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Der Jakowlew Superjet SJ-100 wartet weiter auf den Jungfernflug mit russischen PD-8-Turbofans. Eigentlich hätte dieser 2024, ursprünglich sogar noch früher, stattfinden sollen, doch das PD-8 war noch nicht so weit.
Jetzt, da sich das Jahr dem Ende neigt, hört man aus Russland fast dieselben Sätze, die schon 2023 zu vernehmen waren: Anfang des kommenden Jahres, spätestens vor Ablauf der ersten Jahreshälfte, solle der remotorisierte Superjet abheben. Dieses Mal aber wirklich, ganz bestimmt, auf jeden Fall.
Dieser Überzeugung gab zumindest der neue Industrie- und Handelsminister Russlands, Anton Alichanow, in einem Interview mit dem Fernsehsender Rossija-24 Ausdruck. Die immer noch laufenden Bodentests mit dem PD-8 stünden vor dem Ende, "einige" Tests seien bereits abgeschlossen. "Jetzt warten wir eigentlich nur auf die Erlaubnis, mit den Flugtests zu beginnen."
Das klingt optimistisch, allerdings warten die Superjet-Verantwortlichen schon seit fast einem Jahr auf diese Erlaubnis. So kündigte Ende 2023 Juri Sljusar, Generaldirektor der Flugzeugbau-Holding UAC, im Dezember 2023 auf Rossija-24 an, der mit PD-8 bestückte Superjet könne Anfang 2024 fliegen, es fehle nur noch grünes Licht vom Motorenlieferanten UEC (United Engine Corporation).
"Eines der schwierigsten Probleme"
Den ersehnten Segen erteilte UEC bekanntlich bis heute nicht - und zwar deshalb, weil der neu entwickelte Motor, der das russisch-französische SaM-146-Triebwerk des Superjet ersetzen soll, bei Prüfstand- und Bodentests diverse Schwächen offenbarte.
Man habe "die Notwendigkeit zusätzlicher Arbeiten festgestellt", konstatierte UEC Ende Dezember 2023 - um im Februar des Folgejahres den Produktionsbeginn neuer Triebwerksschaufeln für das PD-8 "aus modernsten hitzebeständigen Legierungen" bekanntzugeben.
Alichanows Vorgänger als Industrie- und Handelsminister, Denis Manturow, bezeichnete "Probleme im Zusammenhang mit der Erprobung des PD-8-Motors" im Februar 2024 als "eines der schwierigsten Themen, auf die wir achten müssen."
200 Testflüge notwendig
Ob die Russen die Probleme des PD-8 inzwischen im Griff haben und somit tatsächlich Anfang 2025 mit der Flugerprobung beginnen können, ist unbekannt. Klar ist aber, dass das Zulassungsprogramm für den russifizierten Superjet rund 200 Testflüge erfordert - und wenn irgendwie möglich bis Ende 2025 abgeschlossen sein soll, damit 2026 - mit dreijähriger Verspätung - endlich die ersten Serienflugzeuge ausgeliefert werden können.
Dabei ist das PD-8-Triebwerk nur eine von vielen Baustellen auf dem Weg zur vollständigen Russifizierung des Superjet, der in seiner Ursprungsausführung ein betont internationales Projekt war. 38 ausländische Komponenten und Systeme muss die russische Luftfahrtindustrie gegen Pendants aus der Heimat ersetzen.
Eine Mammutaufgabe, erst recht deshalb, weil die Superjet-Umrüstung beileibe nicht das einzige Großprojekt für Russlands zivilen Flugzeugbau darstellt.
Nur ein voll-russischer Prototyp
Um den ohnehin längst überdehnten Zeitplan doch noch irgendwie zu retten, plant die Industrie, die anstehende Flugerprobung des jetzt von UAC-Tochter Jakowlew vermarkteten Regionaljets auf drei Prototypen zu verteilen, von denen allerdings nur ein einziger als "Vollversion" komplett ohne westliche Bauteile unterwegs sein soll.
Dieses dritte Testflugzeug trägt die Seriennummer 97003 und befindet sich derzeit im Flugzeugwerk Komsomolsk am Amur im Bau. Der noch mit SaM-146, aber teilweise mit russischen Systemen ausgestattete erste Prototyp 97001 fliegt bereits seit August 2023.
Das zweite Testflugzeug 97002, das erste mit PD-8-Motoren, ist in die eingangs erwähnten Bodentests eingebunden. Auch die 97002 ist lediglich zum Teil mit russischen Komponenten ausgestattet. Um welche es sich hierbei konkret handelt, ist nicht bekannt.
© FLUG REVUE - Patrick Zwerger | Abb.: UAC | 29.09.2024 07:55
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