"DIE ZEIT"
Älter als 7 Tage

Zweifelhafter Umgang mit kranken Piloten bei Cargolux

HAMBURG - Nach zehn Minuten war das Gespräch beendet. Cargolux hatte Kapitän Daniel Hofach zum Flugbetriebsleiter einbestellt - Hofach war öfter krank, Cargolux sah Klärungsbedarf. Offenbar ist Hofach kein Einzelfall. Cargolux gab auch anderen Piloten zu verstehen: Wer nicht fliegt, der fliegt.

"Cargolux hat kein ausreichendes Bereitschaftssystem", sagt Hofach, der im wirklichen Leben anders heißt, im Gespräch mit der Wochenzeitung "DIE ZEIT". "Die Airline zählt darauf, dass ihre Piloten nicht krank werden" und belohne Einsätze an eigentlich freien Tagen mit der Zuteilung schöner Ziele.

Cargolux Boeing 747-400F
Cargolux Boeing 747-400F, © world-of-aviation.de Björn Schmitt Aviation Photography

Nach dem Termin beim Flugbetriebsleiter erhielt Hofach seine Kündigung. Mehr als vier Jahre flog der Kapitän da für die Luxemburger in einer Boeing 747 Fracht um die Welt. Jetzt klagt er gegen seinen ehemaligen Arbeitgeber. Drei Kollegen erlebten bei Cargolux Ähnliches, sagt Hofach.

"Als das Management die Piloten wegen ihrer Krankheitstage einbestellt hat, war die Situation sehr angespannt", berichtet Dirk Becker, Generalsekretär der Pilotengewerkschaft ALPL. "Piloten hatten Bedenken, sich krankzumelden. Sie fürchteten sich vor disziplinarischen Konsequenzen."

Einmal habe die Gewerkschaft einen Brief von einem Cargolux-Piloten erhalten, der von seiner psychologischen Behandlung schrieb. Seinem Arbeitgeber habe er sich lieber nicht anvertrauen wollen.

Hofach fehlte im Febuar 2015 für acht Tage wegen einer Grippe. Ein Jahr zuvor hinderte ihn eine chronische Nasennebenhöhlenentzündung für 66 Tage am Fliegen. Unter Antibiotika darf ein Pilot nicht ins Cockpit zurück, krankheitsbedingte Fehlzeiten können dadurch schon mal länger ausfallen, als in anderen Jobs.

Spionierte Cargolux krankgeschriebene Piloten aus?


"DIE ZEIT" fragte bei Cargolux nach. Dort begründet man die Entlassungen von Hofach und seiner Kollegen knapp mit "unprofessionellem Verhalten". Die laut Zeitung detailreichen Kündigungsschreiben haben eine brisante Note - sie legen nahe, dass Cargolux erkrankte Piloten von Detekteien ausspionieren ließ.

"Am 17. Februar verließen Sie um 14:25 Uhr Ihr Haus, um (...) einen Supermarkt aufzusuchen, in dem sie unter anderem zwei Getränkekästen zurückgegeben haben. Um 16.41 Uhr kamen Sie nach Hause", konnte Hofach in seiner Kündigung nachlesen.

Hofachs ganze Geschichte ist im Artikel "Ein müder Pilot" in der aktuellen Ausgabe der Hamburger Wochenzeitung "DIE ZEIT" (16. Juni) erschienen.
© aero.de | Abb.: world-of-aviation.de, Björn Schmitt Aviation Photography | 16.06.2016 14:06

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Beitrag vom 16.06.2016 - 21:11 Uhr
Muss ja nicht. Gibt ja noch EK, China, USA. Dort soll alles super sein.
Beitrag vom 16.06.2016 - 16:53 Uhr
Da sieht man wieder ganz deutlich was so ein Job heut noch bringt............
Ausbildung mal sebst finanzieren und dann wenn alles im Lot von A-Z
prekär ansonsten sogar arbeitsos 😳


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