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Für Easyjet-Aktionäre war es eine durchwachsene Woche: 1,4 Milliarden Euro nimmt die Airline durch die Ausgabe neuer Aktien ein. Fast ein Drittel des Firmenwerts wird durch die Kapitalerhöhung verwässert, Easyjet-Aktien werteten um rund zehn Prozent ab.
Zur bitteren Pille reichte Lundgren den Anlegern immerhin auch einige positive Nachrichten. Im Heimatmarkt Großbritannien liegt Easyjet beim Angebot wieder fünf Prozent über Vorkrisenwerten.
Ein "unaufgefordertes und vorläufiges Übernahmeangebot" eines Interessen habe der Vorstand zwar pflichtgemäß geprüft, sagte Lundgren, die Offerte aber für "nicht angemessen" befunden und "einstimmig" zurückgewiesen. Über Details hüllt sich Easyjet in Schweigen und verliert auch über den ungebetenen Investor kein weiteres Wort.
Insider waren allerdings schnell mit der Information zur Stelle, dass hinter dem Übernahmeangebot niemand anders als der ungarische Konkurrent Wizz Air steckte.
Laut Easyjet bot der Interessent nur einen geringen Aufschlag auf den Börsenwert von aktuell 3,7 Milliarden Euro und wollte den Preis ausschließlich mit eigenen Aktien begleichen.
Wizz Air ist in Großbritannien ebenfalls stark vertreten, hat ansonsten aber kaum Überschneidungen mit Easyjet. Daher würde ein Zusammenschluss nach Einschätzung von Analysten durchaus Sinn ergeben. Easyjet sei aber auch so "gut positioniert", um von einer Belebung des Kurzstreckenverkehrs zu profitieren, sagte Goldman-Sachs-Analyst Patrick Creuset.
Auf den Fluren der Konkurrenten schlägt die Nachricht dennoch hohe Wellen. "So ein Low-Ball-Angebot ist immer nur ein erster Test", ordnete ein ranghoher Manager einer großen europäischen Airline den Vorstoß von Wizz Air bei Easyjet gegenüber aero.de ein. "Noch hat Easyjet nicht gezuckt."
Für Easyjet ist die Sache offiziell abgehakt. Der Interessent werde keinen zweiten Anlauf unternehmen, teilte Easyjet ihren Aktionären mit. "Hinter Wizz Air steht (der amerikanische Airlineinvestor, Red.) Indigo Partners und hinter Indigo Partners stehen weitere Investoren", sagte der Insider. "Da kommt noch was nach."
Wizz Air ist nur halb so groß wie Easyjet, wurde bei einer kürzlichen Transaktion aber mit 6,1 Milliarden Euro viel höher bewertet.
Wizz Air ist Ryanair auf den Fersen
Während Easyjet in Europa noch strikte Angebotsdisziplin walten lässt, schrauben Wizz Air und Ryanair die Kapazitäten wieder hoch. Wizz Air hilft dabei die Nachfrage von Saisonkräften auf die Sprünge, die zwischen Ost- und Westeuropa pendeln. Die Airline hat zudem allein in ihrem Heimatmarkt noch viel Luft nach oben.
Pro Kopf gebe es in Osteuropa derzeit nur ein Viertel der Kurzstreckenflüge im Vergleich zu Westeuropa, zitiert die Nachrichtenagentur "Reuters" Bernstein-Analyst Daniel Röska. Wizz Air will diese Lücke bis 2030 mit einer Verdreifachung der Flotte von 140 auf 500 Airbus A320/A321 profitabel schließen.
Bereits damit verringert Wizz Air den Vorsprung des größten Konkurrenten Ryanair. Der irische Marktführer hat mit 11,1 Millionen Passagieren im August Vorkrisenwerte wieder in Sichtweite. Airlinechef Michael O'Leary will "außerordentliche Wachstumschancen" nach der Krise zwar nutzen, aber nicht um jeden Preis.
Genau der war Ryanair für einen möglichen Auftrag über 250 Boeing 737 MAX 10 nämlich zu hoch. Ohne die zusätzlichen 737 MAX werde die Flotte bis 2025 von 470 auf 600 Flugzeuge wachsen, teilte Ryanair diese Woche mit. Die Airline will in diesem Zeitraum die jährlichen Passagierzahlen von 149 Millionen vor der Krise auf 200 Millionen erhöhen.
© aero.de | Abb.: BER Airport | 10.09.2021 10:25
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