787-Verzögerungen
Älter als 7 Tage

"Eine ähnliche Situation wie bei der MAX"

Boeing 787-8
Boeing 787, © Boeing

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SEATTLE - Die 787 belastet weiter die Boeing-Lieferbilanz. Der Airbus-Konkurrent pausiert wegen zeitraubender Fehlerkorrekturen die Auslieferungen - und kann Kunden derzeit offenbar keine verbindlichen Termine nennen. Der geplante 787-Start bei Lufthansa noch 2021 steht auf wackligen Beinen.

Strukturmontage, Dekompressionspaneele, Cockpitfenster und Bug: Boeing steckt mit der 787 tief in der Produktionshölle. In Absprache mit der US-Luftfahrtaufsicht FAA hat der Hersteller die Auslieferungen erneut unterbrochen. Erst 14 Dreamliner konnte Boeing 2021 überhaupt ausliefern.

Inzwischen hat sich ein Rückstau von 100 werksneuen 787 gebildet. Voraussichtlich werde nur die Hälfte der derzeit gelagerten 787 noch dieses Jahr ausgeliefert, warnte Boeing Investoren im Juli vor.

"Der Auslieferungsprozess von Boeing läuft im Moment nicht wirklich gut", sagte 787-Großkunde Aengus Kelly. Dem Chef des Leasingriesen AerCap sitzen selbst Kunden im Nacken. "Vor 2024 haben wir keine freien 787 zu vergeben", sagte Kelly. AerCap stimme mit Boeing die kurzfristige Lieferplanung "Kunde für Kunde" neu ab.

AerCap-Konkurrent ALC bewertet die Lage ähnlich. "Es ist durchaus möglich, dass wir in diesem Fall in eine ähnliche Situation  geraten wie bei der (737) MAX", sagte ALC-Vorstandschef John Plueger. In der Regel können Leasingkunden ab zwölf Monaten Verspätung den Vertrag stornieren und Schadensersatz fordern - spätestens dann wird es teuer.

Noch können Airlines fehlende 787-Kapazität verschmerzen. Kelly geht davon aus, dass sich das schlagartig ändert, wenn die Erholung den Transatlantikverkehr erreicht. 787-Leasingrückläufer von Norwegian konnte AerCap direkt wieder bei der Neugründung Norse Atlantic Airways im Markt platzieren. 

Lufthansa hat in der Krise ihr 787-Los um fünf "Whitetails" - 787 im Liefervorlauf, deren eigentliche Vertragskunden kurzfristig abgesprungen waren - aufgestockt.

Anfang August hatte Lufthansa-Chef Carsten Spohr für die fünf zusätzlichen 787 auf einen Lieferbeginn "noch vor Weihnachten" gehofft.

So richtig mag Lufthansa inzwischen aber nicht mehr an einen Lieferstart kurz vor Jahreswechsel glauben. "Wir rechnen mit einer sukzessiven Auslieferung der Neuzugänge zwischen 2022-2027", sagte Lufthansa-Sprecher Dr. Jörg Wagner aero.de. Die ersten 787 erwarte Lufthansa aber nach wie vor "im Winter".

Tatsächlich kann Lufthansa derzeit kaum mit der 787 planen. Intern stellt man sich in Frankfurt zwar auf eine Verzögerung ein. "Aber es ist nicht absehbar, ob das vier Wochen, acht Wochen oder zwölf Wochen sein werden", sagte eine mit den laufenden 787-Vorbereitungen bei Lufthansa vertraute Person aero.de.

787 gerät zur Dauerbaustelle

Die Misere nahm vor genau einem Jahr ihren Lauf: Boeing hatte im August 2020 acht Dreamliner zurückgerufen - CFK-Hecksektion und CFK-Druckschott waren falsch verbunden, zudem fielen Materialoberflächen aus der Toleranz. Treten die Fehler gemeinsam auf, ist die Strukturfestigkeit nicht mehr uneingeschränkt gewährleistet.

Später stellten Techniker weitere Mängel an Dekompressionspaneelen und im Bereich der Cockpitfenster fest. Inzwischen sind auch im Bugbereich Fehlerkorrekturen erforderlich, für die Boeing Großteile der Cockpitsysteme aus- und wieder einbauen muss.

Als Hauptursache für die 787-Probleme gilt ein rasanter Produktionshochlauf unter dem früheren Vorstandschef Dennis Muilenburg. Zeitweise liefen bei Boeing 14 Dreamliner pro Monat vom Band. Die FAA stellte bei Boeing zudem mangelhafte interne Qualitätskontrollen und Aufsichtsprozesse fest.
© aero.de | Abb.: Boeing | 21.08.2021 07:23

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Beitrag vom 21.08.2021 - 22:47 Uhr
War man bei der MAX nicht gewissermaßen selbst die Behörde?
Beitrag vom 21.08.2021 - 21:37 Uhr
Tja, die Frage ist wann die Fehler zu Problemen werden. Irgendwann muss das doch mal folgen haben, und dann wird es zum Totalverlust führen.

Der Fehler wurde, anders als bei der MAX den Behörden ggü offengelegt.
Wenn diese keine Stillegung der bereits in Betrieb befindlichen Exemplare anordnen, sehen sie diese Gefahr wohl nicht.
Beitrag vom 21.08.2021 - 17:26 Uhr
Immerhin fixen sie jetzt ihren Sch... bevor sie ihn auf Crews und Passagiere loslassen.

Das ist gut gesagt, nur fliegen halt schon 1000 der Dinger in der Welt rum.

Die Schlampereien dienten ja dem Ziel der künstlch hochgepushten Produktionsraten, Verzögerungen waren daher zu erwarten wenn tatsächlich Korrekturen an den eingerissenen feherhaften Prozessen Boeings vorgenommen werden würden.

Was ja nun scheinbar der Fall ist.

Von daher sehe ich diese 787 Verzögerungen als positives Zeichen, dass sich bei Boeing in Sachen Qualität wirklich was tut.

Tja, die Frage ist wann die Fehler zu Problemen werden. Irgendwann muss das doch mal folgen haben, und dann wird es zum Totalverlust führen.

Diese Fehler laufen über die Zeit auf und wirken sich über die Lebensdauer aus.


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