warum ständig neue, kurzlebige AOCs gegründet wurden, obwohl diese in Summe mehr Geld verbrannt haben dürften, als es die Mainline je getan hätte.


Okay, wenn Sie hier "Vermutungen" angestellt haben, dann habe ich Vermutungen angestellt, dass Sie nicht genügend Informationen haben zu Beurteilung der Sinhaftigkeit von Entscheidungen haben. Okay?

Fakt ist: Es wurden Hunderte von Managementpositionen geschaffen

Quellen bitte!

- die McKinseys und BCGs sind jahrelang ein- und ausgegangen und das sicherlich nicht "for free"

Sicher nicht, aber wurde denn deren Empfehlungen gefolgt? Bitte Quellen hierfür!

- CS hat öffentlich angekündigt, die Macht der VC und anderer Mitbestimmungsorgane in der Group "zurückdrängen" zu wollen (z. B. durch Outsourcings) - es wurde wohl deswegen auch kein einziger, ernsthafter Versuch unternommen, Lösungen innerhalb der Mainline-Ops zu finden.

Auch dafür bitte Quellen? Was wurde denn zur Ertüchtigung der Mainline im dezentralen Verkehr gemacht und nicht gemacht?

Also, ich empfinde das alles als ziemlich emotionales und wenig besonnenes Vorgehen.

Doch nur, wenn Ihre "Vermutungen" stimmen, daher frage ich nach den Quellen für Ihre "Vermutungen". Wobei as Wort "Vermutungen" bisher noch nicht in Ihren Kommentaren vorkam!

Und das ist m. E. einer der Hauptgründe für die hohe Streikbereitschaft innerhalb der DLH-Group.

Auch wieder eine "Vermutung".

Ich behaupte, SaintEx kennt nicht die Entscheidungsprozesse und argumentiert aus seiner Weltanschauung heraus, die ja den meisten Lesern hier bekannt ist. Und ja, ich kenne die Prozesse der Entscheidungsfindung, weil ich in diesem Bereich gearbeitet habe. Das ist nun mal so, auch wenn ich jetzt nicht meine Tätigkeitsbeschreibung hochladen werde.

Und nein, nicht nur ich weiß, die bei LH Maßnahmen zur Entscheidungsreife gebracht werden, aber besser als SaintEx weiß ich es auf alle Fälle.

Wenn's Ihnen gut tut, behaupten Sie das ruhig weiter. Nur, wissen tun Sie's nicht und das bleibt auch so.

Genau so wie Sie "vermuten" (Ihre Worte) und nicht "wissen".

Dieser Beitrag wurde am 21.01.2024 22:17 Uhr bearbeitet.
Beitrag vom 21.01.2024 - 22:00 Uhr
Okay, ich probier's auch nochmal: Die Grundannahme in Ihrem Beispiel war, daß die dezentralen Verkehre innerhalb der Mainline nicht in die Profitabilität zu bringen wären. Deswegen hatten Sie drei Optionen angeführt, damit umzugehen und die dritte Option näher beschrieben. Ich habe daraufhin aber Ihre Grundannahme in Frage gestellt (weil ich diese These nicht teile, sondern unterstelle, daß mit der Neugründung von Group-internen AOCs in Wahrheit ganz andere Ziele verfolgt werden). Dies wiederum hatten Sie als Einwand auf die von Ihnen beschriebene, dritte Option verstanden und geschimpft, ich würde Optionen also nur akzeptieren, wenn sie profitabel seien. Im Grunde ein Missverständnis also. Bemerkenswert war allerdings das Donnerwetter, was daraufhin losbrach und davon hat @EricM im Laufe der Diskussion ja auch noch einiges abbekommen.

Dann haben Sie mich anscheinend mißverstanden.
Ich habe lediglich Kritik geübt an Ihrer Behauptung, "dauerhafte Profitabilität" sei das entscheidende Kriterium zur Beurteilung von AOC Gründungen. (Das schreibe ich jetzt bestimmt schon zum 10. Mal).

Sorry, aber genau das habe ich nie behauptet - auch wenn Sie es noch ein elftes Mal niederschreiben.

SaintEx hat beschrieben, wie aus seiner Sicht Entscheidungen bei LH werden getroffen:

...

Zu "Entscheidungen bei LH" habe ich mich nicht geäußert. Ich habe Vermutungen angestellt, warum ständig neue, kurzlebige AOCs gegründet wurden, obwohl diese in Summe mehr Geld verbrannt haben dürften, als es die Mainline je getan hätte.
Fakt ist: Es wurden Hunderte von Managementpositionen geschaffen - die McKinseys und BCGs sind jahrelang ein- und ausgegangen und das sicherlich nicht "for free" - CS hat öffentlich angekündigt, die Macht der VC und anderer Mitbestimmungsorgane in der Group "zurückdrängen" zu wollen (z. B. durch Outsourcings) - es wurde wohl deswegen auch kein einziger, ernsthafter Versuch unternommen, Lösungen innerhalb der Mainline-Ops zu finden.
Also, ich empfinde das alles als ziemlich emotionales und wenig besonnenes Vorgehen. Und das ist m. E. einer der Hauptgründe für die hohe Streikbereitschaft innerhalb der DLH-Group.

Ich behaupte, SaintEx kennt nicht die Entscheidungsprozesse und argumentiert aus seiner Weltanschauung heraus, die ja den meisten Lesern hier bekannt ist. Und ja, ich kenne die Prozesse der Entscheidungsfindung, weil ich in diesem Bereich gearbeitet habe. Das ist nun mal so, auch wenn ich jetzt nicht meine Tätigkeitsbeschreibung hochladen werde.

Und nein, nicht nur ich weiß, die bei LH Maßnahmen zur Entscheidungsreife gebracht werden, aber besser als SaintEx weiß ich es auf alle Fälle.

Wenn's Ihnen gut tut, behaupten Sie das ruhig weiter. Nur, wissen tun Sie's nicht und das bleibt auch so.


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