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Am späten Nachmittag des 4. Januar 2024 landete eine B-1B Lancer bei schlechtem Wetter auf ihrer Heimatbasis in Ellsworth, South Dakota. Allerdings setzte die Lancer mit der Seriennummer 85-0085 rund 30 Meter vor der Startbahn auf.
Das Heck berührte den Boden, und das Fahrwerk kollidierte mit der Runway-Befeuerung. Anschließend schlitterte die Maschine des 28th Bomb Wings über die Piste und kam links neben dem Runway 13 zwischen zwei Taxiways zum stehen. Die vierköpfige Besatzung hatte zuvor ihre Schleudersitze betätigt. Dabei erlitten zwei Crew-Mitglieder Verletzungen.
Aufgrund des dichten Nebels musste der Pilot nach der Fallschirmlandung seinen Standort per Mobiltelefon durchgeben. Der Bomber fing Feuer und gilt als Totalverlust. Der geschätzte finanzielle Schaden liegt bei 456 Millionen Dollar. Außerdem blockierte der havarierte Jet wochenlang die Basis bis zum Abschluss der Untersuchungen und der Bergung des Wracks.
Aber was war passiert? Laut dem nun veröffentlichten Unfallbericht reduzierte der Pilot während des Anflugs im dichten Nebel mehrfach die Schubleistung, um auf dem Gleitweg des Instrument Landing System (ILS) zu bleiben. In der Endphase geriet das Flugzeug in Scherwinde und sackte durch.
Der Flugzeugführer bemerkte die fehlende Geschwindigkeit zu spät und die B-1B geriet in einen unkontrollierbaren Flugzustand. Auch der kurz zuvor angewählte Nachbrenner half nicht mehr.
Die Gutachter kommen zu dem Schluss, dass die Besatzungen keinen effektiven Crosscheck während des Landeanflugs durchgeführt hat. Sie bemerkte weder die sinkende Fluggeschwindigkeit noch die steigende Sinkrate oder den abweichenden Gleitweg.
Zwei Faktoren beeinflussten dabei das Geschehen negativ: zum einen ein mangelhaftes Crew-Ressource Management (der Copilot hätte die nötigen Geschwindigkeitskorrekturen ansagen müssen) und die schwierigen Wetterbedingungen mit nicht bemerkten Scherwinden. Aber auch das Personal am Boden trage eine Mitschuld.
Die Analyse bemängelt eine ineffiziente Überwachung des Flugbetriebs mit schlechter Wahrnehmung der Bedingungen auf dem Flugplatz.
Wettersensor seit Monaten kaputt
So sei eine Person gleichzeitig als Supervisor für Flug- und allgemeinen Betrieb verantwortlich und daher mit der Arbeitsbelastung überfordert gewesen. So habe er ein aktive NOTAM übersehen, das die Mindestsicht von einer halben auf eine dreiviertel Meile erhöht hat. Demzufolge war der ausgeführte Anflug der Lancer eigentlich nicht autorisiert.
Der letzte Punkt ist vielleicht der gravierendste für den Verband: "Eine ungesunde Organisationskultur, die eine Verschlechterung der fliegerischen Fähigkeiten, eine unzureichende Konzentration auf Richtlinien, mangelnde Disziplin und schlechte Kommunikation bezüglich der Flugplatzbedingungen und -gefahren."
Der Pilot am Steuer hatte die B-1B erst seit November 2021 geflogen und 257 Flugstunden auf dem Muster absolviert. Bei seinem Copiloten handelte es sich allerdings um einen Fluglehrer mit mehr als 2000 Stunden auf dem Bomber. Trotz seiner Erfahrung sei er "ineffektiv in seiner Crew-Führung und bei seinen Überwachungspflichten als Ausbilder" gewesen.
Zu allem Überfluss seien seine Verletzungen bei Ausstieg auch darauf zurückzuführen, dass er das Gewichtslimit für den ACES-II-Schleudersitz von 111 Kilogramm um knapp zwei Kilo überschritten hätte.
Ersatz aus der Wüste?
Ob die USAF nun als Ersatz einen weiteren Bomber aus der Wüste holt, ist weiter offen. Zwei eingemottete Lancer sind bereits wieder zurück im Dienst. Zuletzt verließ die B-1B "Rage" (86-0115) die Davis-Monthan AFB wieder auf dem Luftweg. Sie soll wohl die "Hungry Devil" (86-0126) ersetzen, die sich derzeit in Palmdale zu größeren strukturellen Reparaturen befindet.
© FLUG REVUE - Patrick Hoeveler | Abb.: USAF | 11.08.2024 07:48
Kommentare (5) Zur Startseite
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Wenn das Wetter im Zielgebiet sich zu sehr verschlechtern kann, landet man dort nicht.
Wenn man einen derartig rufschädigenden Bericht veröffentlicht, hat man wohl Hintergedanken.
Nach der Marine kommt wohl jetzt die Luftwaffe an den Pranger!
Wenn der Tower die Landung frei gibt, dann ist die Landung autorisiert.
Der Tower hätte die Landung nicht freigeben dürfen.
Das ist natürlich falsch. Die Landefreigabe kommt lange vor dem Minimum-Call. Außerdem kann der Controller ja nicht einschätzen, ob die Besatzung am Minimum entsprechende Sicht hat.
Wenn der Tower die Landung frei gibt, dann ist die Landung autorisiert.
Der Tower hätte die Landung nicht freigeben dürfen.