DÜSSELDORF - Eine streitbare Umweltorganisation zerrte Eurowings wegen Werbung für CO2-Kompensation vor Gericht. Die Lufthansa-Tochter unterlag in zwei Instanzen - und muss jetzt ziemlich viel Information in die Claims packen. Das ist für den Klimaschutz im Luftverkehr keine gute Nachricht.
"CO2-neutral reisen … jetzt ausgleichen und abheben" - so knackig darf Eurowings nicht mehr für CO2-Kompensation bei der Flugbuchung werben.
Das Oberlandsgericht Köln hat ein entsprechendes Urteil der Vorinstanz bestätigt, geklagt hatte die Deutsche Umwelthilfe.
Eurowings bot Passagieren an, durch den Flug verursachte CO2-Emissionen durch den Einsatz nachhaltigen Treibstoffs oder die Möglichkeit zur Investition in Klimaschutzprojekte, wie Waldschutz- und Aufforstungsprojekte, ganz oder anteilig zu kompensieren.
Das Landgericht Köln hatte diese Werbung bereits als "irreführend" untersagt."Die Gestaltung der Internetseite lege das Verständnis nahe, dass der Ausgleich bereits erfolge, bevor der Flug starte, also bevor der Kunde abhebt", wies das Oberlandesgericht die Berufung der Lufthansa-Tochter jetzt ab. Denn ein "relevanter Teil der Verbraucher" werde erwarten, "dass er etwas erwerbe, was eine sofortige Kompensation der Umweltbelastung durch den geplanten Flug auslöse".
Nach Ansicht des Oberlandesgerichts hätte Eurowings - in unmittelbaren Zusammenhang mit der Werbeaussage - Kunden darüber aufklären müssen, "dass die Kompensation unter Umständen tatsächlich erst in der Zukunft erfolgen werde, wobei das genaue Ausmaß von einer Prognose abhängen könne".
Das ist ziemlich viel Erklärarbeit, über die sich Lufthansa nach dem Urteil auch an anderer Stelle im Konzern Gedanken machen müssen wird.
Trend zum AusgleichDie Deutsche Umwelthilfe kreidete 2024 auch Lufthansa direkt irreführende Werbeaussagen bei der Kompensation an. Die richterlichen Werbevorgaben kommen für Lufthansa zur Unzeit.
Die Kompensationsangebote des Konzerns fassen gerade Tritt. Seit 2023 bot Lufthansa auf ausgewählten Teststrecken Tickets mit eingebauter CO2-Kompensation an,
erst vor wenigen Tagen hat Lufthansa die "Green Fares" auf fast das gesamte Flugnetz ausgeweitet."Im ersten Jahr haben durchschnittlich drei Prozent der Gäste das Angebot genutzt", teilte Lufthansa im März mit. "In der Business Class werden bereits bei elf Prozent der Buchungen über die Portale der Lufthansa Group Green Fares Tickets ausgewählt.
Besonders erfolgreich erwiesen die Green Fares auf Strecken wie Hamburg-München, Zürich-London und Frankfurt-Berlin.
Lufthansa sieht einen Trend zur Kompensation. "Die Nachfrage steigt in allen Buchungsklassen weiterhin kontinuierlich", hieß es im Frühjahr aus Frankfurt.
Werbung mit viel Wenn, Aber und Vielleicht - wie jetzt von der Deutschen Umwelthilfe erstritten - dürfte der weiteren Verbreitung der Tickets und damit dem Klimaschutz kaum helfen.
© aero.de | Abb.: Eurowings, Flughafen Düsseldorf | 17.12.2024 13:47
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Beitrag vom 19.12.2024 - 19:35 Uhr
@fbwlaie
Nach Ansicht des Oberlandesgerichts hätte Eurowings - in unmittelbaren Zusammenhang mit der Werbeaussage - Kunden darüber aufklären müssen, "dass die Kompensation unter Umständen tatsächlich erst in der Zukunft erfolgen werde, wobei das genaue Ausmaß von einer Prognose abhängen könne"."
Das klingt recht abenteuerlich. Prognose?
Die durch die Bepflanzung erzielbare CO2-Bindung wird auf Basis verschiedener Parameter, die nur mehr oder wneiger gut geschätzt werden können, prognostiziert, d.h. man berechnet die mögliche CO2-Einlagerung über die gesamte Lebenszeit der Bepfanzung hinweg aufsummiert voraus und verkauft diese bereits jetzt. Kein Mensch weiß aber, ob die Bäume überhaupt so alt werden wie versprochen, ob sie nicht vorher durch Krankheit oder menschliche Eingriffe ausfallen, usw. Offenbar konnte man wohl auch noch nicht mal eine eingerechnete halbwegs realistische Ausfallrate nachweisen.
Beitrag vom 18.12.2024 - 19:58 Uhr
@ Eric M
Ich meinte die EU ETS´, damit kann dann doch CO2 Menge vom Markt weggekauft werden, z.Zt. um � 68/t:
https://www.umweltbundesamt.de/daten/klima/der-europaeische-emissionshandel#vergleich-von-emissionen-und-emissionsobergrenzen-cap-im-stationaren-eu-ets-1
Muss ja nicht nur fürs Fliegen erfolgen, kann man auch für andere persönliche "Fussabdruckvergrößernde" Aktionen erfolgen. Auch Ihre Verlinkung @ Heise schreibt ja auch deutlich das es da Unterschiede gibt:
"Seit nun schon fast zwei Jahrzehnten diskutieren Verhandler der internationalen Klimarahmenkonvention (UNFCCC) ein Konzept unter dem Namen REDD+, um den Schutz von Wäldern als Kohlenstoffspeicher finanziell attraktiv zu machen. Obwohl die genauen Vorschriften immer noch nicht stehen, boomt inzwischen eine Klimaschutzindustrie, die weltweit viele eigenständige, freiwillige REDD+-Projekte ins Leben rief (nicht zu verwechseln mit dem verpflichtenden COâ??-Emissionshandel, etwa beim Europäischem Emissionshandel EU-ETS)."
Beitrag vom 18.12.2024 - 01:52 Uhr
@EricM,
eine systematische Begrünung würde nur sehr langfristig wirksam werden. Ein Tweil des Holzes könnte man durch langfristige Nutzung dem typischen Holzkreislauf zeitweise entziehen. Das wäre dann mehr klimaorientiert.
Falls man das nicht mehr genutzte Holz in alten tiefen Stollen lagern würde, wäre es dem normalen CO2-Zyklus entzogen.
Das sind am Ende doch nur Träumereien, weil es hier um immer grössere Flächen und sehr viel Disziplin
und hohe Kosten
geht.
M. E. ist keine praktisch durchführbare Lösung in Sicht.
Da stimme ich vollkommen zu.
Einmal im Jahr weniger fliegen hat einen deutlich größeren Effekt als alle Ausgleichsmaßnahmen, die heute auf dem Markt sind.
Dieser Beitrag wurde am 18.12.2024 01:52 Uhr bearbeitet.
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Nach Ansicht des Oberlandesgerichts hätte Eurowings - in unmittelbaren Zusammenhang mit der Werbeaussage - Kunden darüber aufklären müssen, "dass die Kompensation unter Umständen tatsächlich erst in der Zukunft erfolgen werde, wobei das genaue Ausmaß von einer Prognose abhängen könne"."
Das klingt recht abenteuerlich. Prognose?
Die durch die Bepflanzung erzielbare CO2-Bindung wird auf Basis verschiedener Parameter, die nur mehr oder wneiger gut geschätzt werden können, prognostiziert, d.h. man berechnet die mögliche CO2-Einlagerung über die gesamte Lebenszeit der Bepfanzung hinweg aufsummiert voraus und verkauft diese bereits jetzt. Kein Mensch weiß aber, ob die Bäume überhaupt so alt werden wie versprochen, ob sie nicht vorher durch Krankheit oder menschliche Eingriffe ausfallen, usw. Offenbar konnte man wohl auch noch nicht mal eine eingerechnete halbwegs realistische Ausfallrate nachweisen.
Ich meinte die EU ETS´, damit kann dann doch CO2 Menge vom Markt weggekauft werden, z.Zt. um � 68/t:
Muss ja nicht nur fürs Fliegen erfolgen, kann man auch für andere persönliche "Fussabdruckvergrößernde" Aktionen erfolgen. Auch Ihre Verlinkung @ Heise schreibt ja auch deutlich das es da Unterschiede gibt:
"Seit nun schon fast zwei Jahrzehnten diskutieren Verhandler der internationalen Klimarahmenkonvention (UNFCCC) ein Konzept unter dem Namen REDD+, um den Schutz von Wäldern als Kohlenstoffspeicher finanziell attraktiv zu machen. Obwohl die genauen Vorschriften immer noch nicht stehen, boomt inzwischen eine Klimaschutzindustrie, die weltweit viele eigenständige, freiwillige REDD+-Projekte ins Leben rief (nicht zu verwechseln mit dem verpflichtenden COâ??-Emissionshandel, etwa beim Europäischem Emissionshandel EU-ETS)."
eine systematische Begrünung würde nur sehr langfristig wirksam werden. Ein Tweil des Holzes könnte man durch langfristige Nutzung dem typischen Holzkreislauf zeitweise entziehen. Das wäre dann mehr klimaorientiert.
Falls man das nicht mehr genutzte Holz in alten tiefen Stollen lagern würde, wäre es dem normalen CO2-Zyklus entzogen.
Das sind am Ende doch nur Träumereien, weil es hier um immer grössere Flächen und sehr viel Disziplin
und hohe Kosten
geht.
M. E. ist keine praktisch durchführbare Lösung in Sicht.
Da stimme ich vollkommen zu.
Einmal im Jahr weniger fliegen hat einen deutlich größeren Effekt als alle Ausgleichsmaßnahmen, die heute auf dem Markt sind.
Dieser Beitrag wurde am 18.12.2024 01:52 Uhr bearbeitet.