BRÜSSEL - Die Zukunft von Air Berlin droht sich in Brüssel zu entscheiden. Spätestens nächste Woche will Air Berlin bei der zweimal vertagten Bilanzvorlage gegenüber Mitarbeitern und Anlegern Farbe bekennen. Die Aktionäre ahnen, dass ihnen dabei der Weg zur Tür gewiesen werden soll.
Der Abschied von der Börse könnte aber an der EU Kommission scheitern. Brüssel nimmt Air Berlin zum Anlass, sich näher mit den Aktionärsstrukturen am europäischen Himmel zu befassen.
Im Kern geht es dabei um die Frage, ob Eigner aus Drittstaaten auch mit Minderheitsanteilen ihre Beteiligungen kontrollieren oder nicht. Wird eine europäische Fluggesellschaft über ein Drittland kontrolliert, verliert sie ihre Betriebsgenehmigung.
Bei einer möglichen Erhöhung ihrer Beteiligung von knapp 30 auf 49,9 Prozent bliebe Etihad bei Air Berlin auf dem Papier zwar unterhalb einer direkten Kontrollmehrheit. Die EU könnte aber eine faktische Kontrolle annehmen.
Für diesen nicht ganz unwahrscheinlichen Fall schickte die EU Kommission in der vergangenen Woche eine deutliche Warnung an die Adresse der deutschen Bundesregierung.
Sollte einer Airline trotz faktischer Kontrolle bei Eignern außerhalb der EU eine Betriebsgenehmigung erteilt werden, "dann müssen wir prüfen, ob wir ein Vertragsverletzungsverfahren gegen das Mitgliedsland einleiten", äußerte sich EU-Generaldirektor Matthias Ruete gegenüber dem "Handelsblatt".
Air Berlin hat nach Einschätzung von Analysten im vergangenen Jahr operativ erneut einen dreistelligen Millionenbetrag verloren. Weil inzwischen auch große Teil der Flotte und des Tafelsilbers verkauft sind, muss Deutschlands Nummer mit allen Mitteln zurück in die schwarzen Zahlen finden.
Air Berlin befinde sich in "fortgeschrittenen Gesprächen über Optionen, die im Fall ihrer Umsetzung einen wesentlichen Einfluss auf die Gesellschaft haben werden", deutete das Management bei der Verlegung der Bilanzvorlage einen Neuanfang an.
In Brüssel sind 49 Prozent nicht 49 ProzentNach übereinstimmenden Medienberichten ist Großaktionär Etihad Airways bereit, zusätzliches Geld in Air Berlin zu stecken und bis zu 49,9 Prozent der Anteile zu übernehmen. Allerdings müsste Etihad auf dem Weg dahin allen übrigen Aktionären ein Pflichtangebot für ihre Aktien unterbreiten.
Damit Etihad in dieser heiklen Phase nicht von Aktien überschwemmt wird, soll der Plan vorsehen, Air Berlin von der Börse zu nehmen. Das Mehrheitspaket von 50,1 Prozent könnte ein überschauberer Gesellschafterkreis aufkaufen. In diesem Zusammenhang fiel der Name von Air Berlin-Gründer Joachim Hunold.
Die EU scheint mit einer solchen Konstruktion ihre Schwierigkeiten zu haben. Brüssel bewegt sich in der Beteiligungsfrage aber selbst auf dem Drahtseil. Im Rahmen von Open-Sky-Abkommen seien "weniger Strenge
Beteiligungsregeln" denkbar, sagte Ruete dem "Handelsblatt" mit Blick in
Richtung USA.
Virgin Atlantic, bei der die US Fluggesellschaft Delta mit 49 Prozent Akienanteil als eher aktiver Investor auftritt, dürfte also kaum um ihre Betriebserlaubnis zu bangen haben.
© aero.de | Abb.: Flughafen Paderborn | 22.04.2014 09:58
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Beitrag vom 23.04.2014 - 08:53 Uhr
Tja, und prompt kommt die Meldung das die ausländischen Anteilseigner bei LH an die 40,7% halten. Die vinkulierten Namensaktien in Bezug auf Fonds möchte ich nach wie vor anzweifeln. Dieses ganze Konstrukt ist nmE nicht wirklich haltbar. Wenn die 45% erreicht werden, und das kann ganz schnell gehen bei dem derzeitigen Zufluss ausländischen Kapitals in deutsche Standardwerte und die LH das Verkaufsverbot der Vnks ergreifen muss, dürfte die Notierung im DAX stark gefährdet sein. Denn eine Voraussetzung ist, das eine gewisse Prozentzahl der Aktien freihandel bar sein muss, wenn ein Unternehmen im DAX notiert ist.
Ein Abschied aus dem DAX dürfte eine völlig andere Kapitalmarktsituation auslösen. Gefährliches Konstrukt.
Beitrag vom 22.04.2014 - 21:28 Uhr
Trotz der dreimonatigen Offenlegungspflicht ...
... die LH ...
Lufthansa hat vinkulierte Namensaktien, d.h. die Lufthansa erfährt immer die Namen der Anteilseigner und kann ggf. die Übertragung verbieten (daher "vinkuliert"). Somit ist ausgeschlossen, dass sich Ausländer die Mehrheit kaufen können. Das gilt auch zwischen den Offenlegungszeitpunkten.
Treuhandkonstruktionen gehen natürlich trotzdem ...
Beitrag vom 22.04.2014 - 12:51 Uhr
Trotz der dreimonatigen Offenlegungspflicht der Aktionärsstruktur ist es durchaus nicht auszuschliessen, das deutsche Aktienfonds wie z.B. PIMCO, der der Allianz gehört, durchaus mehrheitlich via Fondsbeteiligungnen in nicht-europäischer Hand liegen könnten. Das wiederum könnte durchaus zur Folge haben das eine vermeintlich deutsche Mehrheitsbeteiligung an der Lufthansa nur scheint als wäre sie deutsch.
Insofern ist eine Regelung für ein börsennotiertes Unternehmen, dessen Aktien im Freiverkehr handelbar sind, zur Mehrheit in deutschen Händen zu verweilen, durchaus fragwürdig.
Um auf dieser Regelung zu beharren, muss der Aktienhandel im Freiverkehr prozentual begrenzt werden.
Das hätte zur Folge, das Unternehmen sich ggfs. aus den großen Aktienindizies verabschieden müssten, was wiederum zur Folge hätte, das Bewertungen durch Unternehmen wie Standard&Poors schlechter ausfallen würden. Das wiederum würde die Kapitalbasis verschlechtern, da z.B. Unternehmensanleihen zu schlechteren Konditionen zu bekommen wären.
Sollte die LH und andere Unternehmen in der EU intervenieren und Prüfungen der Aktionärsstrukturen oder der Anteilseigner vorantreiben, könnte der Schuss unter Umständen nach hinten losgehen. Immer auch etwas weiter nach vorne denken, bitte!
Letztendlich ist jede Form von Protektionismus immer tödlich und wiedermal kann man nur für die Abschaffung der Luftverkehrssteuer plädieren und sich vielleicht noch fragen warum via bilateralen Abkommen nicht EU-Staaten wie Türkei unseren Markt von jedem deutschen Provinzflughafen leersaugen und ein Wahnsinnswachstum in Instanbul hinlegen ohne das es jemanden interessiert.
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Ein Abschied aus dem DAX dürfte eine völlig andere Kapitalmarktsituation auslösen. Gefährliches Konstrukt.
... die LH ...
Lufthansa hat vinkulierte Namensaktien, d.h. die Lufthansa erfährt immer die Namen der Anteilseigner und kann ggf. die Übertragung verbieten (daher "vinkuliert"). Somit ist ausgeschlossen, dass sich Ausländer die Mehrheit kaufen können. Das gilt auch zwischen den Offenlegungszeitpunkten.
Treuhandkonstruktionen gehen natürlich trotzdem ...
Insofern ist eine Regelung für ein börsennotiertes Unternehmen, dessen Aktien im Freiverkehr handelbar sind, zur Mehrheit in deutschen Händen zu verweilen, durchaus fragwürdig.
Um auf dieser Regelung zu beharren, muss der Aktienhandel im Freiverkehr prozentual begrenzt werden.
Das hätte zur Folge, das Unternehmen sich ggfs. aus den großen Aktienindizies verabschieden müssten, was wiederum zur Folge hätte, das Bewertungen durch Unternehmen wie Standard&Poors schlechter ausfallen würden. Das wiederum würde die Kapitalbasis verschlechtern, da z.B. Unternehmensanleihen zu schlechteren Konditionen zu bekommen wären.
Sollte die LH und andere Unternehmen in der EU intervenieren und Prüfungen der Aktionärsstrukturen oder der Anteilseigner vorantreiben, könnte der Schuss unter Umständen nach hinten losgehen. Immer auch etwas weiter nach vorne denken, bitte!
Letztendlich ist jede Form von Protektionismus immer tödlich und wiedermal kann man nur für die Abschaffung der Luftverkehrssteuer plädieren und sich vielleicht noch fragen warum via bilateralen Abkommen nicht EU-Staaten wie Türkei unseren Markt von jedem deutschen Provinzflughafen leersaugen und ein Wahnsinnswachstum in Instanbul hinlegen ohne das es jemanden interessiert.