TUI, Air Berlin und Lufthansa wollen einen entsprechenden Bericht des Magazins "Der Spiegel" zwar nicht bestätigen, aber auch nicht dementieren. "In dieser Branche redet jeder mit jedem", sagte ein Air-Berlin-Sprecher lediglich.
Analystin Martina Noß von der Nord/LB kann sich gut vorstellen, dass es sich bei den Gesprächen zwischen Hannover und Berlin um mehr handelt als um den Versuch, Lufthansa und Thomas Cook in den Dreier-Verhandlungen unter Druck zu setzen. "Ziel von TUIfly muss sein, in einem größeren Bündnis aufzugehen", sagt die Branchenexpertin.
Nur so könne die Gesellschaft eine höhere Sitzauslastung und bessere Konditionen - etwa bei Versicherern und Flughäfen - erzielen, um künftig wieder Gewinne einzufliegen. Angesichts weiterhin hoher Ölpreise und nachlassender Konsumlaune der Verbraucher steige der Druck, eine Lösung zu finden, sagt Noß. TUIfly schreibt nach ihrer Einschätzung bereits seit längerem Verluste - der Konzern veröffentlicht diese Zahl allerdings nicht.
VERHANDLUNGEN DAUERN MONATE STATT WOCHEN
Seit Ende 2007 spricht TUI mit der Lufthansa über ein Zusammengehen ihrer Billigflug-Ableger. Der Zeitplan lief bereits im Frühling 2008 aus dem Ruder. Eine Einigung bis Mitte Mai, die TUI-Travel-Chef Peter Long in Aussicht gestellt hatte, war nicht zu halten. Als im Sommer die bereits ausgemachte Fusion von Condor und Air Berlin platzte, stieg Condor als möglicher dritter Partner in die Verhandlungen mit Germanwings/Lufthansa und TUIfly ein. Thomas-Cook-Chef Manny Fontenla-Novoa sagte vor wenigen Tagen, es "keine Sache von Wochen, sondern von Monaten", bis eine Einigung erreicht sein werde.
Dann könnte es bereits zu spät sein, wenn die Verhandlungen zwischen TUIfly und Air Berlin ernst gemeint sind. Bis Frühjahr 2007 hatten beide Gesellschaften im Codesharing zusammengearbeitet, beide Airlines verkauften Flüge der jeweils anderen unter einer eigenen Flugnummer. Schon früher war eine Fusion der beiden Airlines im Gespräch gewesen, kam aber nicht zustande.
KARTELLRECHTLICHE BEDENKEN
Fraglich bleibt unterdessen, wie das Kartellamt die eine oder andere Konstellation beurteilen würde. "Das Dreierbündnis habe ich unter Konkurrenz- und Wettbewerbsgesichtspunkten für fragwürdig gehalten", sagt Analystin Noß. Schließlich wären an einer TUIfly-Condor-Germanwings die beiden größten Reiseveranstalter Europas beteiligt. Zudem entstünde mit rund 30 Millionen Fluggästen mit einem Schlag die zweitgrößte deutsche Fluggesellschaft nach Lufthansa und vor Air Berlin.
Bei einem Zusammengehen von Air Berlin und TUIfly wären die Bedenken geringer, schätzt sie. Beim gescheiterten Zusammenschluss der Berliner mit Condor hatte die Behörde noch gestört, dass beide Airlines Langstreckenflüge anbieten. Dieser Kritikpunkt greift bei TUIfly nicht.
Bleibt die Frage nach den künftigen Besitzverhältnissen. Der Aktienkurs von Air Berlin ist in den vergangenen anderthalb Jahren auf gerade mal ein Viertel des damaligen Werts gefallen. Die ganze Gesellschaft kostet derzeit nur noch rund 260 Millionen Euro. Würde TUI ihre Fluggesellschaft gegen Air-Berlin-Aktien eintauschen, könnte sie je nach Bewertung leicht die Mehrheit an der neuen Airline bekommen. Dabei hatten TUI wie Thomas Cook bislang darauf abgezielt, sich von der Mehrheit an ihren deutschen Airlines zu trennen.
RÜCKKEHR INS NEST MÖGLICH
Analystin Noß hält ein Zusammengehen von TUIfly und Air Berlin dennoch für möglich: "Da gibt es eine Menge Möglichkeiten, wie man derzeit etwa an der Postbank-Übernahme durch die Deutsche Bank sieht", und verweist damit auf diese Übernahme in zwei Schritten. Als Alternative bliebe für Air Berlin und TUIfly, die Codesharing-Flüge wieder aufzunehmen und sich so zusätzliche Einnahmen zuzuschieben. Condor könnte dann mit Germanwings zurück ins Lufthansa-Nest, aus dem sie einst als "Ferienflieger der Lufthansa" startete.
© dpa-AFX | Abb.: Photur, Berliner Flughäfen | 15.09.2008 15:03
Kommentare (1) Zur Startseite
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Insofern kann ich mir gut vorstellen, daß der TUIfly-Belegschaft gestern der *rsch auf Grundeis gegangen ist. Man fürchtet nicht nur, mit dem bereits im Sinken begriffenen Schiff AB unterzugehen, auch die Gehälter sind andere, und die Arbeitsbedingungen, vorsichtig ausgedrückt, "schwieriger" - wer hat schon bei AB Kabinenpersonal >60 gesehen, wie es bei LH, Condor, TUIfly und der alten LTU des öfteren anzutreffen ist? Bei AB schafft man´s eher nicht bis zur Rente, entweder man ist früh ausgebrannt oder entlassen, weil man sich bei Krankheit mal hat krankschreiben lassen, anstatt sich die Ohren zu ruinieren und die frühe Flugunfähigkeit zu riskieren.
Auch für AB ist TUIfly sicher ein schwieriger Partner, ähnlich der LTU. Auch hier gibt es starke Betriebsräte, gute Tarifverträge und eine Menge Ressentiments gegen Hunold und seinem Führungsstil.
Es ist nicht auszuschließen, daß Frenzel die Gespräche nur führt, um Thomas Cook und Lufthansa etwas Druck zu machen, bei der eigentlichen Wunschhochzeit TUIfly-Condor-Germanwings endlich nicht mehr herumzueiern, sondern Nägel mit Köpfen zu machen. Die drei würden auch besser zusammenpassen - AB mußte gerade erst Condor ziehen lassen, verkleinert die Flotte, und soll jetzt doch noch eine Integration verkraften, wo sie die LTU noch nicht mal verdaut hat? Schwer vorstellbar, aber es paßt zu dem risikofreudigen Hunold.
Gruß Debaser