In Braunschweig stapelten sich 2023 Gesundheitsakten von Piloten: Das LBA kam streckenweise mit der Bearbeitung fliegerärztlicher Verweisungen nicht hinterher. Hunderte Piloten bangten um Lizenz und Existenz - viele konnten über Monate nicht fliegen - und zogen vor Gericht.
Für die Klärung flugmedizinischer Lizenzfragen ist das LBA-Referat L6 zuständig. In Einzelfällen überlange Bearbeitungszeiten haben sich laut Kreisen durch erhöhten Personaleinsatz im L6 zwar verkürzt, Piloten und Fliegerärzte fürchten gerade aber eine neue Verweisungswelle.
Denn die EASA hat Vorgaben bei Tauglichkeitsuntersuchungen in zentralen Punkten verschärft. "Im Rahmen der zum 13.02.2025 erfolgten Verordnungsänderung kam es im Bereich der Kardiologie vor allem bei den Anforderungen an den Untersuchungsumfang für eine Tauglichkeit der Klasse 1 zu Anpassungen", teilte das LBA aero.de mit.
Die Neuregelungen betreffen Piloten ab einem Lebensalter von 65 Jahren beziehungsweise von 60 Jahren, wenn sie Bereich der Helicopter-Emergency-Services (HEMS) eingesetzt werden, "sowie den Bereich der Piloten ab einem Lebensalter von 40 Jahren", heißt es aus Braunschweig.
Fliegerärzte fürchten insbesondere in der zweiten Gruppe mehr Verweisungen - und Verunsicherung - als bisher.
Für Piloten ab 40 Jahren schreibt die EASA nun "regelmäßig eine Erhebung und Beurteilung der kardiovaskulären Risikofaktoren als Teil der Tauglichkeitsuntersuchung" vor, teilte das LBA mit. Bei "Vorliegen von Risikofaktoren" könne eine "kardiovaskuläre Beurteilung erforderlich" werden.
"Die neuen Vorgaben stellen Risikofaktoren in den Mittelpunkt und werden damit in der fliegerärztlichen Praxis ein Mehraufkommen bei Verweisungen lostreten", sagte ein Fliegerarzt aus dem Frankfurter Raum, der namentlich nicht genannt werden möchte, aero.de. "Das ist Konsens in der fliegerärzlichen Community."
Lufthansa: Keine gravierenden Auswirkungen
Lufthansa, Hauptarbeitgeber von Piloten in Deutschland, erwartet gleichwohl keine spürbaren Ausfallzeiten beim Cockpitpersonal Ü40. "Die Regelung ist uns bekannt; wir rechnen mit keiner gravierenden Auswirkung", sagte ein Lufthansa-Sprecher aero.de. Diese Einschätzung teilt man auch in Braunschweig.
"Zwar ist es auf den ersten Blick naheliegend, dass ein veränderter Untersuchungsumfang auch zu einer Erhöhung der einzuleitenden Verweisungsverfahren führen könnte", erklärte das Bundesamt aero.de. "Dennoch ist ein signifikanter Anstieg der Verweisungszahlen hierdurch nicht zu befürchten, da die betroffenen Piloten auch bereits nach bisheriger Rechtslage ganz überwiegend zu verweisen gewesen wären."
Im Falle der Piloten über 40 Jahren sei eine "Erhebung der meisten der nun zu erhebenden Risikofaktoren ebenfalls bereits an unterschiedlichen Stellen in der Verordnung vorgesehen", wenn auch nicht "gebündelt in einer einzelnen Bestimmung".
Anforderungen an HEMS-Piloten "geringfügig geringer"
Im Falle der HEMS-Piloten ab einem Lebensalter von 60 Jahren stelle sich der Sachverhalt insofern anders dar, "als dass die Tätigkeit dieser Piloten nicht gesondert in der Verordnung geregelt war und lizenzrechtliche Vorgaben einer Tätigkeit regelmäßig entgegenstanden".
Um einer "hierdurch bedingten Minderversorgung der HEMS-Betriebe" entgegenzuwirken, hat das Luftfahrt-Bundesamt in Zusammenarbeit mit den betroffenen Betrieben der Pilotengruppe eine Ausnahmegenehmigung erteilt, nach welcher die Piloten trotz Erreichen der Altersgrenze unter Auflagen in Form weitergehender medizinischer Untersuchungen dennoch im HEMS-Betrieb eingesetzt werden durften.
"Gegenüber den Anforderungen dieser Ausnahme sind die nun seit dem 13.02.2025 geltenden europäischen Vorgaben geringfügig geringer", heißt es vom LBA.
© aero.de | Abb.: Airbus | 15.03.2025 06:20
	
	
	
	









 
			 
			
 
			

Kommentare (8) Zur Startseite
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wieder ein Grund, zur ACG zu wechseln, oder zumindest sein medical in Ã? zu machen
das kann einem ja niemand verbieten
bei einem kompletten wechsel der zuständigkeit (Lizenz) ist ja meist die airline dagegen
Ist auf der Datenbasis wohl schwierig zu sagen, da eine Suche alleine nach "incapacitated" auch viele Fälle von Smoke/Fume Events umfasst, die entsprechende Auswirkungen hatten, sowie Alkohol- und Drogen-Auswirkungen.
Zudem muss man uU eine über die Zeit sich ändernde Meldepraxis mit beachten.
Dies waren exakt die Gründe meiner Nachfrage hier. Da ich davon ausgehe, dass nur ein Teil der Vorkommnisse auf dem AH dokumentiert sind, und die genauen Ursachen teilweise fehlen, ist die Konsultation der Primärquelle in Form von hier vertretenen Piloten eine recht gute Möglichkeit, eine qualifizierte Information von der Basis zu erhalten.
Ist auf der Datenbasis wohl schwierig zu sagen, da eine Suche alleine nach "incapacitated" auch viele Fälle von Smoke/Fume Events umfasst, die entsprechende Auswirkungen hatten, sowie Alkohol- und Drogen-Auswirkungen.
Zudem muss man uU eine über die Zeit sich ändernde Meldepraxis mit beachten.