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US-Airlines verurteilen ultrakonservativen Gesetzentwurf

Jan Brewer, Governor Arizona
Janice Kay Brewer, Gouverneurin von Arizona, © Gage Skidmore, Wiki Commons
ATLANTA - Ultrakonservative Strömungen in den USA setzen nicht nur den Gesetzgeber unter Druck, sondern nun auch die Airlines. Ihnen droht ein jäher Strömungsabriss, sollte ein neues Gesetz durchgehen, das Dienstleistern "religiöse Ermessensfreiheit" gewährt, welche Kunden sie bedienen wollen oder nicht.

Das Gesetz beträfe vor allem Kunden mit gleichgeschlechtlichen Neigungen, aber auch religiöse oder ethnische Minderheiten. Es beziehe sich nicht auf bestimmte Gruppen, gilt aber als Reaktion konservativer Kreise gegen die Legalisierung der Ehe gleichgeschlechtlicher Paare. Befürworter sprechen von Schutz "religiöser Freiheiten".

In ungewöhnlicher Schärfe verurteilte am Dienstag die in Atlanta, Georgia ansässige Delta Air Lines die neue Gesetzesvorlage und forderte in einer internationalen Aussendung deren Rücknahme. Delta betont in ihrem Statement ihr global gültiges Wertesystem, das auf der Vielfalt ihrer Kunden und Mitarbeiter basiere. Die Airline sieht in dem Gesetzentwurf eine unannehmbare Diskriminierung von Kunden und Mitarbeitern und eine Verletzung ihrer Grundwerte wie gegenseitiger Respekt und Würde.

Ähnlich äußerte sich die in Dallas, Texas beheimatete Southwest Airlines. Laut Bloomberg habe sich Doug Parker, CEO von American Airlines, am Dienstag in einem persönlichen Brief an Janice Kay Brewer, Gouverneurin von Arizona gewandt und vor den Folgen für die gesamte Business Community gewarnt, sollte die Vorlage Gesetz werden.

Entsprechende Gesetzentwürfe liegen auch in Georgia, Idaho, Maine, Mississippi und Kansas vor. Die neuen Gesetze würden zum Beispiel Mitarbeitern am Check-In oder Kabinenpersonal gestatten, Kunden nicht zu bedienen, wenn dies ihre religiösen Gefühle verletzen sollte.

Die Gesetzesvorlage wurde am 21. Februar von dem republikanischen Senat des Staates Arizona verabschiedet, Brewer hat inzwischen aber von ihrem Vetorecht Gebrauch gemacht und das Gesetz gestoppt.

Laut Berichten amerikanischer Medien wären bereits im Vorfeld des Gesetzesantrags bei der Arizona Lodging & Tourism Association hunderte Anrufe und Mails von Reisenden eingegangen, die ihre Reisepläne ändern wollen.

© aero.at | Abb.: Gage Skidmore (Wiki Common) | 27.02.2014 08:08

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Beitrag vom 27.02.2014 - 15:32 Uhr
Naja, der Unterschied zwischen dem AGG und dem vorliegenden Gesetz ist es, dass es bei dem AGG um die Einstellung von Arbeitnehmern geht, die ich nicht so ohne weiteres loswerde (Stichwort Sozialverträglichkeit von Kündigungen). Wobei interessant ist, dass bei einer Kündigung genau das beachtet werden MUSS, was ich bei der Einstellung nicht beachten DARF. Sprich: ich darf einer 60-jährigen Frau nicht sagen, dass ich sie nicht einstelle, weil sie zu alt ist. Bei der Kündigung muss ich dagegen die 60-jährige weiterbeschäftigen und muss stattdessen der 20-jährigen Kündigen.

In der Praxis hat das dazu geführt, dass bei einer Ablehung einer Bewerbung nur noch ein "wir haben uns anders entschieden" kommt, weil das Haftungsrisiko enorm ist. Zum Teil gibt es schon Dienstleistungsunternehmen, die beauftragt werden, bei Bewerbungen eine Vorselektion durchzuführen. Und es mag sich jeder überlegen, welcher Arbeitgeber wohl eine 60-jährige einstellt, wenn er dabei das Risiko eingeht, sie nie wieder per Kündigung loszuwerden. Und ob es für einen abgelehnten Bewerber so toll ist, nie einen Grund zu hören, warum er nicht genommen wird (persönliche Verbesserung wird dadurch unmöglich gemacht), mag auch jeder für sich selbst beurteilen.

Bei dem US-Gesetz geht es um einfache Diestleistungen. Sprich: Ich sage irgendjemand, dass ich ihn nicht von A nach B fliege, weil er schwul ist. Den schwulen Kunden bin ich aber nach 8 Stunden Flugzeit wieder los.

Nebenbei dürfte in den USA auch der Grundsatz der Vertragsfreiheit gelten. Dann sage ich halt jemandem ohne angabe von Gründen, dass ich ihm kein Flugticket verkaufe. Bin kein US-Anwalt - aber ich meine, dass das gehen dürfte.
Beitrag vom 27.02.2014 - 13:57 Uhr
@Reynolds: Was war denn in Spanien gemeint? In Frankreich gab es massive Proteste gegen die Ehegleichstellung, die aber in Spanien schon Jahre zuvor sehr geraeuschlos eingefuehrt worden ist.
Beitrag vom 27.02.2014 - 13:33 Uhr
Dass die Airlines öffentlich in die politische Debatte eingegriffen haben, ist in der Tat ungewöhnlich, und war allemal auch bitter notwendig. Allein die Tatsache aber, dass solche Gesetze in manchen Staaten mehrheitsfähig sind, zeigt welchen Einfluß kleine Minderheiten wie die ultrakonservativen Fundamentalisten nehmen können, wenn dahinter mächtige Interessen stehen. Mit Demokratie hat das US-System inzwischen immer weniger zu tun, auch wenn sich letztlich jene Mehrheit der Amerikaner durchsetzt, die durchaus im 21.Jahrhundert angekommen ist. Der Großteil der Republikaner inklusive.


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