Esa-Simulation
Vor 4 Tagen
Was der Menschheit bei einem schweren Sonnensturm droht
DARMSTADT - 1859 tobte ein schwerer Sonnensturm. Der nächste ist statistisch überfällig - und birgt nach einer Fallstudie der Esa enorme Risiken über die Satelliteninfrastruktur hinaus. Die europäische Raumfahrtbehörde hat ein mögliches Szenario durchgespielt. Das Ergebnis: beunruhigend.
"Keine Kommunikation oder Navigation, fehlerhafte Elektronik und Kollisionsgefahr": Ein schwerer Sonnensturm würde die Weltbevölkerung heute hart treffen.
Zu diesem Schluss kommt die Esa nach einer Fallstudie als "Teil der Simulationskampagne für Sentinel-1D". Der neue Erdbeobachtungssatellit soll am 4. November 2025 starten.
Als Orientierungspunkt für die Modellierung eines schweren Sonnernsturms diente den Esa-Experten das sogenannte "Carrington-Ereignis" im Jahr 1859, "dem stärksten jemals aufgezeichneten geomagnetischen Sturm".
Zunächst stört Intensive Röntgen- und Ultraviolettstrahlung bei einem Ereignis gleicher Intensität "Radarsysteme, Kommunikationssysteme und Ortungsdaten". Navigation mit Galileo und GPS ist nicht mehr möglich.
15 bis 20 Minuten später trifft eine "zweite Welle" auf die Erde, "diesmal bestehend aus hochenergetischen Teilchen, darunter Protonen, Elektronen und Alphateilchen". "Diese Teilchen, die auf nahezu Lichtgeschwindigkeit beschleunigt wurden (...) beginnen nun, die Bordelektronik (der Satelliten, Red.) mit Bitfehlern und potenziellen dauerhaften Ausfällen zu stören", hält die Esa fest.
Richtig heftig trifft der Sonnensturm die Erde mit 15 Stunden Verzögerung: Heißes Plasma aus geladenen Teilchen mit einer Geschwindigkeit von bis zu 2.000 km löst einen "starken, geomagnetischen Sturm" aus. Die Folge: Polarlichter bis nach Sizilien, ein Zusammenbruch der Stromnetze und "schädliche Stromstöße in langen metallischen Strukturen wie Stromleitungen und Pipelines".
"Keine guten Lösungen""Das Ausmaß und die Vielfalt der Auswirkungen haben uns und unsere Systeme an ihre Grenzen gebracht", sagt Thomas Ormston, stellvertretender Leiter des Sentinel-1D-Satellitenbetriebs. "Sollte ein solches Ereignis eintreten, gibt es keine guten Lösungen." Im Orbit würden wohl sämtliche Satelliten Schäden davontragen.
"Die Simulation der Auswirkungen eines solchen Ereignisses ähnelt der Vorhersage der Auswirkungen einer Pandemie", zieht ESA-Weltraumwetterexperte Jorge Amaya einen Vergleich. "Wir werden die tatsächlichen Auswirkungen auf unsere Gesellschaft erst nach dem Ereignis spüren, aber wir müssen bereit sein und Pläne haben, um sofort reagieren zu können."
Stastisch kommt ein schwerer Sonnensturm rund alle 100 Jahre vor - der nächste große Flare ist eigentlich überfällig.
Im Mai 1967 hatte ein gemessen am Carrington-Ereignis weitaus schwächerer Sonnensturm die Radaranlagen des US-Atomangrifffrühwarnsystems irritiert. Das US-Militär ging zunächst von einer Störattacke der Sowjetunion aus.
© aero.de | Abb.: NASA | 17.10.2025 17:29
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Beitrag vom 19.10.2025 - 15:23 Uhr
Das ist der Extremfall des Katastrophenschutzes, speziell die Gefahr eines mehrjährigen Blackouts, bis neue Umformer gebaut wurden (wenn sie dann überhaupt noch gebaut werden können).
Im Vergleich dazu sind andere Risiken, die uns aktuell so aufregen, vergleichsweise klein.
Sogar ein konventioneller Krieg mit Russland (zu geringe Auswirkungen) oder die Klimaerwärmung (viel langsamere Veränderungen)
Gut, Risiko-Bewertung ist ein komplexes Thema, und dazu kann man sicher sehr unterschiedliche Meinungen haben. Aber zu diesem Absatz kann ich mir Anmerkungen nicht verkneifen.
Ob ein Krieg zwischen Russland und der NATO konventionell bleiben kann und würde, ist sicher eine offene Frage. Und dass die Auswirkungen zumindest in Mitteleuropa soviel geringer wären als bei anderen Katastrophen, scheint mir sehr zweifelhaft. Viel würde danach hier jedenfalls auch nicht mehr stehen.
Und ja, die Klimakatastrophe entwickelt sich langsamer als akute Katastrophen wie Kriege, Kometeneinschläge oder eben auch Sonnenstürme, dafür aber auch in mancher Hinsicht grundlegender. Die Landwirtschaft von 1850 fand auch in einem Klimaoptimum statt, von dem wir uns immer weiter entfernen werden. Was dann noch geht, kann ich mir nicht wirklich vorstellen.
Das ist noch so eine Sache, die oft für Missverständnisse sorgt. Es gibt nicht die eine Gefahr, die uns am meisten bedroht und gegen die wir "mit aller Energie" vorgehen müssen (What about XXX?).
Das sind mehrere, die wir gleichzeitig im Auge behalten sollten. Zum Glück sind wir ja Viele und können uns die Arbeit aufteilen.
Na prima. Wo kann man sich für welchen Job melden, und wer koordiniert?
Beitrag vom 17.10.2025 - 23:02 Uhr
"Das sind wir alle"?
Schlecht im Abschätzen großer Risiken, die entweder langsam größer werden oder mit geringer Wahrscheinlichkeit eintreten. Ja. Schreiben Sie ja auch selbst.
Wer "von uns" kann denn realistisch einschätzen, welche Reaktion auf diese Bedrohung angemessen wäre?
Erst mal geht es ja nur darum abzuschätzen, ob man überhaupt reagieren bzw. dafür planen sollte.
Bisher lautet der Konsens ja offenbar "nein".
Das Wie ist ja nochmal eine andere Frage, bei der nicht nur Physiker und Techniker gefragt sind.
Das ist der Extremfall des Katastrophenschutzes, speziell die Gefahr eines mehrjährigen Blackouts, bis neue Umformer gebaut wurden (wenn sie dann überhaupt noch gebaut werden können).
Im Vergleich dazu sind andere Risiken, die uns aktuell so aufregen, vergleichsweise klein.
Sogar ein konventioneller Krieg mit Russland (zu geringe Auswirkungen) oder die Klimaerwärmung (viel langsamere Veränderungen)
Von eben auf jetzt 2 Jahre kein Strom. In ganz Europa. Oder auf der ganzen Welt. Kein Wasser, Keine Tankstellen, kein Gas, keine Medizin, keine Medikamente, keine Logistik, keine Versorgung, nur noch minimale Landwirtschaft mit den Mitteln von 1850.
Was glauben Sie steht hier nach 2 Jahren noch?
Die Eintrittswahrscheinlichkeit pro Jahr ist aber recht gering.
Also, was ist die optimale Vorbereitung?
Rational zu beurteilen, was uns aktuell wirklich am meisten bedroht, und wogegen wir primär und mit aller Energie vorgehen müssten, ist heute extrem schwierig,
Das ist noch so eine Sache, die oft für Missverständnisse sorgt. Es gibt nicht die eine Gefahr, die uns am meisten bedroht und gegen die wir "mit aller Energie" vorgehen müssen (What about XXX?).
Das sind mehrere, die wir gleichzeitig im Auge behalten sollten. Zum Glück sind wir ja Viele und können uns die Arbeit aufteilen.
Dieser Beitrag wurde am 17.10.2025 23:03 Uhr bearbeitet.
Beitrag vom 17.10.2025 - 21:45 Uhr
Das Thema kommt gefühlt alle 2-3 Jahre verstärkt in die Presse, bisher ohne irgendwelche Konsequenzen.
Nicht falsch verstehen, die Studie ist sehr sinnvoll, aber in Bezug auf Risiko-Management und Kosten ist die Menschheit offenbar ganz generell eher "Quartals-orientiert", denn wer würde hohe Vorsorge-Ausgaben heute für einen Ernstfall befürworten, der eventuell in 10, 20 oder 80 Jahren eintritt?
Eventuell aber auch morgen.
Und das sind nicht nur "die da oben", das sind wir alle.
Das bekommen wir ja nicht mal bei Themen hin, die mit 100%iger Sicherheit in 5-10 Jahren passieren, wie zB dem demographischen Wandel und den davon ausgelösten Sozialverschiebungen oder dem fortschreitenden Klimawandel, durch den Milliardenkosten und vielleicht sogar neue Kriege auf uns zurollen.
"Das sind wir alle"? Wer "von uns" kann denn realistisch einschätzen, welche Reaktion auf diese Bedrohung angemessen wäre? Ich hab mal Physik studiert, fühle mich aber trotzdem nicht wirklich kompetent, das zu beurteilen.
Insbesondere im Vergleich zu anderen Bedrohungen: neue Kriege? Wir werden gerade dazu angehalten, uns in bestehenden zu engagieren. Das Böse in Gestalt einer Person namens Putin zu bekämpfen, ist ja schon Bürgerpflicht, oder heisst das auch Staatsräson?
Rational zu beurteilen, was uns aktuell wirklich am meisten bedroht, und wogegen wir primär und mit aller Energie vorgehen müssten, ist heute extrem schwierig, obwohl es auf Basis naturwissenschaftlicher Fakten einfach sein müsste. Die Klimakatastrophe droht die Bedingungen für die Existenz menschlicher Zivilisationen zu zerstören, und was könnte wichtiger sein, als das zu verhindern?
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Im Vergleich dazu sind andere Risiken, die uns aktuell so aufregen, vergleichsweise klein.
Sogar ein konventioneller Krieg mit Russland (zu geringe Auswirkungen) oder die Klimaerwärmung (viel langsamere Veränderungen)
Gut, Risiko-Bewertung ist ein komplexes Thema, und dazu kann man sicher sehr unterschiedliche Meinungen haben. Aber zu diesem Absatz kann ich mir Anmerkungen nicht verkneifen.
Ob ein Krieg zwischen Russland und der NATO konventionell bleiben kann und würde, ist sicher eine offene Frage. Und dass die Auswirkungen zumindest in Mitteleuropa soviel geringer wären als bei anderen Katastrophen, scheint mir sehr zweifelhaft. Viel würde danach hier jedenfalls auch nicht mehr stehen.
Und ja, die Klimakatastrophe entwickelt sich langsamer als akute Katastrophen wie Kriege, Kometeneinschläge oder eben auch Sonnenstürme, dafür aber auch in mancher Hinsicht grundlegender. Die Landwirtschaft von 1850 fand auch in einem Klimaoptimum statt, von dem wir uns immer weiter entfernen werden. Was dann noch geht, kann ich mir nicht wirklich vorstellen.
Das ist noch so eine Sache, die oft für Missverständnisse sorgt. Es gibt nicht die eine Gefahr, die uns am meisten bedroht und gegen die wir "mit aller Energie" vorgehen müssen (What about XXX?).
Das sind mehrere, die wir gleichzeitig im Auge behalten sollten. Zum Glück sind wir ja Viele und können uns die Arbeit aufteilen.
Na prima. Wo kann man sich für welchen Job melden, und wer koordiniert?
Schlecht im Abschätzen großer Risiken, die entweder langsam größer werden oder mit geringer Wahrscheinlichkeit eintreten. Ja. Schreiben Sie ja auch selbst.
Wer "von uns" kann denn realistisch einschätzen, welche Reaktion auf diese Bedrohung angemessen wäre?
Erst mal geht es ja nur darum abzuschätzen, ob man überhaupt reagieren bzw. dafür planen sollte.
Bisher lautet der Konsens ja offenbar "nein".
Das Wie ist ja nochmal eine andere Frage, bei der nicht nur Physiker und Techniker gefragt sind.
Das ist der Extremfall des Katastrophenschutzes, speziell die Gefahr eines mehrjährigen Blackouts, bis neue Umformer gebaut wurden (wenn sie dann überhaupt noch gebaut werden können).
Im Vergleich dazu sind andere Risiken, die uns aktuell so aufregen, vergleichsweise klein.
Sogar ein konventioneller Krieg mit Russland (zu geringe Auswirkungen) oder die Klimaerwärmung (viel langsamere Veränderungen)
Von eben auf jetzt 2 Jahre kein Strom. In ganz Europa. Oder auf der ganzen Welt. Kein Wasser, Keine Tankstellen, kein Gas, keine Medizin, keine Medikamente, keine Logistik, keine Versorgung, nur noch minimale Landwirtschaft mit den Mitteln von 1850.
Was glauben Sie steht hier nach 2 Jahren noch?
Die Eintrittswahrscheinlichkeit pro Jahr ist aber recht gering.
Also, was ist die optimale Vorbereitung?
Rational zu beurteilen, was uns aktuell wirklich am meisten bedroht, und wogegen wir primär und mit aller Energie vorgehen müssten, ist heute extrem schwierig,
Das ist noch so eine Sache, die oft für Missverständnisse sorgt. Es gibt nicht die eine Gefahr, die uns am meisten bedroht und gegen die wir "mit aller Energie" vorgehen müssen (What about XXX?).
Das sind mehrere, die wir gleichzeitig im Auge behalten sollten. Zum Glück sind wir ja Viele und können uns die Arbeit aufteilen.
Dieser Beitrag wurde am 17.10.2025 23:03 Uhr bearbeitet.
Nicht falsch verstehen, die Studie ist sehr sinnvoll, aber in Bezug auf Risiko-Management und Kosten ist die Menschheit offenbar ganz generell eher "Quartals-orientiert", denn wer würde hohe Vorsorge-Ausgaben heute für einen Ernstfall befürworten, der eventuell in 10, 20 oder 80 Jahren eintritt?
Eventuell aber auch morgen.
Und das sind nicht nur "die da oben", das sind wir alle.
Das bekommen wir ja nicht mal bei Themen hin, die mit 100%iger Sicherheit in 5-10 Jahren passieren, wie zB dem demographischen Wandel und den davon ausgelösten Sozialverschiebungen oder dem fortschreitenden Klimawandel, durch den Milliardenkosten und vielleicht sogar neue Kriege auf uns zurollen.
"Das sind wir alle"? Wer "von uns" kann denn realistisch einschätzen, welche Reaktion auf diese Bedrohung angemessen wäre? Ich hab mal Physik studiert, fühle mich aber trotzdem nicht wirklich kompetent, das zu beurteilen.
Insbesondere im Vergleich zu anderen Bedrohungen: neue Kriege? Wir werden gerade dazu angehalten, uns in bestehenden zu engagieren. Das Böse in Gestalt einer Person namens Putin zu bekämpfen, ist ja schon Bürgerpflicht, oder heisst das auch Staatsräson?
Rational zu beurteilen, was uns aktuell wirklich am meisten bedroht, und wogegen wir primär und mit aller Energie vorgehen müssten, ist heute extrem schwierig, obwohl es auf Basis naturwissenschaftlicher Fakten einfach sein müsste. Die Klimakatastrophe droht die Bedingungen für die Existenz menschlicher Zivilisationen zu zerstören, und was könnte wichtiger sein, als das zu verhindern?