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Die Atmosphäre im Tower des Frankfurter Flughafens ist gedämpft, konzentriert blicken die Lotsinnen und Lotsen auf die Bildschirme an ihren Arbeitsplätzen. In der Ferienzeit liegt immer etwas mehr Arbeit an, wie Sören Kratz berichtet.
Der 34-Jährige ist seit mehr als zwölf Jahren Lotse bei der Deutschen Flugsicherung (DFS). Von seinem Arbeitsplatz in rund 70 Metern Höhe überblickt er die vier Start- und Landebahnen, dahinter bietet die hessische Landschaft ein beeindruckendes Panorama.
Zeit, den schönen Blick in Richtung Feldberg oder Odenwald zu genießen, haben die Lotsinnen und Lotsen allerdings nicht. In mehreren Schichten regeln sie von frühmorgens bis spätabends den An- und Abflug zum und vom größten deutschen Flughafen. Um 5 Uhr morgens endet das Nachtflugverbot, ab dann darf gestartet und gelandet werden.
Möglich ist dies bis 23 Uhr, danach ist bis 24 Uhr eine Genehmigung erforderlich. Je acht Lotsinnen und Lotsen sind gleichzeitig in der Kanzel des Towers anwesend.
Zu hören ist der Funkverkehr mit den Pilotinnen und Piloten. Ein Gewitter hat für Verzögerung bei der Abfertigung geführt, daher können die Lotsen etwas durchschnaufen. "Wegen der Gefahr von Blitzeinschlägen dürfen während eines Gewitters keine Maschinen abgefertigt werden, also beispielsweise keine Koffer ein- oder ausgeladen werden", erklärt Kratz.
Das führe dann zu einem kleinen Stau, der zunächst weniger und dann mehr Arbeit von den Lotsen erfordere.
Alle Fahrzeuge bis zum Rasenmäher
Die Kommunikation mit den Piloten läuft auf Englisch. "Runway 25 left cleared to land" ist etwa die Freigabe für die Landung. Jeder Satz wird vom Gegenüber wiederholt, um Missverständnisse auszuschließen.
Die Bildschirme in der Kanzel zeigen in verschiedenen Farben neben den Flugzeugen alle Fahrzeuge, die auf dem Flughafengelände unterwegs sind, bis hin zum Aufsitz-Rasenmäher. Auch Wetterdaten werden angezeigt und weitergegeben.
Die Arbeit erfordert höchste Konzentration, Flugzeuge mit Tausenden Passagieren werden hier geleitet. Den Fokus zu halten, werde bei der Ausbildung ausgiebig trainiert, sagt Lotse Kratz. Mal schnell nebenbei aufs Handy schauen geht ohnehin nicht: Mobiltelefone sind in der Tower-Kanzel nicht erlaubt.
Die Fähigkeit zur Konzentration zählt zu den Einstellungskriterien. Die Durchfallquote unter Bewerbern für einen Ausbildungsplatz ist hoch: Mehr als 7.000 Bewerber braucht die Deutschen Flugsicherung (DFS), um rund 140 Lotsen ausbilden zu können, sagt eine Sprecherin.
Bis zu 15 Flugzeuge im Blick
Rund 1.300 An- und Abflüge gibt es derzeit täglich am Frankfurter Flughafen. Bis zu 15 Flugzeuge auf einmal habe er als Lotse im Blick, sagt Kratz: "Das kann schon mal stressig werden." Das gelte auch abends, wenn viele Flugzeuge noch schnell starten wollten. Während der Ausbildung habe er gelernt, mit solchen Situationen umzugehen.
Auch heikle Situationen hatte Kratz zu bewältigen, doch alles ist gut ausgegangen. Einmal habe eine Frachtmaschine Probleme mit dem Fahrwerk gehabt und beim Aufsetzen einen markanten Funkenflug produziert. In solchen Fällen wird per "Crash-Button" die Flughafen-Feuerwehr alarmiert, damit sie schnell bereitstehen kann.
Fast täglich gebe es medizinische Notfälle an Bord, dann erhalten diese Flugzeuge Priorität, damit rasch Hilfe geleistet werden kann.
Frühdienst bei Klebe-Aktion
Als sich Ende Juli Umweltaktivisten an mehreren Stellen auf die Bahnen klebten, hatte Kratz Frühdienst. "Ich habe gewartet, bis meine Bahn wieder frei ist", sagt er dazu. Alle Abläufe seien durcheinander gewesen. Mehr als 250 Flüge mussten gestrichen werden.
"Solche Blockaden können einen gefährlichen Eingriff in den Luftverkehr darstellen, den es aus Sicht der Flugsicherung zu verhindern gilt", heißt es von der DFS. Laut Flughafenbetreiber Fraport mussten die Bahnen gesperrt werden, um keine Menschenleben zu gefährden. Die schnelle Alarmierung auch der Lotsen sei Teil des Sicherheitskonzepts, das gegriffen habe.
Unerlaubte Flüge privater Drohnen und Blenden durch Laserpointer gehören ebenfalls zu den Herausforderungen, die die Lotsinnen und Lotsen häufiger meistern müssen. Damit der Fokus auf die Sicherheit über Stunden gewährleistet werden kann, sind regelmäßige Pausen vorgeschrieben, dazu stehen auch ein Fitnessstudio und Ruheräume bereit.
Das Gewitter ist unterdessen in Richtung Frankfurter Skyline weitergezogen, der Betrieb am Flughafen läuft wieder ungestört. Vor den dunklen Wolken heben sich die bunten Flugzeuge im Anflug auf die Nordwestlandebahn ab. Es ist nachmittags, die Schicht von Lotse Kratz dauert noch bis 20.30 Uhr. Bis dahin wird er noch zu den Pilotinnen und Piloten von hunderten Maschinen Kontakt aufnehmen, um ihnen ihre Start- oder Landeposition zu erteilen.
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© dpa, aero.de | Abb.: DFS | 18.08.2024 07:31
Kommentare (1) Zur Startseite
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Es sind stets genau 8 männliche Lotsen und genau 8 weibliche Lotsinnen im Tower!?
Das kann nie und nimmer stimmen!