KÖLN - Eurowings zieht im Lichte eines Pilotenstreiks die Reißleine und will mit Einsparungen Finanzlöcher stopfen. Das Wachstum von Eurowings Deutschland werde "mit sofortiger Wirkung gestoppt", teilte die Lufthansa-Tochter am Dienstag mit - und legte eine konkrete Streichliste vor.
Eurowings zückt den Rotstift: 2023 soll die Flotte nur noch 76 Flieger umfassen und damit fünf weniger als bisher geplant. Auf die vorgesehenen 200 Neueinstellungen wird ebenso verzichtet wie auf Beförderungen in den Kapitänsrang. Außerdem bekommen junge Piloten nach ihrer Ausbildung nur befristete Verträge. Das sei die Konsequenz aus "massiven Streikschäden", argumentiert das Unternehmen.
Mit der Ankündigung eskaliert der erbitterte Arbeitskampf. Die Pilotengewerkschaft Vereinigung Cockpit (VC) pocht auf Verbesserungen der Arbeitsbedingungen und hält das zuletzt vorgelegte Angebot des Arbeitgebers für mickrig. Eurowings bot unter anderem zehn zusätzliche freie Arbeitstage im Jahr. Die VC will 14. Das Management ist bereit, die maximale Wochenarbeitszeit um drei auf 52 Stunden zu reduzieren. Die VC fordert fünf Stunden weniger.
Noch am Montag trat Eurowings-Finanzchef Kai Duve vor die Presse und betonte, dass man nicht mehr bieten könne. Man sei an der Grenze des wirtschaftlich Machbaren angekommen. "Mit jedem Tag schwindet unsere Kraft, dieses Angebot aufrechtzuerhalten." Jeder Streiktag koste die Firma einen zweistelligen Millionenbetrag.
Am selben Tag verschickte die Chefetage einen offenen Brief an die Belegschaft, in dem sie von einem Ultimatum an die Gewerkschaft berichtete: Entweder die beende sofort den Streik und kehre an den Verhandlungstisch zurück, oder man fühle sich nicht mehr an das unlängst vorgelegte Angebot gebunden. Das Ultimatum verstrich am Abend.
Eine Reaktion wurde nicht bekannt. Daraufhin entschloss sich die Chefetage am Dienstag zu dem drastischen Schritt, die Wachstumspläne einzustampfen.
Fronten verhärtetAufseiten der Arbeitnehmerorganisation löst die Ankündigung Kopfschütteln aus. VC-Sprecher Matthias Baier wirft der Geschäftsführung vor, zwei unterschiedliche Belange miteinander zu vermengen. "Wachstum war nie Teil der Verhandlungen", sagt er. Dass der Arbeitgeber nun austeile, gehöre zu seiner "Eskalationsrhetorik" und sei nicht sachgerecht. "Die harten Aussagen führen nur dazu, dass unsere Reihen noch geschlossener sind als zuvor."
Was immer der Arbeitgeber mit seinem Vorgehen beabsichtige - der Plan gehe nicht auf, sagt Baier und betont: "Wir streiken nicht um des Streikens willen." Es gehe um einen sachgerechten Tarifvertrag und gute Arbeitsbedingungen.
Während eine Einigung in dem Tarifstreit nur schwer vorstellbar scheint, war der Frust der Eurowings-Kunden erneut groß. Laut einer Liste von Eurowings fielen an den Flughäfen Düsseldorf, Köln/Bonn, Hamburg, Stuttgart und Berlin insgesamt 266 von 458 Starts und Landungen aus. Am Mittwoch werde die Zahl der annullierten Flugbewegungen bei 307 liegen. Geplant gewesen seien 450.
Die Zahlen machen klar, dass sich die Auswirkungen der Arbeitsniederlegungen am insgesamt vierten Streiktag nicht abschwächen, sondern verstärken: Fielen am Montag noch etwa die Hälfte der Flüge aus, sind es am Mittwoch zwei Drittel.
In der Nacht zum Donnerstag dürfte der in dieser Woche vorerst für drei Tage geplante Ausstand zwar vorbei sein. Die Auseinandersetzung wird aber weitergehen - und damit wird es weitere Enttäuschungen unter Reisenden geben.
© dpa-AFX, aero.de | 18.10.2022 15:42
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Beitrag vom 20.10.2022 - 09:10 Uhr
Das wir in Deutschland mittlerweile schon soweit sind (soziale Marktwirtschaft, früher auch mal 'Sozialpartnerschaft' - ade!), das macht mich traurig.
Ach Gottchen, was genau macht Sie denn so traurig? Etwa dieser Bericht vom Euroflügler @Käpt'n_Balu?:
Nein, schlicht und einfach die Tatsache das Deutschland immer mehr den 'Bach runtergeht' und mehr und mehr nur noch egoistische Einzelinteressen im Vordergrund stehen.
Und das offensichtlich noch viel 'ganz toll' finden.
Aber gerade Sie haben sich doch in den letzten Monaten für die Einzelinteressen einer kleinen Beschäftigungsgruppe, die zu den Topverdienern in Deutschland gehört, stark gemacht!
Wo, wann, wie habe ich das konkrtw so, wie Sie schreiben (für die Einzelinteressen einer kleinen Beschäftigungsgruppe...stark gemacht) getan?
Bitte zitieren Sie entsprechende konkrete Beispiele von Statements meinerseits in diese Richtung!
(ich habe einmal geschrieben das ich die detaillierten Ausführungen von @Käpt'n Balu sehr interessant finde).
Warum wundert Sie das dann?
Was mich (nicht) wundert:
das Sie offensichtlich in Ihrem Furor mir 'einen mitzugeben' völlig den �berblick verlieren ;).
Beitrag vom 19.10.2022 - 19:16 Uhr
Wie kommen Sie eigentlich auf die Information der "40 Stunden Woche"? :D
Das kommt wohl von mir, zurückgerechnet von Ihrer Aussage mit den 100 Stunden Blockzeit, die oft erreicht werden.
Wenn ich mit meiner Definition falsch liege, bitte korrigieren:)
Eine Arbeitswoche wird doch nicht daran gemessen, was man am Ende des Monats im "Schnitt" pro Woche gearbeitet hat, sondern was man tatsächlich in "einer Woche", also 7 Tagen arbeitet.
Das ist grundsätzlich richtig, allerdings spielt der Wochenschnitt bei der Begrenzung eine mittelbare Rolle. GemÃ¤ß EASA OPS 1.100 ist die Grenze in 28 Tagen 190 Stunden, das wären "im Schnitt" 47,5. Wenn man jetzt in Woche 1 die 55 erreicht, verbleiben in den folgenden Wochen 45. Erreicht man in Woche 2 wieder 55 sinkt das weiter. Das würde ausschließen, dass man, wie hier und in dem genannten Artikel erwähnt wird dauerhaft 50-55Std fliegt. Das ist meiner Meinung nach nicht möglich. Die in dem Artikel dargestellt Musterwoche hat überschlägig 38Blockstunden. Bei 100 BH max in 28 Tagen, bleiben für die restlichen drei Wochen 62 Stunden, rund 20 die Woche. Auch das spricht gegen das dauerhafte Fliegen am wöchentlichen Limit. Oder ich habe einen Denkfehler.
Nicht falsch verstehen, ich will damit nicht sagen, das es nicht anstrengend wäre, aber so wie es dargestellt wird, kann es eigentlich nicht sein. Ein Monatsplan wäre mal interessant (gerne auch per PM) oder wo ich den Denkfehler habe. Danke
Danke für deine Rechnung und wie man sieht, geht es nicht auf. Natürlich können wir nicht 4 Wochen so arbeiten. Haben auch mal 4er Ketten mit +40std/Woche. Wir haben ja auch dazwischen mal mehr als zwei Tage frei oder auch mal Stby Dienste. Und wenn wir nun "permanent" unter 50std/Woche arbeiten würden, dann würden wir am Ende des Monats auf die gleichen Stunden kommen wie jetzt. Wir wollen diese ständige Ausreizung der Maximalen Zeiten pro Kette drücken. 55Std in 5-6 Tagen arbeiten und dann aber dafür mal 3 -4Tage am Stück frei... klingt gut, ist es aber nicht. Die freien Tage nehmen einem die Belastung nicht, sondern eine Reduzierung in der Kette selbst mit den entsprechenden Ruhezeiten dazwischen :)
Danke für die Rückmeldung und viel Glück, dass hinten was Vernünftiges rauskommt.
Beitrag vom 19.10.2022 - 19:12 Uhr
Wie kommen Sie eigentlich auf die Information der "40 Stunden Woche"? :D
Das kommt wohl von mir, zurückgerechnet von Ihrer Aussage mit den 100 Stunden Blockzeit, die oft erreicht werden.
Wenn ich mit meiner Definition falsch liege, bitte korrigieren:)
Eine Arbeitswoche wird doch nicht daran gemessen, was man am Ende des Monats im "Schnitt" pro Woche gearbeitet hat, sondern was man tatsächlich in "einer Woche", also 7 Tagen arbeitet.
Das ist grundsätzlich richtig, allerdings spielt der Wochenschnitt bei der Begrenzung eine mittelbare Rolle. GemÃ¤ß EASA OPS 1.100 ist die Grenze in 28 Tagen 190 Stunden, das wären "im Schnitt" 47,5. Wenn man jetzt in Woche 1 die 55 erreicht, verbleiben in den folgenden Wochen 45. Erreicht man in Woche 2 wieder 55 sinkt das weiter. Das würde ausschließen, dass man, wie hier und in dem genannten Artikel erwähnt wird dauerhaft 50-55Std fliegt. Das ist meiner Meinung nach nicht möglich. Die in dem Artikel dargestellt Musterwoche hat überschlägig 38Blockstunden. Bei 100 BH max in 28 Tagen, bleiben für die restlichen drei Wochen 62 Stunden, rund 20 die Woche. Auch das spricht gegen das dauerhafte Fliegen am wöchentlichen Limit. Oder ich habe einen Denkfehler.
Nicht falsch verstehen, ich will damit nicht sagen, das es nicht anstrengend wäre, aber so wie es dargestellt wird, kann es eigentlich nicht sein. Ein Monatsplan wäre mal interessant (gerne auch per PM) oder wo ich den Denkfehler habe. Danke
Danke für deine Rechnung und wie man sieht, geht es nicht auf. Natürlich können wir nicht 4 Wochen so arbeiten. Haben auch mal 4er Ketten mit +40std/Woche. Wir haben ja auch dazwischen mal mehr als zwei Tage frei oder auch mal Stby Dienste. Und wenn wir nun "permanent" unter 50std/Woche arbeiten würden, dann würden wir am Ende des Monats auf die gleichen Stunden kommen wie jetzt. Wir wollen diese ständige Ausreizung der Maximalen Zeiten pro Kette drücken. 55Std in 5-6 Tagen arbeiten und dann aber dafür mal 3 -4Tage am Stück frei... klingt gut, ist es aber nicht. Die freien Tage nehmen einem die Belastung nicht, sondern eine Reduzierung in der Kette selbst mit den entsprechenden Ruhezeiten dazwischen :)
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Ach Gottchen, was genau macht Sie denn so traurig? Etwa dieser Bericht vom Euroflügler @Käpt'n_Balu?:
Nein, schlicht und einfach die Tatsache das Deutschland immer mehr den 'Bach runtergeht' und mehr und mehr nur noch egoistische Einzelinteressen im Vordergrund stehen.
Und das offensichtlich noch viel 'ganz toll' finden.
Aber gerade Sie haben sich doch in den letzten Monaten für die Einzelinteressen einer kleinen Beschäftigungsgruppe, die zu den Topverdienern in Deutschland gehört, stark gemacht!
Wo, wann, wie habe ich das konkrtw so, wie Sie schreiben (für die Einzelinteressen einer kleinen Beschäftigungsgruppe...stark gemacht) getan?
Bitte zitieren Sie entsprechende konkrete Beispiele von Statements meinerseits in diese Richtung!
(ich habe einmal geschrieben das ich die detaillierten Ausführungen von @Käpt'n Balu sehr interessant finde).
Warum wundert Sie das dann?
Was mich (nicht) wundert:
das Sie offensichtlich in Ihrem Furor mir 'einen mitzugeben' völlig den �berblick verlieren ;).
Das kommt wohl von mir, zurückgerechnet von Ihrer Aussage mit den 100 Stunden Blockzeit, die oft erreicht werden.
Wenn ich mit meiner Definition falsch liege, bitte korrigieren:)
Eine Arbeitswoche wird doch nicht daran gemessen, was man am Ende des Monats im "Schnitt" pro Woche gearbeitet hat, sondern was man tatsächlich in "einer Woche", also 7 Tagen arbeitet.
Das ist grundsätzlich richtig, allerdings spielt der Wochenschnitt bei der Begrenzung eine mittelbare Rolle. GemÃ¤ß EASA OPS 1.100 ist die Grenze in 28 Tagen 190 Stunden, das wären "im Schnitt" 47,5. Wenn man jetzt in Woche 1 die 55 erreicht, verbleiben in den folgenden Wochen 45. Erreicht man in Woche 2 wieder 55 sinkt das weiter. Das würde ausschließen, dass man, wie hier und in dem genannten Artikel erwähnt wird dauerhaft 50-55Std fliegt. Das ist meiner Meinung nach nicht möglich. Die in dem Artikel dargestellt Musterwoche hat überschlägig 38Blockstunden. Bei 100 BH max in 28 Tagen, bleiben für die restlichen drei Wochen 62 Stunden, rund 20 die Woche. Auch das spricht gegen das dauerhafte Fliegen am wöchentlichen Limit. Oder ich habe einen Denkfehler.
Nicht falsch verstehen, ich will damit nicht sagen, das es nicht anstrengend wäre, aber so wie es dargestellt wird, kann es eigentlich nicht sein. Ein Monatsplan wäre mal interessant (gerne auch per PM) oder wo ich den Denkfehler habe. Danke
Danke für deine Rechnung und wie man sieht, geht es nicht auf. Natürlich können wir nicht 4 Wochen so arbeiten. Haben auch mal 4er Ketten mit +40std/Woche. Wir haben ja auch dazwischen mal mehr als zwei Tage frei oder auch mal Stby Dienste. Und wenn wir nun "permanent" unter 50std/Woche arbeiten würden, dann würden wir am Ende des Monats auf die gleichen Stunden kommen wie jetzt. Wir wollen diese ständige Ausreizung der Maximalen Zeiten pro Kette drücken. 55Std in 5-6 Tagen arbeiten und dann aber dafür mal 3 -4Tage am Stück frei... klingt gut, ist es aber nicht. Die freien Tage nehmen einem die Belastung nicht, sondern eine Reduzierung in der Kette selbst mit den entsprechenden Ruhezeiten dazwischen :)
Danke für die Rückmeldung und viel Glück, dass hinten was Vernünftiges rauskommt.
Das kommt wohl von mir, zurückgerechnet von Ihrer Aussage mit den 100 Stunden Blockzeit, die oft erreicht werden.
Wenn ich mit meiner Definition falsch liege, bitte korrigieren:)
Eine Arbeitswoche wird doch nicht daran gemessen, was man am Ende des Monats im "Schnitt" pro Woche gearbeitet hat, sondern was man tatsächlich in "einer Woche", also 7 Tagen arbeitet.
Das ist grundsätzlich richtig, allerdings spielt der Wochenschnitt bei der Begrenzung eine mittelbare Rolle. GemÃ¤ß EASA OPS 1.100 ist die Grenze in 28 Tagen 190 Stunden, das wären "im Schnitt" 47,5. Wenn man jetzt in Woche 1 die 55 erreicht, verbleiben in den folgenden Wochen 45. Erreicht man in Woche 2 wieder 55 sinkt das weiter. Das würde ausschließen, dass man, wie hier und in dem genannten Artikel erwähnt wird dauerhaft 50-55Std fliegt. Das ist meiner Meinung nach nicht möglich. Die in dem Artikel dargestellt Musterwoche hat überschlägig 38Blockstunden. Bei 100 BH max in 28 Tagen, bleiben für die restlichen drei Wochen 62 Stunden, rund 20 die Woche. Auch das spricht gegen das dauerhafte Fliegen am wöchentlichen Limit. Oder ich habe einen Denkfehler.
Nicht falsch verstehen, ich will damit nicht sagen, das es nicht anstrengend wäre, aber so wie es dargestellt wird, kann es eigentlich nicht sein. Ein Monatsplan wäre mal interessant (gerne auch per PM) oder wo ich den Denkfehler habe. Danke
Danke für deine Rechnung und wie man sieht, geht es nicht auf. Natürlich können wir nicht 4 Wochen so arbeiten. Haben auch mal 4er Ketten mit +40std/Woche. Wir haben ja auch dazwischen mal mehr als zwei Tage frei oder auch mal Stby Dienste. Und wenn wir nun "permanent" unter 50std/Woche arbeiten würden, dann würden wir am Ende des Monats auf die gleichen Stunden kommen wie jetzt. Wir wollen diese ständige Ausreizung der Maximalen Zeiten pro Kette drücken. 55Std in 5-6 Tagen arbeiten und dann aber dafür mal 3 -4Tage am Stück frei... klingt gut, ist es aber nicht. Die freien Tage nehmen einem die Belastung nicht, sondern eine Reduzierung in der Kette selbst mit den entsprechenden Ruhezeiten dazwischen :)