Bund will Airlines schröpfen
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Ist die Kerosinsteuer noch zu stoppen?

Kerosin
Kerosin, © Air BP

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FRANKFURT - Dass der Flugverkehr keine Steuern auf Treibstoff zahlen muss, ist Umweltschützern schon lange ein Dorn im Auge. Wenn nun die Ampel-Koalition zur Haushaltssanierung eine nationale Kerosinsteuer in Angriff nimmt, scheint eine Befreiung zu wackeln. Doch die Kerosinsteuer hat ihre Tücken.

Rund vier Milliarden Euro lasse sich der deutsche Staat entgehen, weil der Luftverkehr ungerechtfertigte Steuervorteile genieße, klagte erst im Juli der Umweltverband Transport & Environment.

Gemeint waren damit nicht nur die fehlende Kerosinsteuer, sondern auch die ebenfalls nicht erhobene Mehrwertsteuer auf Auslandstickets und die nur EU-weite Bepreisung des CO2-Ausstoßes über Zertifikate.

Eine Bepreisung, so die Annahme, werde zu einer schnelleren Verringerung der Umweltbelastungen durch den Flugverkehr führen.

Grundsätzlich denken die Befürworter größer: "Eine nationale Kerosinsteuer kann ja nur ein erster Schritt sein", sagt Michael Müller-Görnert vom ökologisch geprägten Verkehrsclub Deutschland (VCD). Erforderlich sei eine Kerosinsteuer auf europäischer Ebene.

Was plant die Bundesregierung?

Bislang ist es nur ein Halbsatz aus einem Papier des Wirtschaftsministers Robert Habeck (Grüne), der die Flugbranche in Wallung gebracht hat. "Unter anderem werden wir Kerosin im nationalen Luftverkehr zukünftig besteuern", heißt es dort, während man im Finanzministerium von einem endgültigen Beschluss nichts wissen will.

Was letztlich wohl bedeutet, dass es noch intensive Verhandlungen über die genaue Ausgestaltung geben wird. In Branchenkreisen wird nicht ausgeschlossen, dass die Kerosinsteuer innerhalb der Ampel-Koalition doch noch wieder gekippt wird.

Welche Folgen befürchtet die Branche?

Fluggesellschaften und Flughäfen beklagen eine weitere staatliche Kostenbelastung, die Tickets in Deutschland noch teurer machen würde als anderswo. Schon jetzt hinkt der deutsche Markt wegen der hohen Standortkosten der europäischen Entwicklung hinterher.

Der Präsident des Branchenverbandes BDL, Jost Lammers, sieht in der geplanten Steuer ein "faktisches Förderprogramm für die Drehkreuze am Bosporus und am Persischen Golf", weil die Zubringerflüge nur nach Frankfurt und München zusätzlich belastet würden.

Für Umsteiger beispielsweise aus Hamburg oder Berlin werde es so noch attraktiver, in Dubai, London oder Istanbul zwischenzulanden. Die Steuer schade letztlich deutschen Unternehmen, Standorten und Arbeitsplätzen.

Warum gibt es bislang keine Kerosinsteuer?

Nach internationalen Vereinbarungen dürfen nationale Gesetzgeber keine Kerosinsteuer auf internationale Flüge erheben. Grundlegend ist das Chicagoer Abkommen zur Internationalen Zivilluftfahrtbehörde Icao von 1944. Auf EU-Ebene schlug die Kommission 2021 eine gemeinsame Kerosinsteuer vor, erreichte dabei aber nicht die in Steuerfragen erforderliche Einstimmigkeit der Mitgliedstaaten.

Allerdings lässt das EU-Recht zu, dass Einzelstaaten eine nationale Kerosinsteuer erheben dürfen. Die Niederlande hatten eine solche eingeführt und wieder abgeschafft. In Europa erheben nur Norwegen und die Schweiz eine Kerosinsteuer auf gewerbliche Inlandsflüge. In der Schweiz sind Zubringerflüge zu internationalen Flügen von der Steuer ausgenommen.

Wie groß ist der innerdeutsche Luftverkehr?

Dem Flughafenverband ADV zufolge flogen in den ersten zehn Monaten dieses Jahres 19,35 Millionen Menschen innerdeutsch. Das waren gut 11 Prozent aller Passagiere, aber auch nur knapp die Hälfte zum Vergleichszeitraum 2019. Seit der Pandemie sind etliche Kunden auf die Bahn umgestiegen. Beim Sitzplatzangebot bis einschließlich Mai machten Inlandsflüge 8 Prozent des Gesamtverkehrs aus. Nur etwa jeder achte Inlandsflug geht nicht an eines der Drehkreuze München oder Frankfurt.

Wieviel würde eine Kerosinsteuer einbringen?

Der Branchenverband BDL beziffert den Gegenwert der geltenden Befreiung von einer nationalen Kerosinsteuer auf 570 Millionen Euro im Jahr. Dieser Wert basiert aber noch auf Verkehrszahlen von 2019. Das Umweltbundesamt geht von einem derzeit möglichen Volumen von 300 Millionen Euro aus.

"Der dickere Batzen liegt beim europäischen Flugverkehr, das kann Deutschland nicht allein angehen", sagte Amtschef Dirk Messner kürzlich dem "Handelsblatt".

Welcher Steuersatz könnte angewandt werden?

Beim Aufkommen käme es natürlich auf die Höhe des Steuersatzes an. Norwegen verlangt 13 Cent pro Liter Kerosin. Die EU-Kommission plant mit bis zu 45 Cent. Würde die Steuer von 65 Cent pro Liter erhoben, die in Deutschland bei nichtgewerblichen Flügen fällig ist, würden sich die Treibstoffkosten bei Inlandsflügen mehr als verdoppeln.

Bei einem Durchschnittsverbrauch von drei Litern pro Passagier auf 100 Kilometer würden sich bei einem Flug von Frankfurt nach Berlin (420 km) pro Gast zusätzliche Gebühren von etwa 8,20 Euro ergeben. "Das fällt kaum ins Gewicht", meint Müller-Görnert vom VCD.

Was wären die Alternativen?

Der internationale Branchenverband Iata hat den deutschen Fiskus vor einer nationalen Steuer gewarnt und an die stattdessen im Jahr 2011 eingeführte Luftverkehrssteuer erinnert, die sämtliche Passagiere trifft, die von deutschen Flughäfen abheben. Je nach dem Endziel der Reise werden zwischen 12,73 und 58,06 Euro pro Ticket fällig.

Eine einseitige Benachteiligung der heimischen Anbieter ist hier ausgeschlossen. Ebenfalls im Ampel-Sparpaket enthalten ist der Verzicht auf eine eigentlich geplante Senkung der Abgabe. Das soll im kommenden Jahr erst 70 Millionen Euro für den Haushalt bringen, in den Folgejahren dann jeweils 300 Millionen Euro.
© dpa | Abb.: Lufthansa | 14.12.2023 15:58

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Beitrag vom 15.12.2023 - 11:21 Uhr


Sie können das landauf und landab beobachten. Es ist natürlich ein Phänomen im Niedriglohnsektor - zu Recht, denn Bürgergeld und etwas nebenher "unter der Hand" garantieren gesichertes Einkommen bei freier Zeitgestaltung. Das "unter der Hand" ist je nach Hintergrund sehr unterschiedlich, es reicht von der einfachen Schwarzarbeit bis hin zum Drogenhandel.
Wie wäre es. wenn Arbeit an sich so bezahlt wird, dass man ohne zusätzliche Transferleistungen davon leben kann?
Beitrag vom 15.12.2023 - 10:04 Uhr
mit leicht zugänglichem Bürgergeld zu überschütten.

Wobei diese Aussage natürlich blanker Unsinn ist, nur halt leicht zu glauben, solange man es nicht besser weiß. Das beginnt beim Verb und endet noch nicht beim Adjektiv. Nur das Substantiv hat da Substanz.


Mit Argumenten konnten Sie nichts entgegen setzen,
nur die Besserwisser Grammatikkeule. Respekt

Ich liefere Ihnen gerne die Argumente, da Sie sie ja offenbar nicht kennen:

Das Bürgergeld ist nicht leicht zugänglich - man muß einiges an "Vorleistung" erbringen, um es zu erhalten. Bspw. evtl. vorhandenes Vermögen abschmelzeen. Bspw. sämtliche Einkommens- und Vermögensverhältnisse offenlegen, bspw. Kontoauszüge vorlegen, laufend, nur um das Wichtigste zu nennen.

Man wird bei Gewährung dann auch nicht mit Geld überschüttet. Entgegen vieler vorgefaßter Stammtischmeinungen werden Miete, Mietnebenkosten, manchmal auch Krankenversicherung, etc. nicht hundertprozentig übernommen, sondenr sind limitiert. Details gerne bei Bedarf.

Man mag sich zwar streiten können über die Höhe der jeweiligen Positionen, sollte allerdings dabei den Zeitfaktor "Dauerzustand" nicht außer Acht lassen - man kann locker kurze Zeit mit den amtlichen Sätzen auskommen (selbst das gelingt vielen Möchtegern-Testern nicht mal), wenn es aber um Wochen. Monate oder gar Jahre geht sieht die Lage schon viel ungemütlicher aus.

Deshalb war die Floskel "mit leicht zugänglichem Bürgergeld zu überschütten" vollumfänglich unzutreffend und genaugenommen nur Nachweis mangelnder Reflektion. Um es noch milde auszudrücken.

Daß der eine oder andere arbeiten statt hartzen könnte ist unbestritten. Aber erfahrungsgemäß kennt man im eigenen Umfeld meist weit mehr von Kollegen letztlich mitgetragene Workflowoptimierer als unverdiente Bürgergeldempfänger.
Beitrag vom 15.12.2023 - 07:15 Uhr
Eigentlich geht es hier um die Kerosinsteuer. PISA lässt grüßen...


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