Retter oder Henker?
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Alitalia hofft auf Air France-KLM

Alitalia Boeing 767
Alitalia Boeing 767, © SkyTeam

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ROM/PARIS - Mitte November schlägt für Alitalia die Stunde der Wahrheit. Bis dahin müssen sich die Aktionäre der taumelnden italienischen Fluglinie entscheiden, ob sie das Rettungskonzept überzeugt - und ob sie die geplante Kapitalerhöhung in Höhe von 300 Millionen Euro mittragen. Gemeinsam mit neuen Krediten über 200 Millionen Euro soll sie frisches Geld in die Kassen spülen und die Italiener vor der drohenden Pleite bewahren.

Vor allem die Zusage des französisch-niederländischen Großaktionärs Air France-KLM dürfte darüber entscheiden, ob das Vorhaben gelingt.

Doch die Franzosen reagieren zurückhaltend. Sie stimmten zwar der Kapitalerhöhung zu, ließen aber offen, ob sie auch nur einen Euro besteuern. Air France-KLM hält mit einem Anteil von 25 Prozent so viele Alitalia-Aktien wie niemand sonst. Immer wieder wurde spekuliert, die Gesellschaft wolle kein weiteres Geld in Alitalia pumpen oder knüpfe seine Beteiligung an den Abbau von 5.000 Jobs.

Laut Medienberichten bereitet Alitalia einen umfangreichen Sparplan mit dem Abbau von bis zu 4000 der rund 14.000 Stellen vor. Der Verwaltungsrat von Alitalia wolle sich am Mittwoch mit den Plänen beschäftigen.

Derartige Forderungen wollen die Franzosen zwar nie erhoben haben. Allerdings hat Konzernchef Alexandre de Juniac längst zu verstehen gegeben: Wenn die Italiener Hilfe haben wollen, muss sich Alitalia deutlich gründlicher verändern als bislang vorgesehen. Viel trauen die Franzosen ihrem Partner derzeit nicht mehr zu: In der jüngsten Quartalsbilanz schrieben sie den Wert von Alitalia auf null ab.

In Italien kommen solche Zeichen nicht gut an. "Richtig ist, dass Air France der geeignetste Verbündete ist, aber es ist auch richtig, dass er der mögliche Henker von Alitalia ist", sagt Giovanni Luciano, Chef der italienischen Gewerkschaft Fit-Cisl. "Mitte November werden wir sehen, wer es ernst gemeint hat und wer nicht."

Doch die italienische Post, die eine Investition von 75 Millionen Euro in Aussicht gestellt hat, soll auf der Beteiligung der anderen Anteilseigner bestehen. Alitalia reagiert inzwischen gereizt auf Berichte, denen zufolge die Kapitalerhöhung auf der Kippe stehen könnte. Von den benötigten 300 Millionen Euro seien bereits 130 Millionen eingegangen, betonte Alitalia vor wenigen Tagen und drohte jedem, der dem Unternehmen schadet, rechtliche Schritte an.

Unterdessen läuft der Flugbetrieb weiter - und Alitalia droht das Geld auszugehen. Täglich fliegt das Unternehmen einen Verlust im sechsstelligen Bereich ein. Zwischenzeitlich befürchtete die italienische Zivilluftfahrtbehörde Enac sogar, die 140 Flugzeuge müssten bald am Boden bleiben. Angesichts der unsicheren Lage halten sich auch die Kunden mit Buchungen zurück.

Von Januar bis September verbuchten die Italiener einen operativen Verlust von 162 Millionen Euro, knapp 30 Prozent mehr als ein Jahr zuvor. "Heute kann ich sagen, dass wir in der Vergangenheit Fehler gemacht haben und jetzt dafür bezahlen", gab Verwaltungsratspräsident Roberto Colannino in der Zeitung "Il Sole 24 Ore" zu. Er selbst hat bereits seinen Abschied angekündigt.

Vor fünf Jahren hatte Alitalia schon einmal vor dem Aus gestanden. Nach der Trennung von Altlasten wagte sie einen Neustart zusammen mit der früheren Konkurrentin Air One. Als wichtigster Aktionär kam Air France-KLM ins Boot. Doch seitdem hat Alitalia schon wieder mehr als 1,25 Milliarden Euro verloren. Vor allem die Konkurrenz von Billig-Anbietern wie Ryanair und Easyjet setzt der Gesellschaft zu.

Italien: Alternativen außerhalb Europas

Während Alitalia auf die Entscheidung aus Paris wartet, wird an einem Alternativplan gewerkelt. So könnte ein anderer Partner - etwa aus Russland oder China - einsteigen. "Wenn Air France entscheiden sollte, die Kapitalerhöhung nicht zu unterschreiben, ist es offensichtlich, dass für Alitalia ein starker internationaler Partner gefunden wird", sagte Italiens Verkehrsminister Maurizio Lupi.

Doch der arabische Alitalia-Verbündete Etihad, der der deutschen Air Berlin mehrfach aus der Patsche geholfen hat, wollte schon im September nichts von Hilfen für die Italiener wissen. Lupi zeigte sich denn auch überzeugt: Für Alitalia bleibe Air France-KLM die erste Wahl.
© dpa-AFX | Abb.: SkyTeam | 12.11.2013 09:24

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Beitrag vom 12.11.2013 - 15:51 Uhr
Ganz neutral betrachtet benötigt man in Europa 60% der vorhandenen Fluggesellschaften nicht wenn, ja wenn die restlichen verbliebenen ihre verstärkte Stellung nicht zu Lasten der Kunden ausnutzen würden was allerdings mit Sicherheit der Falle sein würde. Kleinere Länder könnten leicht von Carriern benachbarter größerer Länder mitbedient werden. Dies gilt für Portugal,Irland,Ungarn,Luxemburg,Dänemark, Norwegen aber halt : Wie war das noch mal mit der SAS ? Staatsbürger welche sich den Luxus erlauben sich eine Politkaste zu unterhalten welche auf Staatskosten die eigene Verwandschaft in Fluggesellschaften versorgt müssen halt dafür zahlen !
Beitrag vom 12.11.2013 - 14:37 Uhr
also die Ungarn brauchen die Malev auch nicht wirklich, im Gegenteil, ich habe den Eindruck auf meinen Reisen nach Budapest, dass die Verbindungen besser geworden sind

Beitrag vom 12.11.2013 - 13:46 Uhr
Patriotismus hat eben seinen Preis!
Aber wirklich, brauchen die Italiener die ALITALIA, ganz sicher NEIN!
Der Preis der dafür bezahlt wird ist einfach zu hoch, es gibt wichtigere Projekt in Italien wo Geld gebraucht wird.
Aber wie überall, Prestige geht vor.


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