Weitgehendes Nachtflugverbot erwartet
Älter als 7 Tage

VGH: Frankfurter Flughafen darf ausgebaut werden

KASSEL (dpa) - Der Frankfurter Flughafen darf ausgebaut werden, allerdings müssen die Nachtflüge stärker eingeschränkt werden als geplant. Das hat der Kasseler Verwaltungsgerichtshof (VGH) am Freitag entschieden und damit grünes Licht für das Milliardenprojekt gegeben. Die Einschränkung des Nachtflugbetriebs bedeutet aber einen erheblichen Rückschlag für die klagenden Fluggesellschaften.



Die Zulassung von 17 Flügen zwischen 23.00 und 5.00 Uhr sei nicht mit dem gesetzlich gebotenen Schutz der Nachtruhe vereinbar, sagte Senatsvorsitzender Hartmut Zysk in der Urteilsbegründung. "Der Senat verkennt nicht die erheblichen wirtschaftlichen Interessen im Nachtflugverkehr. Dem steht aber die außerordentliche Lärmbelastung gegenüber, der zahlreiche Menschen ausgesetzt wären."


Die Zahl der Nachtflüge muss jetzt neu geregelt werden. Hierzu gestand der VGH den klagenden Kommunen und Anwohnern eine Revision zum Bundesverwaltungsgericht zu, die diese auch in Anspruch nehmen wollen. Die übrigen Klagen wurden abgewiesen ohne Recht auf Revision. Damit ist insbesondere Lufthansa der weitere Rechtsweg versperrt.

Lufthansa forderte 41 Nachtflüge

Der Flughafenbetreiber Fraport wird für vier Milliarden Euro eine vierte Bahn und ein drittes Terminal bauen. Die neue Landebahn Nordwest soll im Herbst 2011 in Betrieb genommen werden. Bislang zählt der Flughafen jährlich etwa 50 Millionen Fluggäste und arbeitet am Rand seiner Kapazität. Für das Jahr 2020 werden 88 Millionen Passagiere erwartet.

Befürworter erhoffen sich 40.000 neue Arbeitsplätze. Vor dem VGH hatten Gegner des Ausbaus wie Anrainerkommunen und Umweltverbände geklagt, aber auch die Lufthansa, der bereits die bisher eingeplanten Nachtflugregeln zu streng waren.

Die Baugenehmigung für die Flughafenerweiterung sah 17 Nachtflüge vor. Lufthansa strebte demgegenüber zunächst 41 Nachtflüge an, machte in der Klage aber nur noch 23 hiervon geltend.

Lufthansa: "Frankfurt katapultiert sich ins Abseits"

Entsprechend hat Lufthansa auf den Richterspruch "mit Unverständnis" reagiert. "Wenn ein Regionalflughafen wie Kassel-Calden vier Nachtflüge bekommt und ein internationaler Großflughafen wie Frankfurt keinen, ist mit Händen greifbar, dass das nicht gerecht ist", sagte Lufthansa-Anwalt Markus Deutsch.

Die Fluggesellschaft betrachte das Urteil als nicht befriedigend, erklärte Deutsch. "Wir bedauern das sehr und können es auch nicht ganz verstehen. Denn ganz ohne Frage wird dieses Urteil ganz erhebliche wirtschaftliche Auswirkungen auf die Lufthansa und Frankfurt haben."

Ein Sprecher der Fluggesellschaft sagte, Frankfurt werde damit "konsequent von den globalen Luftfrachtströmen abgenabelt". "Dies wird sowohl für den Exportweltmeister Deutschland, als auch speziell für Lufthansa Cargo massive negative Auswirkungen haben. Europas größter Luftfracht-Flughafen katapultiert sich damit ins Abseits."

"Lufthansa Cargo ist auf Nachtflüge angewiesen", ergänzte Konzernsprecher Dr. Peter Schneckenleitner am Freitag gegenüber aero.de. Das Urteile werde in jedem Fall negative Konsequenzen haben. "Da ziehen düstere Wolken für Lufthansa Cargo auf."

BDF: "Verheerendes Signal"

Der Bundesverband der Deutschen Fluggesellschaften (BDF) bezeichnete das heutige Urteil als verheerendes Signal für die Luftverkehrswirtschaft. "Unter Hinweis auf den gesetzlich gebotenen Schutz der Bevölkerung vor nächtlichem Fluglärm sieht das Gericht kaum einen Spielraum, planmäßige Flüge in der Kernnacht zuzulassen", fasst der BDF zusammen.

Für die Fluggesellschaften und die eigentlichen Leistungsträger am Airport bedeute das einen faktischen Produktionsstopp in der Nacht. Der Verband befürchtet, dass das Urteil auch an anderen Flughäfen Anwendung findet und damit die Exportnation Deutschland für sechs Stunden am Tag nicht am internationalen Wettbewerb teilnimmt.

"Unter dieser massiven Einschränkung der Rahmenbedingungen ist die Abwanderung insbesondere von Logistikunternehmen und die Verlagerung von Fracht auf die Straße eine zu erwartende Konsequenz", so der BDF. Hierbei würden weit mehr Menschen vom Lärm betroffen sein, als durch den Luftexpress.

Für die Flüge in den Nachtrandstunden gehe die Hängepartie weiter. Der Verband rechnet damit, dass die Neubefassung durch das Land abermals Proteste hervorrufen und neue Kläger finden wird. Langfristige Entscheidungen der ortsansässigen Unternehmen würden abermals um Jahre behindert.

In Reflektion dieser Folgewirkungen müssten die Umstände, die zur Urteilsfindung geführt haben, als investitionsfeindlich bewertet werden. Sie vernachlässigten das Rechtsschutzbedürfnis der Wirtschaftsakteure, das es im gesellschaftlichen Interesse zu stärken gelte.
© dpa, aero.de | Abb.: Deutsche Lufthansa AG | 21.08.2009 08:17

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Beitrag vom 21.08.2009 - 23:39 Uhr
@AFFBerlin: du hast Dir ja schon selbst die Antwort auf deine Frage gegeben warum sich die Beschränkung bzw. die Rechte nicht nur auf das "neue" beschränken ... das ist einfach gesagt so der Flughafen Frankfurt hat zur Zeit das Recht 3 Startbahnen zu betreiben, dazu gab es mal ein Planfeststellungsverfahren worin auch geregelt wurde wieviele Flüge da Nachts stattfinden dürfen und noch einiges mehr ... so jetzt sagt der Flughafen also ich möchte jetzt in Zukunft 4 Start- und Landebahnen betreiben er hat aber nur bis jetzt das recht für 3 also geht man hin und sagt ja kannst Du wenn du dafür diese oder jene Einschränkung in Kauf nimmst ....
jetzt könnte man ganz platt sagen wenn dir das nicht passt dannn bleibt halt alles beim alten und der Flughafen hat dann nur 3 Bahnen ...

ist jetzt ein bissel sehr vereinfachgt erklärt ...
Beitrag vom 21.08.2009 - 19:37 Uhr
Auch wenn ich dieses Urteil genauso beurteile wie meine Vorschreiber... ganz so düster würde ich die Konsequenz (noch) nicht sehen.

Zum einen schreibt das Urteil nicht das absolute Flugverbot zwischen 23 und 5 Uhr vor. Das Land Hessen muss ja erstmal die Regelung neu fassen. Die wird natürlich auch wieder beklagt werden... das Ende davon ist wirklich noch nicht beurteilbar.
Und zum andere... die LCAG hat 19 MD11, davon sind/werden jetzt erstmal 4 stillgelegt. Mit 15 Fliegern reichen ja vielleicht auch 10 Flugbewegungen (statt 17) zwischen 23 und 5 Uhr.

Ein Umzug nach MUC oder LEJ halte ich für ausgeschlossen... die Intercontflotte der Passage ist nunmal zu 75% in FRA. Und um die Anbindung der LCAG an die Passage geht es ja letztendlich bei den NAchtflügen.
Beitrag vom 21.08.2009 - 17:14 Uhr
Wenn der LCAG die Nachtflüge verloren gehen, wird es eh eine Verlegung nach LEJ oder MUC geben. Es werden viele viele Arbeitsplätze verloren gehen, viele Häuslebesitzer werden ihre Buden nicht mehr abzahlen können, die Preise werden sinken, die Region wird sozial absteigen, Kriminalität steigen und zum Schluß jammern, die die dieses skandalöse Urteil zu verantworten haben am lautesten.

Vielen Dank ihr Nachtfluggegner, ihr seid abhängig von diesem Airport! Grabt Euch nur das Wasser weiter ab!



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