Damit müssen die Fluggesellschaften nur dann nicht zahlen, wenn sie nachweisen können, dass die Verspätung auf nicht beherrschbare außergewöhnliche Umstände zurückgeht.
Bisher gab es pauschale Ansprüche nur bei "Annullierung" oder "Nichtbeförderung" des Fluggasts - weshalb vor den Gerichten heftig um die Auslegung dieser Begriffe gestritten wurde. Bei großen Verspätungen mussten die Fluggesellschaften bisher lediglich für Mahlzeiten oder Hotelunterbringungen sorgen oder - ab fünf Stunden - den Flugpreis erstatten. (Rechtssachen C-402/07 und C-432/07).
Derweil hat am Donnerstag der Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe ebenfalls über die Ansprüche von Fluggästen verhandelt. Dort ging es um einen Flug vom Frankfurter Flughafen auf die Malediven im März 2008, der nach einer Zwischenlandung in den Vereinigten Arabischen Emiraten abgebrochen wurde, weil dem Personal die notwendigen Visa fehlten. Die Kläger, darunter ein Paar auf Hochzeitsreise, wurden auf einen späteren Flug umgebucht und kamen 30 Stunden zu spät an. Umstritten ist, ob dies nach der EU-Verordnung als "Annullierung" einzustufen ist.
Das EuGH-Urteil geht unter unter anderem auf einen 2007 vom BGH vorgelegten Fall zurück. Dort hatte sich ein Flug von Toronto nach Frankfurt um 25 Stunden verzögert. Geklagt hatte ein Paar aus Neustadt an der Weinstraße, das bei der Fluggesellschaft Condor für Juli 2005 einen Charterflug nach Kanada gebucht hatte. Der Rückflug verschob sich wegen technischer Defekte der Maschine, die Gäste bekamen ihr Gepäck zurück und wurden zur Übernachtung in ein Hotel gebracht.
Nach der früheren Lesart hätten sie - falls es sich nur um eine "Verspätung" gehandelt hätte - lediglich etwaige Kosten ersetzt bekommen, aber keinen pauschalen Ausgleich. Der EuGH entschied nun, dass sich die Reisenden eines verspäteten Flugs in einer vergleichbaren Lage befinden wie Fluggäste, die wegen Annullierung ihres Flugs kurzfristig umgebucht wurden und damit ebenfalls verspätet ankommen. Deshalb sei es nicht gerechtfertigt, "Annullierung" und "große Verspätung" unterschiedlich zu behandeln.
Das Bundesverkehrsministerium begrüßte die Entscheidung. "Das Urteil schafft Klarheit für die Fluggäste", sagte Staatssekretär Jan Mücke. Der Frankfurter Reiserechts-Anwalt Ronald Schmid bezeichnete das Urteil als Durchbruch. Damit sei zumindest teilweise Klarheit über die Auslegung der umstrittenen Verordnung geschaffen worden.
Keine Zahlungspflicht besteht laut EuGH bei "außergewöhnlichen Umständen" - zu denen aber technische Defekte im Normalfall nicht zählen. Nur wenn eine Panne auf Umstände zurückgehe, die außerhalb des üblichen Flugbetriebs liegen, können sich die Linien darauf berufen.
© dpa | Abb.: Deutsche Lufthansa AG | 19.11.2009 17:56
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