In einem internen Schreiben, das aero.de vorliegt, beschwört er das Gemeinschaftsgefühl der Ryanair-Crew im Aufbruch. O`Leary entschuldigt sich in dem Brief vom 5. Oktober 2017 bei seinen Piloten für eine "vermasselte Urlaubsplanung".
Um selbige gerade zu rücken und Ordnung in die Dienstpläne zu bringen, kündigt der Ryanair-Chef an, 25 Flugzeuge von November 2017 bis März 2018 am Boden zu belassen.
"Dieser Schritt betrifft weitere 400.000 unserer 50 Millionen Kunden, die wir in diesem Winter befördern werden - er beweist unseren Willen, große, öffentliche und schmerzende Entscheidungen zu treffen, wenn sie langfristig unseren Kunden, unseren Leuten und unserem Geschäftsmodell dienen", schreibt O`Leary.
Dünne Personaldecke
Dass die Flugausfälle seit September 2017 nicht allein auf die chaotische Urlaubsplanung der Airline zurückzuführen sind, klingt an anderer Stelle an.
"Wir werden mehr Standorte mit mehreren Flugzeugen (anstelle von Standorten mit nur einem Flugzeug) einrichten, damit wir die richtige Zahl an Crews und Standby zur Verfügung haben. Wir werden nicht mehr versuchen, unterbesetzte Bases mit Piloten anderer Standorte zu versorgen."
Dies ist eine der Verbesserungen, die O`Leary seinen Piloten in dem Schreiben anbietet. Außerdem sollen sie Sonderzahlungen zwischen 5.000 Euro und 10.000 Euro bekommen, ihr Gehalt soll das der Konkurrenz an der jeweiligen Basis übertreffen und das Dienstplansystem für alle einfacher und übersichtlicher werden.
Die Voraussetzung: die Ryanair-Piloten dürfen keine Gewerkschaft gründen. Stattdessen sollen sich die Crews mit den Mitarbeitervertretern ihrer Standorte in Verbindung setzen, damit die Verbesserungen umgesetzt werden.
"Wenn Sie Ihr Gehalt, Ihren Dienstplan, Ihre Vergünstigungen und Ihre Karriereaussichten hier bei Ryanair verbessern wollen (...) dann bitten Sie einfach ihren lokalen Mitarbeitervertreter, sich bald mit Eddie Wilson und seinem Team zu treffen und wir lassen Ihnen die Boni so schnell wie möglich zukommen", buhlt O`Leary.
Arbeitgeberwechsel als Weg ins Ungewisse
Der Brief appelliert an vielen Stellen an die Loyalität der Piloten. O`Leary versucht ein "wir gegen die" zu schaffen und warnt die Mitarbeiter zugleich davor, zu Konkurrenz-Airlines wie Norwegian abzuwandern. Erneut nutzt Ryanair die Gelegenheit, um an der finanziellen Stabilität des Konkurrenten Zweifel zu streuen.
"Sehen Sie sich den Bankrott bei Air Berlin, Alitalia und Monarch an und die offensichtlichen finanziellen Schwierigkeiten bei Norwegian", schreibt O`Leary und hängt zur Illustration eine Grafik mit einer steil nach unten stürzenden Wertkurve der Norwegian-Aktie seit Mai 2016 an.
"Falls Sie darüber nachgedacht haben oder falls sie es noch tun, zu einer dieser finanziell weniger sicheren oder vom Brexit vor Probleme gestellten Airlines zu wechseln, rate ich Ihnen dringend, bei Ryanair zu bleiben - für eine bessere Zukunft für Sie und Ihre Familie."
Ryanair-Piloten erhalten Unterstützung von Außen
"Wir freuen uns sehr darauf, von Ihnen zu hören", schließt das Schreiben des Ryanair-Chefs. Ob die Antwort der Piloten in seinem Interesse sein wird, bleibt abzuwarten. Die Pilotenvereinigung Cockpit kritisiert die Arbeitsbedingungen bei Ryanair seit längerem und wittert eine Chance, Ryanair feste Arbeitsverträge zu Tarifbedingungen abzuringen.
Zuletzt hat die Pilotengewerkschaft der American Airlines Group den Ryanair-Piloten ihre Unterstützung bei der Gründung einer eigenen Gewerkschaft oder bei der Eingliederung in eine bereits bestehende angeboten.
Zugleich hat ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs Ryanair-Mitarbeitern Recht gegeben, die darum geklagt hatten, nach dem Recht des Landes beurteilt zu werden, in dem sie vorwiegend arbeiten.
Michael O`Leary besteht darauf, dass alle Mitarbeiter zentral von Irland aus angestellt bleiben. Irische Verträge bilden für O`Leary eine Haltelinie, die Ryanair in jedem Fall verteidigen will. Die Mitarbeitervertreter dagegen fordern lokale Verträge zu den Bedingungen des Landes, in dem sie hauptsächlich arbeiten.
O`Leary bietet den Mitarbeitern an, ihr Gehalt und ihren Urlaubsanspruch im Rahmen der irischen Verträge den lokalen Standards anzupassen.
In Deutschland hat am 6. Oktober 2017 das Verfahren gegen mehrere Ryanair-Manager und -Piloten geendet, die der Scheinselbstständigkeit und der Anstiftung dazu beschuldigt werden. Das Ergebnis wird in einigen Wochen bekannt gegeben.
© aero.de | Abb.: Ryanair | 06.10.2017 12:28
Kommentare (9) Zur Startseite
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https://www.irishtimes.com/business/transport-and-tourism/ryanair-chief-operations-officer-michael-hickey-to-leave-airline-1.3247296
Im letzten Absatz findet man den Grund des Debakels. Jahrelang statt wie alle anderen von Jan. - bis Dez. die Urlaubansprüche und damit die Flugzeiten abzustimmen hatte MOL eine Ausnahme die nun ausgelaufen ist. Das Bilanzjahr hat zunähst damit nichts zu tun. Nebelkerze!
Da passt ja das Clowns-Dauergrinsen vom Bild hervorragend.
Erst seine Piloten in 5000 kleine scheinselbsständige Produktionseinheiten "zerlegen" und an 35 verschiedene Standorte zu verteilen und dann an das Gemeinschaftsgefühl appellieren, ich lach mich weg! Wo soll das denn herkommen, wenn der Chef seit Jahren sein Personal nur als überflüssige Kostenfaktoren betrachtet und mit dementsprechenden Kommentaren in der Presse glänzt?!
Aus einem T-Online Artikel:....Er versprach, die Gehälter bei direkten Konkurrenten überbieten zu wollen.....
Da wird er ja wahrscheinlich eine ganz neue Abteilung gründen, die das lernen muss, war doch bisher immer nur das Ziel alles was ihm in die Quere kommt zu unterbieten.
Die mehr oder weniger unverholene Drohung mit Konsequenzen bei Gründung oder Beitritt zu einer Gewerkschaft ist in Deutschland zum Beispiel auch nicht legal.