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Nach Sturzflug in die roten Zahlen droht LOT Lösung mit harter Hand

LOT Polish Airlines Boeing 787-8
LOT Polish Airlines Boeing 787-8, © The Boeing Company

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WARSCHAU - Die Nachricht des neuen Vorstandschefs, die die Kunden der polnischen Airline LOT Ende vergangener Woche in ihrer Mailbox fanden, klang schon fast trotzig-optimistisch: "Wir fliegen, und wir werden weiter fliegen", versprach Sebastian Mikosz, der erst Anfang Februar den Vorstand der finanziell schwer angeschlagenen Fluggesellschaft übernommen hatte. "Wir kennen unsere Schwächen und werden nicht vor ihnen davonlaufen", versicherte der oberste LOT-Manager.

Mikosz warb mit den strategischen Partnern Lufthansa und Austrian Airlines im Rahmen der "Star Alliance".

Der polnische Ministerpräsident Donald Tusk hatte wenige Tage zuvor ziemlich ultimativ klingende Forderungen an die Airline gestellt, an der der polnische Staat eher unfreiwillig Mehrheitseigner ist. Das für Privatisierungen zuständige Schatzamt hatte knapp 68 Prozent der Anteile übernommen, um die LOT-Pleite zu verhindern. Ein Investor wird gesucht, bisher aber vergeblich.

Im vergangenen Dezember musste das Ministerium der Fluggesellschaft mit einem Zuschuss von 400 Millionen Zloty (etwa 100 Millionen Euro) nach einem Sturzflug in die roten Zahlen erneut aus der finanziellen Misere helfen. Die Verluste des Unternehmens wurden zu diesem Zeitpunkt auf 200 Millionen Zloty geschätzt - die genaue Bilanz für 2012 steht noch aus.

"LOT darf kein Fass ohne Boden sein", zürnte Tusk. Entweder gebe es eine umfassende, radikale Umstrukturierung, oder es werde keine LOT mehr geben. Vom neuen Vorstandschef erwarte er eine "harte Hand" Ohne Massenentlassungen werde die Sanierung kaum machbar sein.

Bereits im Dezember hatte Schatzminister Mikolaj Budzanowski geschätzt, dass im Rahmen der Umstrukturierung mindestens ein Drittel der LOT-Mitarbeiter entlassen werden muss. "Es wird Entlassungen geben", kündigte auch Mikosz an. Es werde voraussichtlich um etwa 500 Mitarbeiter gehen.

Der Umstrukturierungsplan für die Fluggesellschaft soll spätestens Ende März vorliegen. Mikosz hofft innerhalb der kommenden Monate auf einen Käufer, der zumindest einen Teil des staatlichen Aktienpakets erwerben will. "Der natürliche Partner wären andere europäische Fluglinien", setzte er etwa auf die Partner aus der Star Alliance.

Angesichts eigener Probleme habe bisher zwar keine Airline Interesse bekundet. "Aber das heißt nicht, dass sie ihre Meinung nicht ändern können", versuchte Mikosz sich und den Mitarbeitern Hoffnung auf bessere Zeiten zu machen.

Die beiden Maschinen vom Typ Boeing 787 "Dreamliner", die der Stolz der LOT-Flotte sein sollten, haben die Krise nur verschärft. Seit dem Flugverbot durch die amerikanische Luftaufsichtsbehörde steht eine der Maschinen nach dem Jungfernflug in Chicago am Boden, die andere parkt in Warschau. Bis Ende Oktober muss Mikosz ohne seine "Dreamliner" planen und stattdessen zusätzliche Maschinen leasen.

Buchstäblich auf der Strecke bleibt ein Teil der Verbindungen. Die erst im Oktober gestartete Verbindung zwischen Warschau und Hannover ist seit Anfang Februar bereits wieder eingestellt - viele Kunden hatten erst in letzter Minute davon erfahren. "Nicht einmal bis zur CeBIT haben sie die Strecke beibehalten" ärgerte sich ein verhinderter Passagier in einem Forum für Geschäftsreisende. Doch angesichts der Unternehmensschulden und der angekündigten Entlassungen dürften weitere Löcher im Streckennetz nur eine Frage der Zeit sein.
© Eva Krafczyk, dpa | 19.02.2013 11:09

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Beitrag vom 19.02.2013 - 22:53 Uhr
Ich habe diesen Montag in der polnischen Zeitung Dziennik gelesen, dass LOT nicht beabsichtigt, Schadenersatzforderungen vor Gericht gegen Boeing geltend zu machen, sondern dass LOT auf aktive Unterstützung bei der vorübergehenden Ersatzbeschaffung von 767 und 777 hofft.

Ich denke, in der aktuellen Situation wird LOT eine kurzfristige deutliche finanzielle Unterstützung einer Vertragsstrafe gegenüber vorziehen: Was nutzt mir das Recht auf Vertragsstrafe, die erst in mehreren Monaten fällig wird (zu dem Zeitpunkt, wann der Flieger planmäßig ausgeliefert werden sollte), wenn ich morgen in Konkurs bin? Wenn die EU die schon erteilte Finanzspritze als nicht rechtens zurück weisen sollte (wie im Falle Malev), dann war es das wohl mit Lot. Die entsprechenden Finanzmittel wird Lot kaum aus eigenen Mitteln zurück zahlen können. Die Entscheidung der EU soll polnischen Medienberichten zufolge noch im März fallen, jedoch bin ich mir dessen nicht sicher.

Daher wird der Lot möglicherweise kurzfrisig durch Boeing geholfen werden können. Lot verzichtet auf Vetragsstrafe in erheblichen Millionengrößenordnungen, bekommt dafür von Boeing die Ersatz-Maschinen für eine bestimmte Zeit extrem günstig zur Verfügung gestellt, oder finanzielle Hilfe von Boeing in anderer Form.

Vorteil Lot: Überleben zumindest kurzfristig gesichert
Vorteil Boeing: In Summe wird Boeing deutlich weniger zahlen, als der Lot Vertragsstrafe zustehen würde und die Maschinen müssten nicht storniert werden

Dieses Szenario ist zwar nur ein Gedankenspiel, aber von der Grundidee her gar nicht so unrealistisch.

Darüber hinaus frage ich mich allerdings, welche Gesellschaft derzeit an Lot Interesse haben sollte. LH? Wohl nicht wirklich.
Eine der Stärken von Lot ist das Osteuropa-Streckennetz. Da ist LH spätestens nach der AUA-Übernahme gut aufgestellt. Und mal sehen, wie sich Streckenstreichungen bei Lot diesbezüglich auswirken. Das ist also wohl kein Grund.
Als Füller für die LH-Verbindungen ab FRA und MUC? Vielleicht, dann aber nur um zu verhindern, dass Quatar und Emirates nicht noch mehr Passagiere aus Polen absaugen, denn beide sind dort inzwischen mit Kampfpreisen am Markt präsent. Bei der Lage von Lot ist das allerdings auch nicht wahrscheinlich.

TK hat gerade erst abgesagt.

Wenn überhaupt, dann scheint mir also fast ein Allianzwechsel auf Dauer wahrscheinlicher, mit einem Airline-Investor, der Osteuropa stärken will. Aber konkretes ist mir hierzu auch nicht bekannt. Was übrig bleibt, ist also zu spekulieren, ob es überhaupt weitergeht, und wenn ja, mit wem...gut sieht es leider für Lot nicht aus. Langfristig hat Polen sicherlich als Flugreisemarkt erheblich Potential. Die Frage ist aber, ob es dann die Lot noch gibt.

Gruß aus WAW

Dieser Beitrag wurde am 19.02.2013 23:17 Uhr bearbeitet.


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