Doch keine A320
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O'Leary will zurück zur Boeing-Einheitsflotte

Ryanair Boeing 737-800
Ryanair Boeing 737-800, © The Boeing Company

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DUBLIN - Ryanair Group-Chef Michael O'Leary will offenbar auch bei Lauda zukünftig Boeing 737 einsetzen.

"Wir haben Airbus-Flugzeuge bestellt, die in den kommenden zwölf Monaten geliefert werden sollten", zitiert die Nachrichtenagentur "Reuters" O'Leary. "Wir werden fast alle diese Bestellungen stornieren." Die Ryanair Group hätte sie von Leasingunternehmen gemietet.

Noch im Februar hatte das Ryanair-Management geplant, die Lauda-Flotte von 23 auf 38 Airbus A320 zu vergrößern. Der Kauf der österreichischen Lauda im Jahr 2018 wurde von Beobachtern als Schritt hin zu einer Diversifizierung der Flotte gewertet. Die 737 MAX-Krise schien diese Entwicklung zu begünstigen. Die Pandemie leitet nun eine Kehrtwende ein.

Nun kämpft die Ryanair Group wie andere Airlines weltweit mit den Folgen der Covid-19-Krise. Und mit den Lauda-Mitarbeitern. Sie zeigen nach Ansicht von O'Leary zu wenig Entgegenkommen in der Krise. Sollte sich das bis Ende Mai nicht ändern, werde die Lauda-Basis in Wien schließen.
© aero.de | 12.05.2020 14:30

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Beitrag vom 12.05.2020 - 22:25 Uhr
Also ganz ehrlich: Ich glaube nicht, dass man die Flotte einmal komplett umdreht. Vielmehr wird Lauda zugemacht. Und die Schuld dafür wird MOL nicht bei sich selbst suchen, sondern bei Airbus, die nicht genug entgegen gekommen sind (angeblich) sowie die Arbeitnehmer von Lauda, die sich nicht genug haben erpressen lassen.

Das könnte sein. Ich lese diese Nachricht als Ausdruck unterschiedlicher, aber voneinander abhängiger und sich summierender Aspekte:

- Die Corona-Pandemie hat die Nachfrage nach Flugreisen schlagartig drastisch reduziert mit zumindest mittelfristigen gravierenden Folgen. Gleichzeitig hat sie die Situation der Beschäftigten in der Luftfahrtbranche am Arbeitsmarkt schlagartig verschlechtert. Stellenstreichungen und Personalabbau sind derzeit bei den meisten europäischen Airlines Themen, die auf dem Tisch liegen. MOL wäre nicht MOL wenn er das nicht ausnützen würde, um in seinem Kampf gegen die Gewerkschaften ein Exempel zu statuieren - also zu zeigen, was mit Leuten passiert, die sich nicht fügen und was rechtskräftige Tarifverträge und nationale Gesetze, auf die diese sich stützen, bei Ryanair wert sind. In der gegenwärtigen Situation am Markt hat er leider gute Chancen, damit durchzukommen.
(Nur in Parenthese, weil es in einigen Beiträgen von Foristen hier immer wieder als Argument für diesen Umgang mit Beschäftigten angeführt wird: Ja, natürlich verschafft Ryanair Beschäftigung und damit Mittel zum Lebensunterhalt. Aber damit ließe sich ohne Probleme auch jede Form von Sklaverei rechtfertigen. Wenn es Bedarf für einen LCC von der Größe der Ryanair im europäischen Markt gibt, dann wird er auch gedeckt werden. Wenn der Bedarf nur mit autoritären Methoden, die verfassungsmäßige Grundrechte wie die Koalitionsfreiheit angreifen, gedeckt werden kann, dann besteht hier dringender ordnungspolitischer Handlungsbedarf).

- Wird "nur" Lauda zugemacht (Lauda ohne Wien ist eine Airline auf Abruf und im Liquidationsmodus, da haben Sie völlig recht) oder die strukturelle Diversifizierung der Ryanair zur Ryanair-Group generell zurückgefahren? Das wird interessant zu beobachten sein. Mit den beiden anderen Tochter-Gesellschaften hatte MOL bisher ja keine "Gewerkschaftsprobleme". Pointiert formuliert: Ist es ein Problem von Lauda oder eines von Ryanair?

- Neben der strukturellen Diversifizierung ist hier natürlich auch die Frage nach der Diversifizierung der Flottenpolitik von zentraler Bedeutung. Es scheint ziemlich klar zu sein, dass die "Airbusse" von Lauda ausgeflottet und wieder komplett auf die 737-800 und nach Wiederzulassung dann auf die 737 MAX umgestellt werden. Hier fragt man sich: Ist das nur eine Rückkehr zur traditionellen LCC-Strategie, Kosten durch Reduzierung auf einen Flugzeugtyp nachhaltig drastisch zu senken, die durch die Corona-Krise erleichtert wurde (mit dieser ist das Grounding der 737 MAX plötzlich kurzfristig kein Problem mehr und mittelfristig soll dann ja die MAX wieder verfügbar sein)? Unter den neuen Vorzeichen verursacht so gesehen eine kleine Airbus-Teilflotte nur unnötige Kosten statt willkommene Alternative und Druckmittel gegenüber Boeing zu sein - Alternative und Druckmittel, die man nach Corona nicht mehr braucht. Oder ist diese Reduzierung der Flottendiversität gleichfalls Teil einer umfassenderen Reduzierung von struktureller Diversität? Womöglich beides?

- Der spezielle Aspekt des "Hotspots" Wien. Es ist ja bekannt, welche Preis- und Materialschlachten im LCC-Bereich dort geschlagen wurden und welche Überkapazitäten dort schon vor Corona aufgebaut wurden. Hat Ryanair hier womöglich insbesondere gegenüber der WizzAir den Kürzeren gezogen und die Gewerkschaft darf als öffentlichkeitswirksamer Sündenbock herhalten um das zu camouflieren?

- In Summe führt das nach meiner Ansicht zu der generellen Frage, welche Position Ryanair zurzeit in der Entwicklung des Marktes eigentlich hat. Wenn man gelesen hat, in welchen gigantischen Wachstums-Visionen der CEO von WizzAir erst vor wenigen Tagen schwelgte (Wizzair als die größte Airline Europas und mit die größte der Welt), dann hören sich diese Töne aus der Ryanair-Group auch ein wenig wie das Pfeifen im Walde an. Schon vor Corona hat Ryanair schließlich eine Reihe von Basen geschlossen und musste immer wieder gesteckte Entwicklungsziele zurück nehmen - und immer wurden auch dafür die bösen Gewerkschaften als vermeintlich Schuldige ins Schaufenster gestellt. Anders formuliert: Hat Ryanair womöglich derzeit ein etwas grundsätzlicheres Problem und die Corona-Krise kommt im Grunde gerade rechtzeitig, um entsprechende Maßnahmen zugleich durchzusetzen und zu camouflieren?
(Wieder in Parenthese: Ja, ich weiß: Wenn es um die Rechte von Beschäftigten geht, dann gleicht die Airline aus Ungarn der aus Irland wie ein faules Ei dem anderen. Nur dass es Wizzair bisher vermocht hat, dies aus dem öffentlichen Diskurs weitgehend herauszuhalten und insofern eine wesentlich professionellere Öffentlichkeitsarbeit macht als MOL.)

- P.S.: Airbus verantwortlich zu machen für Schwierigkeiten in der Ryanair-Group während man gleichzeitig zu einem Flugzeugmuster wechseln möchte, das derzeit immer noch gegroundet ist und einen Ruf hat wie Donnerhall, ist mit Verlaub zu sagen etwas lächerlich. Genauso wie für Schwierigkeiten bei der Umsetzung von Unternehmenszielen seit Jahren immer nur die Gewerkschaften verantwortlich zu machen. Und nein, ein MOL wird Ursachen für Probleme seines Unternehmens nicht bei sich selbst suchen. Dem steht das Ego entgegen. Die europäische Luftfahrt hat leider mehrere Männer mit dieser Persönlichkeitsstruktur in zentralen Führungsfunktionen - und das tut ihr gerade auch in der derzeitigen Corona-Krise überhaupt nicht gut.
Auch einfach nur viel kann manchmal nicht genug sein. Aber jetzt ist es doch noch komplett geworden. Schön.
Beitrag vom 12.05.2020 - 21:57 Uhr
@LP
Da gibt ein Airline Manager seine Gedanken zu einer Flottenentscheidung bekannt und hier spielen einige den Moralapostel.
Sein Geschäftsmodell gibt es nun mal (Man muss es ja nicht mögen.) und es ist irgendwo „legal“. Und tatsächlich beschäftigt er nicht nur 10-20 Leute. Es sind ein paar mehr und ob die tatsächlich ALLE ohne FR bei einer sogenannten „ordentlichen“ Airline arbeiten würden, wage ich zu bezweifeln.
Und wer es nicht mag, der lässt es halt.

Warum wollen die denn ausschließliche im Luftfahrtgewerbe arbeiten? Gibt es nur interessante Arbeitsplätze im Airline Sektor in D oder Europa? Spargelstechen an der frischen Luft z.B. kann doch auch eine Alternatve sein - wenn die Bezahlung stimmt. Ach ja, macht nicht so viel her...

Dieser Beitrag wurde am 12.05.2020 22:04 Uhr bearbeitet.
Beitrag vom 12.05.2020 - 20:09 Uhr
(Nur in Parenthese, weil es in einigen Beiträgen von Foristen hier immer wieder als Argument für diesen Umgang mit Beschäftigten angeführt wird: Ja, natürlich verschafft Ryanair Beschäftigung und damit Mittel zum Lebensunterhalt. Aber damit ließe sich ohne Probleme auch jede Form von Sklaverei rechtfertigen. Wenn es Bedarf für einen LCC von der Größe der Ryanair im europäischen Markt gibt, dann wird er auch gedeckt werden. Wenn der Bedarf nur mit autoritären Methoden, die verfassungsmäßige Grundrechte wie die Koalitionsfreiheit angreifen, gedeckt werden kann, dann besteht hier dringender ordnungspolitischer Handlungsbedarf)

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