Nachtflugverbot in FRA
Älter als 7 Tage

Lufthansa Cargo sieht Frachterflotte in Gefahr

Karl-Ulrich Garnadt
Karl-Ulrich Garnadt, © Deutsche Lufthansa AG

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SEOUL - Die Frachtairline Lufthansa Cargo sieht durch das Nachtflugverbot in Frankfurt langfristig die Existenz ihrer Frachterflotte in Gefahr. "Unsere Frachter vom Typ MD-11 sind ja nicht so alt. Sie werden noch einige Jahre fliegen", sagte Lufthansa-Cargo-Chef Karl Ulrich Garnadt im Gespräch mit der Finanz-Nachrichtenagentur dpa-AFX in Seoul. "Bis zum Jahr 2025 wollen wir die Flotte ersetzen und zusätzliche Flugzeuge bestellen."

Neue Frachter lohnten sich allerdings nur, wenn sich mit ihnen mehr Geld verdienen lasse, als wenn die Fracht in den Gepäckräumen der Passagierflieger mitbefördert werde.

Derzeit hat Lufthansa Cargo 18 Exemplare der MD-11 in Betrieb. Hinzu kommen acht Boeing 777-Frachter von AeroLogic, dem Gemeinschaftsunternehmen mit der Deutschen Post DHL und sechs derzeit stillstehende Boeing-Jumbos der China-Beteiligung Jade. Lufthansa Cargo hat längst fünf Exemplare des 777-Frachters bestellt, von denen die ersten beiden Ende kommenden Jahres ausgeliefert werden sollen.

"Wir hatten die neuen Maschinen bisher für das Wachstum unseres Geschäfts vorgesehen", sagte Garnadt. "Ob wir mit ihnen am Ende nicht doch Teile unserer bestehenden Flotte durch die neuen Flugzeuge ersetzen, werden wir im nächsten Jahr entscheiden, wenn wir die Konsequenzen aus der neuen Nachtflugregelung in Frankfurt einschätzen können." Mit einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts in Leipzig über das Nachtflugverbot wird nicht vor Ende März gerechnet.

Seit einer Eilentscheidung des Kasseler Verwaltungsgerichtshofs sind Starts und Landungen in Frankfurt zwischen 23 und 5 Uhr seit Ende Oktober strikt verboten. Wegen der kurzfristig erzwungenen Umstellung des Flugplans hat Lufthansa Cargo dadurch laut Garnadt einen zweistelligen Millionenbetrag verloren. "Wir hatten im November und Dezember einen Schaden von etwa 20 Millionen Euro. Wenn wir jetzt planbar einen langfristigen Flugplan aufbauen müssen, rechnen wir immer noch mit einer Ergebnisbeeinträchtigung von 40 Millionen Euro pro Jahr."

Keine Alternative zu Frankfurt


Vor allem den sogenannten Nachtsprung nach New York und Chicago konnte das Unternehmen seinen Kunden nur noch mit Einschränkungen anbieten. "Das sind vor allem zeitkritische Güter, die wir bisher über Nacht in die USA geflogen haben, und die am selben Tag ausgeliefert werden müssen", sagte Garnadt. Für Lufthansa Cargo sei dies besonders lukrativ. "Normale Luftfracht ist 20-mal so teuer wie Seefracht. Express- und Spezialtransporte werden aber 50-mal so hoch vergütet." Weil Lufthansa Cargo einen Preiskampf mit der Konkurrenz nicht gewinnen könne, müsse sie auf solche lukrativen Dienstleistungen setzen.

Trotz der Einschränkungen hält der Manager an Deutschlands größtem Flughafen als zentralem Standort fest. "Für uns gibt es zu Frankfurt keine Alternative." Die Frachter müssten an einem Standort mit den Passagierfliegern des Mutterkonzerns zusammentreffen, in deren Bäuchen rund die Hälfte der Fracht zu 160 Zielen in aller Welt befördert wird. Die reinen Frachtmaschinen steuern nur 70 Ziele an. Rund 70 Prozent der in Frankfurt abgewickelten Sendungen und 60 Prozent der Tonnage würden als sogenannte Transitfracht umgeladen, sagte Garnadt.

Der verschärfte Sparkurs der Lufthansa geht an der zuletzt besonders erfolgreichen Frachtsparte unterdessen nicht spurlos vorüber. "Wir werden uns im Wesentlichen anschauen, ob wir bestimmte Dinge, die wir im Moment in der Cargo machen, stattdessen gemeinsam mit dem Konzern wahrnehmen", sagte Garnadt. Dabei geht es etwa darum, beim Einkauf weitere Synergien zu erzielen. Insgesamt will die Lufthansa mit ihrem neuen Gewinnsteigerungsprogramm ihren Profit um 1,5 Milliarden Euro im Jahr verbessern.

Garnadt hat auch das Ziel von Konzernchef Christoph Franz im Blick: "Im langjährigen Schnitt eine operative Marge von acht Prozent zu erreichen, ist ein ehrgeiziges Ziel, dem wir uns auch als Cargo verpflichtet fühlen." In den ersten neun Monaten 2011 hatte die Konzerntochter diesen Wert mit 7,8 Prozent fast erreicht. "Es wird aber auch wieder Jahre geben, in denen uns der Markt nicht so gewogen ist", sagte Garnadt.

Entsprechend gab sich der Manager für 2012 vorsichtig: Flugangebot und Frachtvolumen des Unternehmens dürften lediglich stabil bleiben.

Jade noch nicht abgeschrieben

Wichtigster Treiber des Geschäfts bleibt Fernost. "Fast die Hälfte unseres Geschäfts beruht auf Asien", sagte Garnadl. Von 44 Prozent im vergangenen Jahr werde der Anteil der Transporte aus und in diese Region bei Lufthansa Cargo in Kürze auf über 50 Prozent steigen. "Asien - vor allem China - bleibt der Wachstumstreiber"; sagte Garnadt.

Ihren wirtschaftlich angeschlagenen China-Ableger Jade will Lufthansa Cargo daher nicht ohne Weiteres in die Pleite entlassen. "So lange wir eine Chance sehen für eine neue Aufstellung, reden wir mit unseren Partnern", sagte Garnadt. Bis Ende März solle aber eine Lösung gefunden sein.

Die Lufthansa hält ein Viertel an der Fluggesellschaft Jade Cargo, die den Betrieb ihrer aus sechs Boeing-Jumbos bestehenden Frachterflotte vorläufig eingestellt hat. Haupteigner ist mit 51 Prozent die chinesische Air-China-Tochter Shenzhen Airlines, weitere 24 Prozent liegen bei der KfW-Tochter Deutsche Investitions- und Entwicklungsgesellschaft.

Jade hat mit Finanzproblemen zu kämpfen, zumal die Flieger wegen des starken Konkurrenz- und Preisdrucks in jüngster Zeit nur schwach ausgelastet waren. Strittig ist, wie das Unternehmen mit neuem Geld versorgt werden kann, und wie eine künftige Eigentümerstruktur aussehen soll.

Laut "Handelsblatt" benötigt Jade Cargo eine Kapitalspritze von mindestens 50 Millionen Euro, für die Mehrheitseigner Shenzhen seinen Anteil nicht aufbringen wolle. Die Gesellschaft war vor zwei Jahren von der Fluggesellschaft Air China übernommen worden, die dem Vernehmen nach wenig Interesse an dem Fracht-Joint-Venture hat. Lufthansa-Konzernchef Christoph Franz hatte das Engagement bereits vor Monaten in Frage gestellt und eine Lösung des Problems angekündigt.

Emissionshandel belastet frühestens 2013


Der Emissionshandel im Luftverkehr belastet das Frachtgeschäft der Lufthansa hingegen frühestens im kommenden Jahr. Weil das Flugangebot bereits im Januar gesunken sei, müsse Lufthansa Cargo in diesem Jahr keine zusätzlichen Emissionsrechte erwerben, sagte Garnadt. Konzernweit rechnet Europas größte Fluggesellschaft in diesem Jahr hingegen wegen der Emissionsrechte mit einer Belastung von 130 Millionen Euro, die sie nach Möglichkeit von den Passagieren zurückholen will.
© dpa-AFX | Abb.: Deutsche Lufthansa AG | 31.01.2012 08:41

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Beitrag vom 03.02.2012 - 09:14 Uhr
Schon aus Sicherheitsgründen sollte man höher über Grund fliegen (min 2000ft). Dann kann man sich ggf. noch eine Lücke aussuchen!
Das ist auch in Amiland bekannt und an sich gefordert. Auch dort weiß man, dass Krach nicht gesund ist.
ATC (in USA, D,...) mag so etwas aus "betriebstechnischen Gründen" anordnen - korrekt ist deshalb längst noch nicht.
Natürlich spreche ich nicht von Start (schnell Höhe gewinnen und dann kurven) und Landung (unter 500ft AGL keine Kurven fliegen)!.

Dieser Beitrag wurde am 03.02.2012 09:16 Uhr bearbeitet.
Beitrag vom 03.02.2012 - 08:44 Uhr
Das mag ja sein. Aber der Umstand, dass das stattfindet sagt ja nicht, dass es keine Proteste gibt. Ich weiß, dass das eine verflucht schwache Quelle ist aber ich weiß aus dem Roman "Airport" von Arthur Hailey (die Buchvorlage für die Katastrophenfilmreihe wobei das Buch zumindest nach meiner Einschätzung deutlich realistischer ist - Arthur Hailey galt als hervorragender Recherchierer), dass dort Anwohnerproteste eine Rolle spielten.
Beitrag vom 02.02.2012 - 15:22 Uhr
@gyps_ruepelli:

"Und es ist für mich zumindest denkbar, dass es dort ähnliche Diskussionen über Fluglärm gibt..."


Ich erinnere mich an Departures in ORD, LAX, SFO, PHX, MIA, EWR, JFK, ATL, bei denen die Clearance oftmals lautete:

"At 500ft AGL turn right/left direct XYZ" (wobei XYZ oft 500-1000 NM entfernt ist!). Und dabei wird direkt und weiträumig dicht besiedeltes Gebiet überflogen!


Dieser Beitrag wurde am 02.02.2012 15:35 Uhr bearbeitet.


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