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Aeroflot: Zur Not ab Bratislava

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Crossover, © Ingo Lang, edition airside / aero.at

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WIEN - Die Zeit wird knapp, trotz Schonzeit bis Ende des Winterflugplans am 27. März. Es reibt sich zwischen Kreml und Ballhausplatz, auf höchster Ebene. Knackpunkt des Streits: Wieviel Austria steckt in dem in Moskau abgegebenen 'Air Austria'-Paket? Nach EU-Recht sollte das kein Problem sein, im Kreml ticken die Uhren aber anders, zum Teil archaisch, zum Großteil aber russisch, und das hat durchaus Logik: Die Russen spielen auf Zeit.

Strategisch gesehen ist Österreich freilich kein Gegner. Die AUA wie auch Flyniki sind in jeder russischen Provinz ein gern gesehener Gast. In dem ungleichen Länderstreit geht’s im Grunde auch um ganz was anderes. Das Schlagwort heißt 'Effective control' und dahinter stehen knallharte, aber verständliche Interessen der Russen. Die Modernisierung ihrer Luftfahrt geht schleppend voran, bei den Airlines wie in der Industrie. Flogen früher vor allem Einheimische vorwiegend in überalteten Tupolews nach Westen, suchen die russischen Airlines heute mit modernstem westlichen Gerät den Anschluss an die westeuropäischen Märkte.

Ob privat wie Transaero oder halbstaatlich wie Aeroflot, für die russischen Airlines ist das ein mühsames Geschäft. Während zu Sowjetzeiten die Aeroflot zu Hause mehr als genug zu tun hatte, teilten sich die Westairlines gemütlich den Markt nach Russland auf, allen voran die Lufthansa und weit mehr als ihr in ihrem Heimatmarkt auch zustand, die strikt neutrale AUA. Durch deren Zusammenschluss entstand freilich eine aviatische Großmacht, die den internationalen Russlandverkehr schon fast monopolartig kontrolliert.

Chancenlos eine Aeroflot, die trotz Partnerschaft mit Skyteam in Westeuropa bis dato kaum landen konnte. Der kürzliche Versuch über die tschechische CSA in Mitteleuropa Fuß zu fassen und hier eine strategische Basis aufzubauen, scheiterte genauso wie das atlantische Bündnis mit Air France, Paris liegt für die Russen viel zu weit im Westen.

Was heißt 'effective control'? Wer wo das sagen hat. Für die Russen sei nicht der Standort eines Unternehmens entscheidend, sondern von wo aus es kontrolliert, also gesteuert wird. Im Fall der privatisierten AUA also ganz klar von der Lufthansa: In ihren Augen ist 'Austrian' heute ein deutscher Satellit. Und daran könne weder ein blauäugiges noch ein blaublütiges Bekenntnis zur immerwährenden rot-weiß-roten Staatsbürgerschaft was ändern, die Stiftung der Austria Holding gilt in Moskau als so unecht wie ein Stiftszahn. Und eben das kann auch kein noch so gutes Wort vom Bundeskanzler ändern.

Moskau besteht wie Brüssel auf mehr Wettbewerb

Die Interessenlage der Russen liegt auf der Hand: Mit 380 wöchentlichen Russlandkursen hat sich die Lufthansa einen uneinholbaren Vorsprung eingeflogen, der durch die kürzlichen Übernahmen, vor allem jene der AUA nochmal beträchtlich anwuchs. Wollen die Russen in absehbarer Zeit in Westeuropa mitspielen, muss die Dominanz der Lufthansa eingebremst werden, koste es, was es wolle.

Nutznießer dieser Entwicklung könnten freilich unabhängige Airlines wie die Air Berlin sein, oder vor Ort FlyNiki. Die Russen wollen nicht den Verkehr aus Westeuropa beschränken, sie wollen mehr Wettbewerb im Markt. Vor allem aber keine nationalstaatlichen Präferenzen zugunsten der großen Konzernairlines. Der Wink mit dem Zaunpfahl, ohne Rechte für die AUA könnte auch eine Aeroflot nicht mehr nach Wien fliegen, ließ die Russen freilich kalt. Zur Not geht's dann für sie zum Opernring halt über Bratislava.
© Kommentar Bob Gedat, aero.at / edition airside, Wien | Abb.: Ingo Lang, Edition Airside | 01.03.2010 11:23


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