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Kanzlerin Angela Merkel sieht darin einen kräftigen Schub für Europa. Frankreichs Präsident Emmanuel Macron sprach gar von einer "Revolution". Und auch die Industrie reibt sich schon die Hände. "Das wird viel mehr als nur ein neues Flugzeug", verkündet Airbus-Rüstungsvorstand Dirk Hoke begeistert zum Auftakt der Luftfahrtmesse ILA in Berlin am Mittwoch.
Es geht um einen europäischen Kampfjet der nächsten Generation. Doch am Ende soll nicht nur ein einzelner Kampfflieger stehen, sondern ein fliegendes Gesamtsystem, das auch Drohnen und Satelliten steuern kann. Die Rede ist bereits vom besten Flugzeug der Welt.
Damit wollen Airbus und Dassault den amerikanischen Wettbewerbern Paroli bieten. "Wir wollen strategische Autonomie für Europa", wirbt Dassault-Chef Eric Trappier für das Projekt.
Merkel und Macron hatten sich bereits im Juli 2017 auf die Zusammenarbeit verständigt. Bislang gehen die engen Partner auf diesem Feld getrennte Wege. Der letzte ähnliche Versuch war in den 1980er Jahren geplatzt, als Frankreich bei der Entwicklung des Eurofighter-Jets nicht mitzog. Stattdessen entwickelten die Franzosen das Rafale-Flugzeug. Das neue System soll beide Flotten ersetzen.
Seit Jahren gibt es Forderungen, dass Paris und Berlin bei großen Rüstungsprojekten an einem Strang ziehen sollen - schon allein, um die enormen Kosten auf mehrere Schultern zu verteilen. Der Markt auf dem Kontinent sei zu klein für zwei oder drei verschiedene Systeme, wird argumentiert.
Befürworter halten es zudem für notwendig, dass Europa strategisch unabhängig bleibt und zentrale Waffensysteme selbst herstellen kann. Auch bei Panzern, Artillerie und Euro-Drohne wollen sich die Nachbarländer zusammentun.
Im Juni soll der Fahrplan für die Entwicklung des Kampjets stehen. Aber manche Frage ist noch offen.
Projektleitung unklar
Wer soll die politische Führung des Projekt übernehmen? Die Bundeswehr wünscht sich eine klare Benennung eines Landes als Federführer. Denn beim Bau des Transportflugzeugs A400M haben ihr zufolge viele gleichberechtigte europäische Partner das Projekt durch den zwingenden Konsens verzögert und verteuert.
In beiden Ländern dürfte zudem mit Argusaugen darauf geachtet werden, dass die jeweilige Industrie nicht den Kürzeren zieht. Es geht um viele Arbeitsplätze. Keines der beiden Unternehmen reißt sich um die Rolle des Juniorpartners.
"Wir können als einziges Unternehmen in Europa ein komplettes Kampfflugzeug von A bis Z bauen", tönte Dassault-Chef Trappier vor kurzem noch in der "Wirtschaftswoche". Zum ILA-Start am 25. April demonstrierten beide Seiten dann Geschlossenheit.
Plötzlich ist die Rede von einer Win-Win-Situation. Bei der Arbeitsteilung gehe es am Ende nur um Kompetenzen, hieß es dort. "Vor ein paar Monaten hätten wir nicht gedacht, dass wir so zusammenkommen", sagte Hoke. "Wir sind immer noch Wettbewerber." Der Führungsfrage wichen die Manager aus.
Lückenfüller gesucht
Der erste neue Kampfjet wird erst in Jahrzehnten abheben, in Paris wird das Jahr 2040 genannt. Deshalb muss die Bundeswehr noch Flugzeuge für die Zwischenzeit anschaffen, um die in die Jahre gekommenen Tornados ab 2025 abzulösen.
Im Rennen ist neben dem Eurofighter, an dem Airbus beteiligt ist, das US-Kampfflugzeug F-35 des Airbus-Konkurrenten Lockheed Martin. Airbus warnt seit Wochen, sollte die Bundeswehr sich für die F-35 entscheiden, habe sich auch das deutsch-französische Kampfjetprojekt erledigt.
"Der Eurofighter ist die natürliche Brücke hin zum künftigen europäischen Kampfflugzeug", warb auch Volker Paltzo, Chef von Eurofighter Jagdflugzeug, mit Blick auf das französisch-deutsche Projekt auf der ILA. Der Eurofighter könne alle Aufgaben erfüllen, die auch der Tornado erfülle.
Uneinigkeit über Absatzmarkt
Ein Rüstungsprojekt dieser Dimension braucht Kundschaft, damit sich die hohen Entwicklungskosten rechnen. Die restriktiven deutschen Waffenexportregeln sind den Franzosen ein gehöriger Dorn im Auge.
Die Franzosen verkaufen ihre Rafale-Jets auch an Länder wie Ägypten und Katar - und pochen auch für den künftigen gemeinsamen Jet auf gewisse Spielräume. Die Bestellungen aus Deutschland und Frankreich dürften kaum reichen, um den Kampfjet kostengünstig zu produzieren.
© Von Nico Pointner und Sebastian Kunigkeit, dpa | Abb.: Airbus | 28.04.2018 11:21
Kommentare (7) Zur Startseite
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Klingt eher danach, dass Frankreich wie nach Ariane Space und Airbus wieder ein Projekt an sich reißen möchten.
Merkel sollte etwas mehr den F-35 favorisieren, um bessere Karten zu haben die Projektführung zu bekommen.
Ja ganz richtig: ein Witz wie der Deutsche Teil eigentlich gar nicht Deutsch ist sondern ein Gemeinschaftsunternehmen, Deutschland hat da genau nichts zu melden.
Hoffentlich wird das dann bei der Auswahl der Zulieferer entsprechend berücksichtigt, wäre Industriepolitisch ja sogar raffinierter weil die Zuliefer- Firmen ihre so gewonnenen Erkenntnisse auch anderweitig zu Geld machen können, gerade bei den geringen Stückzahlen im Rüstungsgeschäft ist das super.
Die Führung der Militärflugzeugsparte ist (weitgehend) spanisch.
Wenn Deutschland die Führung hat wird es schwierig, mit all den „Gut Menschen“ hier im Lande!
Die Zukunft geht doch in der Richtung: Deutschland baut die besten Auto, Frankreich das beste Kriegsgerät.