Luftfahrtkrise
Älter als 7 Tage

Ferienflieger wollen ihren Teil vom Frachtgeschäft

Condor Boeing 767-300ER
Condor Boeing 767-300ER, © Condor

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FRANKFURT - Condor steuert derzeit ungewöhnliche Ziele an. Shanghai, Lappland oder Marokko lauten die Destinationen, an Bord sind statt sonnenhungriger Touristen Corona-Test-Kits, Autoteile oder gleich ganze Testwagen. "Pakete statt Paxe"  lautet das Konzept, das nicht nur der Condor aus der Misere helfen soll.

Die Frankfurter haben die Hälfte ihrer 16 Langstreckenflugzeuge vom Typ Boeing 767 umgerüstet, wie Sprecherin Magdalena Hauser berichtet. Mit Hilfe des Fracht-Vermittlers ECS sind sie weltweit auf der Suche nach lohnenden Aufträgen.

Der Frachtmarkt ist dem Welt-Airlineverband IATA zufolge einer der wenigen Lichtblicke im internationalen Luftverkehr. Das liegt in allererster Linie am knappen Angebot, denn zu normalen Zeiten wird rund die Hälfte der Luftfracht als Beiladung in Passagiermaschinen transportiert.

Da diese wegen der zahlreich eingestellten Verbindungen aber nicht zu Verfügung stehen, sind die Frachtpreise schon im vergangenen Frühsommer in die Höhe geschnellt.

In der Zwischenzeit haben die Gesellschaften laut IATA ihre Kapazität in reinen Frachtmaschinen zwar global um 20 Prozent erhöht, die Angebotslücke ist damit aber bei weitem noch nicht geschlossen. In Europa fehlte im November ein Viertel des Vorkrisen-Niveaus, berichtete der Verband. Die Cargo-Raten bleiben daher absehbar hoch.

Sie sind für die Ferien-Airlines umso verlockender, weil auch am Boden stehende Jets hohe Kosten verursachen. Soll ein Jet langfristig eingemottet werden, sind umfangreiche und kostspielige Wartungsarbeiten vorgeschrieben. Zudem verfallen die Lizenzen des Personals, wenn nicht geflogen wird. Da kann es deutlich günstiger werden, einzelne Frachtflüge anstelle teurer Simulator-Trainings zu absolvieren.

Auch die Airlines im Tui-Konzern versuchen, einen Teil der weggebrochenen Urlaubsflüge durch Frachtangebote zu ersetzen. Sie arbeiten dabei mit Cargo-Vermittlern zusammen, um eigene Maschinen vor allem auf Fernstrecken zum Transport etwa von Maschinenteilen oder Medizinprodukten zu nutzen. "Viele Unternehmen versuchen gerade, hier die Kapazitäten und Preise in den Griff zu bekommen", sagt ein Tui-Sprecher.

Bereits im Frühjahr hatten mehr als 20 Maschinen der Tui-Gruppe beispielsweise Schutzmasken nach Deutschland gebracht. In den vergangenen Wochen habe es nun rund 30 Flüge in die USA, nach Mexiko oder nach Argentinien gegeben, um vor allem Zulieferteile für Auto- und Maschinenbauer nach Baden-Württemberg zu transportieren. Das Unternehmen nutzt auf solchen Verbindungen größere, nicht umgebaute Jets wie die Boeing 787 oder 767, manchmal bis zu fünf an einem Tag.

Nadelöhr Türen

Die Sitze bleiben in den allermeisten "Prachtern" (Passagier-Frachtern) drin, berichtet auch die Lufthansa Cargo, die in der Corona-Krise zusätzliche Passagiermaschinen der anderen Konzern-Airlines einsetzt - vorzugsweise Boeing 777 und Airbus A340 mit vergleichsweise großen (Zu-) Laderäumen.

"Das Problem sind die engen Türen auf dem Passagierdeck", erläutert eine Lufthansa-Sprecherin. Lediglich leichte Materialien wie Masken oder Schutzanzüge können auf den Sitzen gelagert werden, ansonsten bleibt die Kabine leer und die sperrige Fracht wandert in den Laderaum unterhalb.

In den meisten Jahren ist die Zeit zwischen dem christlichen Weihnachtsfest und dem chinesischen Neujahr (2021 am 12. Februar) in der Luftfracht eher ruhig, doch aktuell seien immer noch wenige Kapazitäten im Markt und die Erlöse hoch, versichert Lufthansa Cargo. Für einige Aufregung und zusätzliche Luftfracht-Aufträge sorgte bereits die temporäre Schließung des Lastwagenverkehrs von und nach Großbritannien.

Das Geschäft mit den Corona-Impfstoffen ist hingegen erst langsam angelaufen: Derzeit werden die meisten Dosen noch per Lastwagen in die nähere Umgebung der Fabriken gefahren statt per Flugzeug um die Welt geflogen. Die Tui rechnet weiterhin mit geschäftlichen Gelegenheiten bei der Fracht: "Der Markt ist weiter angespannt, die Fracht-Alternativen werden daher wohl noch länger anhalten."
© dpa-AFX | Abb.: Condor | 16.01.2021 07:52

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Beitrag vom 16.01.2021 - 15:59 Uhr
Für die Zukunft gilt: Passagierflieger mit Frachttür bestellen. Dann ist man auf der sicheren Seite.
Erkundigen Sie sich doch einfach mal bei LH, wieviel "Freude" man in der Vergangenheit mit den B737QC hatte. Und bei den Passagieren, speziell die ersten Reihen auf der linken Seite, war das QC Modell "äußerst beliebt". Aber auch alle anderen konnten diverse Unterschiede zu anderen B737 "genießen".
Dabei wäre eventuell noch zu erwähnen, dass die Schweinchen nicht so ab Werk kamen, sondern "mit viel Liebe" nachträglich umgebaut wurden.
Stimmt. Wir haben die Schwellen zwischen den einzeln Sitzpaletten geliebt. Getränkewagen mit Kaffee, besonders wenn man die Schwelle mal vergaß ;-)
Beitrag vom 16.01.2021 - 15:00 Uhr
Für die Zukunft gilt: Passagierflieger mit Frachttür bestellen. Dann ist man auf der sicheren Seite.
Erkundigen Sie sich doch einfach mal bei LH, wieviel "Freude" man in der Vergangenheit mit den B737QC hatte. Und bei den Passagieren, speziell die ersten Reihen auf der linken Seite, war das QC Modell "äußerst beliebt". Aber auch alle anderen konnten diverse Unterschiede zu anderen B737 "genießen".
Dabei wäre eventuell noch zu erwähnen, dass die Schweinchen nicht so ab Werk kamen, sondern "mit viel Liebe" nachträglich umgebaut wurden.
Beitrag vom 16.01.2021 - 12:56 Uhr
Condor ist Anerkennung zu zollen für die gezeigte Flexibilität. Ein Insolvenzverfahren ist geeignet, die Kreativität der Menschen zu fördern.
Wieso denn nur die Condor? Das machen doch fast alle so. Was hat das mit der Insolvenz zu tun. Condor war/ist ein Bedarfsflieger, da ist Kreativität in der DNA.
Allerdings werden die Sitze in den 767 mindestens ein weiteres Jahr nicht gebraucht. Daher: raus damit.
Für die Zukunft gilt: Passagierflieger mit Frachttür bestellen. Dann ist man auf der sicheren Seite.
Genau, nach ihrer Idee hätten sie jetzt nutzlos 25 Jahre ein paar Tonnen Tür+Struktur durch die Welt geflogen.



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