"Score"
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Management schickt Lufthansa auf riskanten Sparkurs

LH 747
Lufthansa Boeing 747-400, © Deutsche Lufthansa AG

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FRANKFURT - Die Lufthansa versucht sich gerade neu zu erfinden. Hohe Kerosinpreise und starke Konkurrenz aus Asien und vom arabischen Golf zwingen Europas größte Airline auf einen riskanten Sparkurs. Der wird vor allem bei den rund 120.000 Mitarbeitern stattfinden müssen, denn am größten Kostenblock ist wenig zu holen. Weit über die Hälfte des Gesamtaufwands geht für Material drauf, wobei wiederum das Kerosin den größten Einzelposten darstellt.

Die anstehenden Tarifverhandlungen mit Piloten und Flugbegleitern werden daher wohl härter denn je.

Europas größte Fluggesellschaft hat im anstehenden Überlebenskampf bereits einigen Ballast abgeworfen. Fehlinvestitionen aus der Vergangenheit wie British Midland (BMI) oder die gescheiterte Frachtbeteiligung Jade in China belasten die Bilanz nicht mehr lange.

Bei der Tochter Austrian Airlines gibt Lufthansa-Personalvorstand Stefan Lauer den harten Hund: Um allzu komfortable Tarifverträge für Piloten und Kabinenpersonal aus der Vergangenheit loszuwerden, riskiert er in Österreich eine Prozesslawine um Abfindungen und Pensionsansprüche.

Das große Aufräumen wirft inzwischen ein denkbar schlechtes Licht auf den früheren Lufthansa-Chef Wolfgang Mayrhuber, dessen Wahl zum neuen Aufsichtsratschef im nächsten Jahr immer deutlicher in Frage steht.

Unter dem Titel "Score" hat Mayrhubers Nachfolger Christoph Franz für den Gesamtkonzern das Ziel einer Ergebnisverbesserung von 1,5 Milliarden Euro im Jahr 2015 ausgegeben und dabei ganz untypisch selbst betriebsbedingte Kündigungen nicht mehr ausgeschlossen. Es gehe nicht um ein "Sparprogramm mit dem Rasenmäher", sondern um die intelligente Anpassung aller Arbeitsprozesse und Strukturen, sagt der interne Sparkommissar Jörg Beißel.

Management trimmt Konzern auf Profitabilität

Nach den Ankündigungen der Führungsspitze soll tatsächlich kein Stein auf dem anderen bleiben. Als erstes werden die Zulieferer die neue Gangart zu spüren bekommen: Allein 200 Millionen Euro will der Lufthansa-Konzern bereits in diesem Jahr mit seinem neu geordneten Einkauf sparen.

In der Flotte soll eine Vereinheitlichung Kosten senken. Die 55 Boeing 737-300 und 737-500 der Lufthansa sollen bis 2016 ausgemustert werden. Sie werden neuen Airbus A320 und A320neo Platz machen. In der Regionalflotte ist das Ende der 70-Sitzer absehbar. Der Lufthansa-Konzern wird in diesem Segment künftig auf größere E-Jets, die CRJ-900 und die Bombardier CSeries setzen.  

Die Gebühren für Flugsicherheit, Starts und Landungen sowie die Bodendienste an den europäischen Flughäfen haben die Manager zwar schon länger im Visier, aber bislang aus politischen Gründen keinen rechten Zugriff. Auch bei der deutschen Ticketsteuer und dem Emissionshandel auf europäischer Ebene können die Lobbyisten bislang keine Erfolge vermelden.

Bei der Lufthansa geht es also ans Eingemachte: Die Flugpläne werden schärfer auf Profitabilität getrimmt, schwach gebuchte Flüge auch aus dem Interkontinentalprogramm gestrichen. Auf einzelnen Verbindungen wird die kaum gebuchte Luxuskategorie "First" gestrichen, um mehr Sitze in die Flugzeuge zu bekommen.

In Europa sollen sich die verschiedenen Marken Lufthansa, Swiss und AUA nicht mehr gegenseitig die Kunden wegnehmen; die verlustreiche Billigtochter Germanwings wird komplett in den Lufthansa-Betrieb integriert. In der Folge wird Lufthansa ihre Flotte zwar weiter modernisieren, aber nicht mehr im geplanten Umfang ausbauen. Ältere Jets können so früher ausgemustert und zu Geld gemacht werden.

Schwierige Tarifrunden mit Cockpit und UFO

Dem Personal hat Lufthansa erste Androhungen gemacht, wie den geplanten Einsatz von Leihstewardessen ab Berlin. "Wir werden den Einsatz von Leiharbeitern tariflich ausschließen", sagt zwar der Chef der Kabinengewerkschaft UFO, Nicoley Baublies, gibt aber gleichzeitig zu erkennen, dass man dafür auf anderen Feldern der Lufthansa entgegenkommen könnte.

Die Pilotengewerkschaft Vereinigung Cockpit (VC) fordert die Lufthansa auf, ihre Forderungen auf den Tisch zu legen. Auch hier stehen ab Mai schwierige Verhandlungen an.

UFO-Chef Baublies warnt vor zusätzlichen Schäden an der Marke Lufthansa, wenn aktuell ausschließlich mit Kampfpreisen geworben werde. Lufthansa müsse "besser statt billiger" bleiben und weiterhin ein Qualitätsprodukt abliefern, was nur mit motivierten Mitarbeitern gelingen könne.

Um die wichtigste Kundengruppe, die Geschäftsreisenden, muss die Airline ohnehin hart kämpfen. In einschlägigen Internet-Foren ist Lufthansa-Bashing ein schon seit langem geübter Volkssport. Gelästert wird über die Qualität des Essens oder die Entwertung von Bonusmeilen genauso wie über schnippische Flugbegleiterinnen. Für Lufthansa weitaus gefährlicher sind aber die Berichte, wie Vielflieger ganz ohne den Kranich von Europa aus um die Welt fliegen. Das machen die Golf-Carrier immer einfacher.
© dpa-AFX | Abb.: Deutsche Lufthansa AG | 23.04.2012 17:47

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Beitrag vom 22.05.2012 - 09:16 Uhr
Also was das Produkt angeht, ist es immer wieder verwunderlich, dass offenbar diejenigen, die niemals in der First bzw. Business Class fliegen werden hier die größten Kritiker sind.

Man kann hier keine EK mit einer LH vergleichen und das aus gutem Grund:
LH entwickelt die Kabinen der genannten Klassen unter Anderem zusammen mit ausgewählten Senatoren und HON Membern. Und genau DIESE wollen keinen Protz oder Prunk, a la EK. Sie wollen auch keine Suiten oder Ähnliches.
All diese Dinge kommen im arabischen Raum sehr gut an. Die Kunden der LH dagegen wollten überwiegend Ruhe, ein angenehmes Klima, Möglichkeiten zum arbeiten und schlafen.

Am Beispiel A380 First ist diese Entwicklung völlig aufgegangen. Allein durch die Schallschutzdämmung und der erhöhten Luftfeuchtigkeit, sowie durch die variablen Trennwände ist das Produkt beliebt wie nie.
Das nicht auf allen Strecken eine F benötigt und nachgefragt wird ist auch klar.

Nun zum Thema LH, SCORE und dem Kurs des Managements:
Offensichtlich weiss derzeit niemend wirklich wo die Reise hingehen soll. Die Hilflosigkeit ist offensichtlich.
Nein, der LH geht es nicht schlecht und eine "Komfortzone" gibt es für das Personal schon lange nicht mehr.

Allerdings muss sich LH auch genau in diesem Punkt künftig warm anziehen.
Die Zeiten von verdi sind gezählt. Nur noch unter 5% der Angestellten sidn dort organisiert. So hatte LH lange leichtes Spiel. Nun ändert sich die Gewerkschaftslandschaft allerdings gewaltig, was im Übnrigen LH in den letzten Jahren selber aktiv gefördert hat, da man die Mitarbeiter einfach über Jahre nicht ernst genommen hat.

Nun muss man sich künftig mit den bekannten wie VC, UFO und auch in unbedeutendem Maß verdi arrangieren.
Zusätzlich stehen die TGL ( für die LH Technik ) und die GdF ( Für die Mitarbeiter der Flugdienstberatung und der Verkehrszentrale ) vor der Tür und die werden sich nicht so leicht befriedigen lassen wie man das mit verdi immer machen konnte.

Alles in Allem Hausgemachte Probleme, wo sich die Firma mal selber an die Nase fassen muss.

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Beitrag vom 22.05.2012 - 02:44 Uhr
Schuld am Untergang eines Unternehmens sind nicht die, die es kritisieren, sondern, die die den Kritikern nicht zuhören.

Dieser Satz ist GENIAL !!!
Beitrag vom 21.05.2012 - 21:43 Uhr
Ich kann Ihr Fazit nur bedingt nachvollziehen. Ich habe den gleichen Vergleich auf der gleichen Strecke und muss sagen, dass das Essen bei T/A und das P/IFE nicht durch die zwei Zentimeter mehr bei LH zu ersetzen sind.

Ich bin da anderer Meinung. Für mich ist die Beinfreiheit in ECO das alles entscheidende Kriterium.
Innerdeutsch hat die neue ECO deutlich bessere Beinfreiheit als z.B. Airberlin. Für mich klare Entscheidung bei Dienstreisen.


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