Air Berlin werde "als spezialisierter Network Carrier (...) im Rahmen einer auf zwei Drehkreuze ausgerichteten Strategie mit Langstreckenflügen von Berlin und Düsseldorf eine auf 75 Flugzeuge verringerte Kernflotte betreiben", bestätigte Air Berlin am Mittwochabend Einschnitte, die in den letzten Tagen bereits durchgesickert waren.
Alle administrativen Funktionen werden in Berlin konzentriert. Das touristische Geschäft werde mit 35 Flugzeugen in einer separaten Geschäftseinheit zusammengefasst.
Dabei geht es Insidern zufolge um ein mögliches Gemeinschaftsunternehmen mit der deutschen Ferienfluglinie Tuifly. Wie die Finanz-Nachrichtenagentur dpa-AFX aus dem Umfeld der Verhandlungen erfuhr, will Air Berlin ihre österreichische Air-Berlin-Tochter Niki in die Gesellschaft einbringen. Hinzu kämen 14 Maschinen der Tuifly samt Personal, die der Reisekonzern seit mehreren Jahren an Air Berlin vermietet hat.
Flugzeuge und Personal für Eurowings und Austrian
"Um nicht benötigte Flugzeuge und Besatzungen effizient einzusetzen", beabsichtige Air Berlin, "bis zu 40 Flugzeuge der Airbus A320-Familie der Lufthansa-Gruppe zu überlassen, wobei bis zu 38 Flugzeuge von Air Berlin auf Grundlage einer Wet Lease-Vereinbarung "mit einer Laufzeit von sechs Jahren" betrieben werden sollen.
Lufthansa will die Flugzeuge bei ihrer Günstigairline Eurowings und bei Austrian Airlines einsetzen. "Im Zuge der Vereinbarung mit Air Berlin soll Eurowings 35 Maschinen anmieten, die künftig in den Farben der neuen Eurowings fliegen", teilte Lufthansa am Mittwochabend mit. Weitere fünf Flugzeuge würden von Austrian Airlines angemietet.
Insgesamt will Lufthansa bis zu 29 A320 und elf A319 einschließlich Crews und Wartung von Air Berlin leasen und an "sieben deutschen Flughäfen sowie in Wien und Palma de Mallorca" stationieren.
Eine entsprechende Vereinbarung soll im vierten Quartal unterschrieben werden, sofern die Kartellbehörden dem Vorhaben grünes Licht geben. Zur Sommersaison 2017 soll das Wet-Lease-Abkommen dann in vollem Umfang in Kraft treten.
Stellenabbau "so sozialverträglich wie möglich"
Air Berlin flog 2016 noch tiefer in die Krise. Nach anhaltenden Verlusten wechseln Airlinechef Stefan Pichler und Eigner Etihad Airways vom Rotstift zur Brechstange.
"Die Restrukturierung der Gruppe erfordert Entlassungen von bis zu 1.200 Arbeitnehmern", erklärte Air Berlin. Piloten und Flugbegleiter sollen sich außerdem auf "für die Gesellschaft wirtschaftlich günstigere Tarifverträge" einlassen. Hierzu würden Gespräche mit den Gewerkschaften geführt.
Pichler bedauerte die Entscheidung für Stellenkürzungen, begründete dies aber mit der Notwendigkeit, das Unternehmen effizienter auszurichten: "Es fällt mir schwer, in einem dynamischen Arbeitsmarkt wie dem deutschen betriebsbedingte Kündigungen anzukündigen. Dennoch müssen wir leider Personal abbauen. Unser Ziel ist es, dies so sozialverträglich wie möglich zu gestalten."
Eine Milliarde Euro Schulden
Zum Beginn der Sommersaison hatte sich die ohnehin desolate Finanzlage bei Deutschlands zweitgrößter Airline weiter verschlechtert. Der operative Quartalsverlust vervierfachte sich gegenüber dem Vorjahr auf 62,7 Millionen Euro und Air Berlin wies ein negatives Eigenkapital von 987 Millionen Euro aus.
Die Nettoverschuldung der Airline kletterte auf 927 Millionen Euro - obwohl Air Berlin zwischenzeitlich auch das letzte eigene Flugzeug verkaufte und zurück leaste.
2015 hatte Air Berlin, auch wegen ungünstiger Preissicherungsgeschäfte an den Treibstoffmärkten, einen Rekordverlust verbuchen müssen. Der Umsatz im zweiten Quartal 2016 ging um rund 100 Millionen auf knapp 971 Millionen Euro zurück.
Nach Medienberichten hatte Etihad zwischenzeitlich eine Fusion von Air Berlin mit ihrer anderen Beteiligung Alitalia angedacht, diese Pläne aber wieder verworfen.
© aero.de, dpa-AFX | Abb.: Ingo Lang, Großbild: Air Berlin | 28.09.2016 20:20
Kommentare (24) Zur Startseite
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Und wenn er 2018 keine operative schwarze Null erreicht? Auf ein Neues?
Wann kommt die schwarze Null für alles?
Wenn man sich die Preise für ein ACMI Leasing so anschaut wird auch immer ein Minimum vereinbart. Vielleicht ist es ja das, der Minimumpreis. Werden wir schon noch erfahren. Abwarten.
vielleicht pro Jahr?