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Lufthansa sucht "kurzfristig Lösungen" mit Ufo und Verdi

Michael Niggemann
Michael Niggemann, © Lufthansa

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FRANKFURT - Die von erneuten Streiks ausgebremste Lufthansa fordert von den Gewerkschaften Ufo und Verdi Lösungen am Verhandlungstisch. Laut Lufthansa-Personalvorstand Michael Niggemann liegen die jeweiligen Tarifforderungen und die Angebote des Konzerns nicht mehr weit auseinander.

"Wir haben sowohl bei Verdi als auch bei Ufo gute, weitreichende Angebote gemacht, beide mit Gehaltssteigerungen um rund zehn Prozent", sagte Niggemann, am Dienstagmorgen am Frankfurter Flughafen. "Ich denke, das ist die Basis, um kurzfristig Lösungen zu finden. Wir sind verhandlungsbereit."

Nach den von Verdi organisierten Warnstreiks beim Bodenpersonal in der vergangenen Woche traten am Dienstag Flugbegleiterinnen und Flugbegleiter der Lufthansa und der Regionaltochter Lufthansa Cityline in Frankfurt in den Ausstand.

Von 4.00 Uhr morgens bis 23.00 Uhr am Abend sollten an Deutschlands größtem Flughafen alle Lufthansa-Abflüge bestreikt werden. Die Lufthansa ging am Montag davon aus, dass wegen des Ausstands 600 Flüge in Frankfurt ausfallen werden, 70 000 Passagiere seien davon betroffen.

Für diesen Mittwoch (13.3.) hat Ufo dann das Lufthansa-Kabinenpersonal am Flughafen München von 4.00 Uhr bis 23.00 Uhr zum Streik aufgerufen. Dort werden nach Einschätzung der Lufthansa 400 Flüge mit 50.000 Fluggästen nicht abheben können.

Um an den beiden Ufo-Streiktagen Fluggästen Alternativen zu bieten, hat die Lufthansa nach Angaben eines Sprechers ihr Angebot auf der Strecke zwischen Frankfurt und München kurzfristig ausgebaut. Nach Ende der Streiks müssten Passagiere vereinzelt noch mit Verspätungen und Flugausfällen rechnen.

Ufo hatte am Wochenende die insgesamt etwa 19.000 Flugbegleiter der Lufthansa und der Lufthansa Cityline zum Streik aufgerufen. Die Flugbegleiter der Kerngesellschaft und der Regionaltochter Cityline hatten zuvor in getrennten Urabstimmungen mit jeweils mehr als 96 Prozent für den Streik gestimmt.

Die Gewerkschaft Ufo fordert für die etwa 18.000 Kabinenbeschäftigten der Lufthansa und die knapp 1.000 Kräfte der Cityline im Kern 15 Prozent mehr Geld bei einer Vertragslaufzeit von 18 Monaten. Außerdem will Ufo eine Inflationsausgleichsprämie von 3.000 Euro sowie höhere Zulagen erreichen.

Die Lufthansa hat nach eigenen Angaben bei einer Laufzeit von 24 Monaten eine Erhöhung der Tarifgehälter von 6,0 Prozent zum August 2024 und weitere 3,25 Prozent zum August 2025 angeboten. Zudem sollen die Kabinenbeschäftigten im April 2024 eine Inflationsausgleichsprämie in Höhe von 3000 Euro erhalten.

"Ich verstehe auch unsere Mitarbeitenden, die Kolleginnen und Kollegen der Kabine machen einen tollen Job, keine Frage. Aber der Streik ist der falsche Weg", sagte Personalvorstand Niggemann. "Streik bringt keine Lösung, Lösungen gibt es nur am Tariftisch."

Der Manager betonte, die Lufthansa habe "mit die besten Konditionen der Branche", das zeige auch die hohe Zahl an Bewerbungen.

Neue Termine

Die Verhandlungen mit Verdi für die etwa 25.000 Beschäftigten am Boden sollen an diesem Mittwoch und Donnerstag (13./14.3.) fortgesetzt werden. Die Gewerkschaft Verdi verlangt bei einer Laufzeit von zwölf Monaten 12,5 Prozent mehr Geld, während das Unternehmen bei einer Laufzeit von 28 Monaten bislang 10 Prozent angeboten hat. Vergleichsweise unstrittig ist nach vier Verhandlungsrunden eine Inflationsausgleichsprämie von 3.000 Euro.

"Wir werden mit Verdi morgen und übermorgen verhandeln, wir haben ein unseres Erachtens gutes Angebot vorgelegt", sagte Niggemann. "Morgen und übermorgen gilt es da Lösungen zu finden."

Ufo-Chef Joachim Vázquez Bürger hatte mit Verweis auf den in der vergangenen Woche von der Lufthansa für 2023 vorlegten Nettogewinn von fast 1,7 Milliarden Euro gemahnt: "Die Kabine muss nun auch an diesem Erfolg beteiligt werden und die Zugeständnisse, die während der Corona-Krise gemacht wurden, müssen ausreichend kompensiert werden."

Lufthansa-Personalvorstand Niggemann appellierte an die Gewerkschaften: "Das Ergebnis des letzten Jahres zeigt es doch: Wenn wir gemeinsam zusammenarbeiten, wenn wir fliegen, dann können wir diese Rekordgewinne auch erwirtschaften." Streiken sei "der falsche Weg, streiken verbrennt Geld".
© dpa-AFX, aero.de | Abb.: Lufthansa | 12.03.2024 10:35

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Beitrag vom 12.03.2024 - 15:50 Uhr
Natürlich werden Lösungen am Verhandlungstisch erzielt. Aber offensichtlich benötigt Herr Niggemann vorher sehr viel Druck in Form von Streiks um ein verhandlungsfähiges Angebot zu erstellen. Warum kommen jetzt bessere Angebote als vor den Streiks? Weil Herr Niggemann erst nun zustimmt das Angebot zu verbessern. Also wird das Angebot, dass am Verhandlungstisch besprochen wird durch Streiks erzielt solange Herr Niggemann dabei ist.

Eigentlich witzig wie dem Unternehmen immer vorgeworfen wird, dass man ja die Streiks bräuchte um die Forderungen durchzusetzen, während die Unternehmen eigentlich nie von Ihrem Arbeitskampfmittel der Aussperrung gebrauch machen. Das könnte man ja auch mal wieder öfter machen um auch auf der Gewerkschaftsseite mehr Bewegung in der Verhandlung zu bekommen.

Ich wieder hole mich da gerne: Warum redet man immer nur über verhandlungsfähige Angebote, aber nie über verhandlungsfähige Forderungen? Dann wird einem immer gleich um die Ohren gehauen, dass man ja gegen die Mitarbeiter ist etc etc.

Lustig auch, was die Verdi zum Thema Aussperrung schreibt:
Ja, er kann alle Beschäftigten aussperren, d.h. auch den Arbeitswilligen den Zugang zum Betrieb verweigern. Er kann dies auch z.B. in einem anderen Betriebsteil tun, der nicht zum Streik aufgerufen ist. ver.di-Mitglieder, die von einer solchen Aussperrung betroffen sind, erhalten dann ebenfalls Streikunterstützung. Nicht in der Gewerkschaft Organisierte stehen dann ohne Unterstützung da. ver.di lehnt die Aussperrung politisch ab, der Arbeitgeber will damit die Gewerkschaft finanziell ausbluten und die Wut der nicht Organisierten auf die Gewerkschaft schüren. Da die Arbeitgeber die wirtschaftliche Macht haben, brauchen sie nach gewerkschaftlicher Auffassung keines gesonderten Arbeitskampfmittels. Aussperrung ist nicht verboten, jedoch eingeschränkt worden, d.h. es darf nur im Geltungsbereich des Tarifvertrages ausgesperrt werden, und die Verhältnismäßigkeit hinsichtlich Dauer und Umfang zum Arbeitskampf muss gewahrt werden.

Man lehnt das politisch ab? Puh, was das für einen Aufschrei gibt, wenn das ein Unternehmen zum Streik sagt. Das Unternehmen wolle die Gewerkschaft finanziell ausbluten? Ja was will denn die Gewerkschaft mit den Streiks? Man wolle die Wut der nicht Organisierten auf die Gewerkschaft schüren? Ach, was macht denn die Gewerkschaft mit einem Streik? Da will man doch auch die Wut der Kunden auf das Unternehmen schüren...

Alos schon witzig, wie sich die Sichtweisen ändern, je nachdem in welcher Position man ist... aber ja, die bösen sind ausschließlich die Unternehmen, der Grund allen Übels.

Da wird die Verdi gleich noch unsympathischer. Mit Krokodilstränen kennt man sich ja bestens aus.
Beitrag vom 12.03.2024 - 15:12 Uhr
Wenn das die Vorstellung von der hier immer wieder eingeforderten Sozialpartnerscaft ist,

IIRC wurde eine solche "Sozialpartnerschaft" doch gerade letztens von der LG Geschäftsleitung gefordert.
War das aber nicht eigentlich ein Euphemismus für der Versuch, eine Genehmigungspflicht für Streiks durch den Arbeitgeber durchzusetzen?
Nein, das gibt es schon viel länger. Auch die GW fordern die ebenfalls und gehen gerne damit hausieren, wo sie so eine SP haben und wie toll das läuft… wenn man nicht so genau hin schaut. Gerade bei der GW die Sie erwähnen ;-)

Vielleicht ganz interessant dazu:  https://100-prozent-tarif.de/2024/02/14/dak-gesundheit-wer-wind-saet-wird-sturm-ernten/

daraus:
Die DAK-Gesundheit kürzt den Teilnehmenden, die sich am 05. Februar 2024 am Warnstreik beteiligt haben, das Entgelt. Mit diesem Schritt greift erstmalig ein DAK-Vorstand die Sozialpartnerschaft mit ver.di an.

Soso, Sozialpartnerschaft bedeutet für Verdi scheinbar auch, dass ein Unternehmen auch dann normal das Gehalt weiterzahlt, wenn die Mitarbeiter nicht zur Arbeit kommen.

Finde ich jetzt auch etwas komisch, oder verstehe ich da etwas falsch?
Beitrag vom 12.03.2024 - 15:06 Uhr
Aussperrungen sind doch hier eher hypotetisch. Oder soll jetzt die LH ihren Laden selbst für 3 Tage dicht machen? Dann sind ja die Gewerkschaften als Buhmann bei den Kunden raus, und teuer wird es trotzdem. Klingt das wirklich sinnvoll?

Warum denn eigentlich nicht? Wenn die UFO streikt, dann sperrt man die Bodenmitarbeiter aus. Müsste doch eigentlich gehen, da man ja mit beiden gerade im Tarifkonflikt ist. Und umgekehrt genauso. Fliegt dann eh nichts, dann kann man sich auch das Personal sparen. Zumal man dann auch die ausperrt, die nicht in der Gewerkschaft sind. Würde doch perfekt in das Bild passen, dass hier einige Foristen sehr extrem vertreten, dass der Vorstand doch eh nichts anderes mehr im Sinn hat als die Mitarbeiter zu spalten; das ist ja quasi deren Lebensaufgabe jetzt.


Aber nein, bevor hier gleich das Geschrei losgeht, ich sehe das natürlich auch nicht als die sinnvollste Variante an und denke nicht, dass man das machen sollte. ICh wollte nur einmal darauf hinweisen, dass das Unternehmen durchaus auch Mittel hätte den Konflikt zu eskalieren, aber komischerweise der Streik, der ja das Mittel der GEwerkschaft ist, heutzutage auch immer nur dem Unternehmen zugeschoben wird. Das passt halt irgendwie in meinen Augen nicht.

Und die Erklärung der Verdi zum Thema Aussperren finde ich durchaus interessant, wenn man sich die Kommunikation der Gewerkschaften so angucken, wenn es um deren Streiks geht. (Aber da gehe nicht davon aus, dass hier viele meine Sichtweise teilen werden, dass mir das etwas nach Doppelmoral aussieht).

Könnte daran liegen, dass die AG-Seite hier im Kommentarbereich unterrepräsentiert ist ... Da müssen nun Sie und @contrail(😉) dafür in die Bresche springen. Und @gordon, @fraham, @... So wenig sind es ja dann doch auch wieder nicht, oder?

Muss es ja auch nicht. Eine differenzierte Betrachtung beider Standpunkte kann man ja auch haben, ohne dass man zur Unternehmensführung gehört. Ich hab das schon mal irgendwo geschrieben hier: Wieso wird dem Unternehmen immer vorgeworfen, dass die sich nicht in die Lage der Mitarbeiter reinversetzen, aber dann liest man hier diese ganzen Kommentare und guckt, was die Gewerkschaften so von sich geben.... da ist so viel Doppelmoral dabei.


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