Flug 5X2976
06:27 Uhr

Bleibt die MD-11 jetzt für immer am Boden?

Absturzstelle von Flug 5X2976
Absturzstelle von Flug 5X2976, © NTSB

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LOUISVILLE - Der Start einer MD-11 von UPS in Louisville endet in einem Inferno: 14 Menschen sterben als der Frachter aus niedriger Höhe in Gewerbeanlagen hinter der Startbahn einschlägt. Die US-Luftfahrtaufsicht FAA verhängt ein Flugverbot. Beendet Flug 2976 die aktive Zeit der MD-11?

Flughafen Louisville, 4. November 2025: UPS 2976 beschleunigt auf 17R zum Start nach Honolulu. Sekunden später stürzt die MD-11, ein Umbaufrachter, aus rund 30 Meter Höhe in ein Gewerbegebiet am Flughafen.

Alle drei Insassen und elf Menschen am Boden finden den Tod, die Unfallstelle erstreckt sich über mehrere Hundert Meter, zeigen Drohnenaufnahmen der US-Flugunfallbehörde NTSB.

Per dringlicher Lufttüchtigkeitsanweisung groundet FAA am Wochenende alle 58 in den Vereinigten Staaten angemeldeten MD-11 - und deutet eine Unfallursache an. "Linkes Triebwerk und Pylon" sind von der MD-11 in Louisville beim Start von der Tragfläche weggebrochen. Und das könnte auch bei anderen MD-11 passieren, erklärt die FAA das Grounding.

Der MD-11 - Nachfolger der DC-10, Erstflug 1990 - haftet in Fliegerkreisen ein zweifelhafter Ruf an. Claus Cordes, früher A380-Kapitän bei Lufthansa und heute DAeC-Präsident, hält die MD-11 wegen diverser Technikmängel für eigentlich nicht zulassungsfähig. Cordes kennt das Flugzeug aus über 8.500 Flugstunden im MD-11-Cockpit.

Absturzstelle von Flug 5X2976, © NTSB
 
Gegenüber dem aero.de-Partner "FLUG REVUE" gab der Pilot eine Einschätzung zum Unfallhergang in Louisville ab.

Ein Triebwerksverlust beim Start könnte laut Cordes Folgeschäden am Flügel und am dortigen Tank bewirkt haben. Dabei sei nicht nur Treibstoff, sondern wahrscheinlich auch Hydraulikflüssigkeit verbrannt, woraufhin die Vorflügel am linken Flügel der MD-11, wegen Druckmangels in den Stellzylindern, wieder eingefahren sein könnten.

So erklärt Cordes sich, dass das Flugzeug trotz seines extremen Anstellwinkels nicht habe abheben können.

Problematisches Handling, viele Unfälle

In der Geschichte der MD-11 kam es zu zehn Totalverlusten mit insgesamt 256 Toten, allein 229 Menschen starben beim folgenschwersten MD-11-Absturz - Swissair Flug 111 am 2. September 1998 vor der kanadischen Atlantikküste. 2010 hatte Lufthansa Cargo einen MD-11F-Totalverlust bei einer Landung in Riad, die Piloten überlebten.

Flug- und besonders das Landeverhalten der MD-11 gelten unter Piloten als anspruchvoll, immer wieder kam es zu Tailstrikes.

Die Konstrukteure hatten den Trijet - mit einigen Kompromissen und Kniffen - auf maximale Reichweite ausgelegt. Die Flugstabilität leidet unter unterdimensionierten Leitwerken, die MD-11 hat eine hecklastige Charakteristik. Kurze Tragflächen bedingen höhere Geschwindigkeiten bei Starts- und Landungen.

Von 200 gebauten MD-11 sind nur noch in den USA Flugzeuge in größerer Stückzahl als Frachter und Umbaufrachter angemeldet. Lufthansa Cargo, die 2001 die letzte je gebaute MD-11F erhielt, musterte die Teilflotte 2021 aus - die Flugzeuge wurden in die USA verkauft, auch an UPS. Der Unfall Louisville könnte die MD-11 für immer auf den Boden zwingen.
© aero.de | Abb.: NTSB | 13.11.2025 06:27

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Beitrag vom 13.11.2025 - 20:56 Uhr
Danke für die sachliche Einschätzung und die Geduld in Sachen Ursachenforschung.
Beitrag vom 13.11.2025 - 20:26 Uhr
@HHPit: Danke für die sachliche und polemikfreie Auflistung von diversen möglichen issues.

Gibt es hier im Forum Piloten, die aktiv MD11 geflogen sind und zu den Punkten fachlich was wissen lassen können?
Es kann ja wohl nicht sein, dass Herr Cordes alleinige Person mit einer flugtechnischen Aussage zur MD11 ist...
Danke schon mal im Voraus

Ich wollte mich eigentlich nicht mehr dazu äußern, bevor die Voice und datarecorder ausgewertet wurden.
Aber da Sie die Frage so explizit stellen, ja, ich bin 9 Jahre MD11 geflogen und kenne Cordes persönlich als Kollegen!
Und klar, so könnte das schon abgelaufen sein, aber warten wir es doch einfach mal ab!
Grundsätzlich war die MD11 ein toller Flieger, keiner der die geflogen ist, war nicht gerne dabei. das mit Abstand größte Cockpit, die größten Cockpitfenster aller derzeitigen Airliner, und sehr ruhig vorne, das war schon beeindruckend.
Aber dadurch, dass vieles einfach von der DC 10 übernommen wurde, wie z.B. der größte Teil des Flügels, bei gleicher Flügelfläche, des Stabilizers (oder sogar kleinerem) aber bei deutlich höherem MTOW, war die erforderliche Geschwindigkeit bei Start und Landung teilweise sehr sportlich.
Ich erinnere mich an einen Flug nach MEX, mit Max landing weight, leichtem ( 4kt) Rückenwind, da waren wir sehr nahe an der Max Tire Speed von 204kt beim Touchdown!
Die MD11 war absolut kein Flugzeug für Anfänger, die Limits waren schon recht eng gesteckt, und viel hat der Flieger halt nicht verziehen, ganz anders als zum Beispiel die 747, da hieß es „easy going on the Boeing“
Natürlich ist die Totalverlust Quote erschreckend hoch, bei nur 200 gebauten Fliegern. Nur waren die Gründe ganz unterschiedlich, und nicht immer dem Design zuzuordnen.
Bin wirklich gespannt, was diesmal wirklich passierte!
Beitrag vom 13.11.2025 - 19:34 Uhr
"allein 229 Menschen starben beim folgenschwersten MD-11-Absturz - Swissair Flug 111 am 2. September 1998 vor der kanadischen Atlantikküste"

Es ist doch nicht fair diesen Vorfall in der Statistik besonders hervorzuheben, wo doch dieser MD11 Verlust im Zusammenhang mit einem Isolierungsfehler bei Ertüchtigung des In-flight Entertainment Systems stand. Das hat auch überhaupt Nichts mit der generellen performance des Fliegers zu tun.


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