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Wie Björn Tore Larsen Norse zum Erfolg führen will

Björn Tore Larsen
Björn Tore Larsen, © Norse Atlantic Airways

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OSLO - Flugrechte, Flugzeuge, Personal: Norse Atlantic Airways hakt die Checkliste für den Angriff auf den Transatlantikmarkt Punkt um Punkt ab. Im aero.de-Interview erklärt Airlinegründer und CEO Björn Tore Larsen, wann er Norse von der Leine lässt - und warum jetzt der richtige Zeitpunkt ist, eine Airline zu starten.

Norse Atlantic Airways ist die ständigen Vergleiche mit Norwegian leid. "Ich habe diese Airline alleine gegründet", stellt Björn Tore Larsen im Interview mit aero.de klar. Norse will sich im umkämpften Transatlantikmarkt mit günstigen Tickets und einer konservativen Ausbaustrategie behaupten.

aero.de: Norse hat in den USA gerade eine Betriebslizenz erhalten. Wann starten Sie Ticketverkauf und Flugbetrieb?

Björn Tore Larsen: Wir werden unseren Flugbetrieb im zweiten Quartal aufnehmen - und den Ticketverkauf gegen Ende des laufenden Quartals freigeben. 

aero.de: Welche Strecke macht den Anfang?

Björn Tore Larsen: Intern haben wir das bereits festgelegt, gerade läuft aber noch die Feinabstimmung dazu.

aero.de: Die Umstände sind für Fluggesellschaften immer noch schwierig, ist das der Grund, warum Sie Ihr EIS verlegt haben?

Björn Tore Larsen: Ja, das ist der Hauptgrund. Wir müssen abwarten bis die Covid-Beschränkungen fallen und Passagiere wieder Vertrauen fassen. Jetzt zu starten, wäre keine gute Idee. Viele Fluggesellschaften fliegen derzeit mit halbleeren Flugzeugen über den Atlantik, aber sobald die Beschränkungen aufgelöst werden, wird sich das sehr schnell ändern.

aero.de: Flotte und Personal hat Norse für den Start schon beisammen?

Björn Tore Larsen: Wir haben inzwischen vier Flugzeuge übernommen, das fünfte wird sehr bald folgen. In den nächsten Wochen und Monaten stehen dann alle 15 (Boeing 787, Red.) komplett zur Verfügung.

Inzwischen haben wir auch die meisten Mitarbeitenden für unseren Bodendienst eingestellt, Einstellungen von Piloten und Kabinenbesatzungen laufen. Wir haben eine Menge Bewerbungen - auf die ersten 50 Pilotenstellen mehr als 3.000. An unserer ersten US-Basis in Fort Lauderdale stellen wir gerade Flugbegleiter ein. 

aero.de: Und los geht es in Oslo, London-Gatwick und Paris-Orly - wenn die Gerüchte stimmen...

Björn Tore Larsen: Fast! Unser erster Flug wird in Oslo starten. Der zweite Airport wird voraussichtlich Paris sein, aber nicht Orly, sondern CDG. Irgendwann in diesem Jahr werden wir auch aus London fliegen. 

aero.de: .Wie sieht es auf der anderen Seite des Atlantiks aus - werden Sie auch US-Drehkreuze anfliegen?

Björn Tore Larsen: Wir wählen unsere Zielflughäfen nach zwei Gesichtspunkten aus. Erstens: Wirtschaftlichkeit, zweitens: Passenger Experience - sowohl am Flughafen selbst als auch in Hinblick auf den Anschluss zum endgültigen Ziel, typischerweise dem Stadtzentrum einer Großstadt. 

aero.de: WOW Air und zu einem gewissen Grad auch Norwegian operierten in Hub-and-Spoke-Systemen, Norse ist rein auf Punkt-zu-Punkt getrimmt. Werden Sie auf Codeshares oder Interlinings angewiesen sein?

Björn Tore Larsen: Richtig, unser Fokus liegt auf einer Punkt-zu-Punkt-Operation, um Komplexität rauszunehmen. Wenn Komplexität sinkt, sinken die Kosten. Und wenn die Kosten sinken, kann man niedrigere Ticketpreise anbieten - und das ist uns sehr wichtig.

Aus dem gleichen Grund werden wir keine Codeshares oder Interlinings eingehen, sondern Kooperationen mit Fluggesellschaften schließen, deren Flüge unsere Passagiere mit Norse-Flügen selbst kombinieren können. Das ist eine Win-Win-Situation. Das wird es auf beiden Seiten des Atlantiks geben. 

aero.de: Sie sprechen also bereits mit potenziellen Partnern?

Björn Tore Larsen: Das ist korrekt. 

aero.de: Kehren wir kurz zu Ihrem Ramp-up-Plan zurück. Norse hat 15 Flugzeuge geleast, fünf davon stehen zum Start zur Verfügung. Ist das auch die vorläufige Zielgröße für die Flotte?

Björn Tore Larsen: Wir werden von Anfang an 15 Flugzeuge zur Verfügung haben. Die werden wir zwar nicht direkt voll auslasten, aber in Rotation einsetzen und so sicherstellen, dass alle fliegen.

Norse Boeing 787
Norse Boeing 787, © Norse Atlantic Airways
 
Jede weitere Expansion wird vom wirtschaftlichen Erfolg abhängen. Wir werden nicht in bloßer Hoffnung auf eine bessere Zukunft Flugzeuge bestellen - dies ein sehr volatiles Geschäft. Unsere Absicht ist es, mit unseren 15 Flugzeugen einen rentablen und sehr guten Flugbetrieb aufzuziehen.

Mit Expansion und Flugzeugbestellungen befassen wir uns erst wieder, wenn der Markt irgendwann in der Zukunft wieder abkühlt - und wir bis dahin bewiesen haben, dass Norse Geld verdient, eine solide Gewinnspanne erzielt und Liquididät aufgebaut hat.

Es geht wirklich eher darum, Zyklen zu managen und nicht, sich ambitionierten Wachstumsplänen zu verschreiben. Werden wir an Dreamlinern festhalten? Nun, das ist zumindest unser Plan. Nur ein Flugzeugtyp in der Flotte macht vieles einfacher. Für den Moment ist der Dreamliner die wirtschaftlichste und umweltfreundlichste Option.

aero.de: Was denken Sie über den Airbus A321XLR? Nicht nur im Hinblick auf Ihre Flotte - wird dieses Flugzeug nicht zur Bedrohung für Ihr Geschäftsmodell?

Björn Tore Larsen: Ich bin zum ersten Mal in der Luftfahrtbranche aktiv. Es bereitet mir wahnsinnig viel Spass, mit Experten zusammenarbeiten, die in solchen Fragen viel Erfahrung haben.

Was Flugzeugtypen geht, ist alles eine Frage der Wirtschaftlichkeit. Für dünne Strecken kann man auch kleinere Flugzeuge einsetzen, aber das hat eben seinen Preis. Wenn man einen Dreamliner wie unseren mit 338 Sitzen in einer Zweiklassenkonfiguration fliegt, fallen die Kosten pro Passagier viel geringer aus bei einem A321 auf der gleichen Strecke - die Kosten sind nicht vergleichbar.

Und zweitens haben wir auch Frachtkapazität, die Einnahmen generiert. Das sind Einsparungen, die wir an Passagiere weitergeben können. In den Märkten, für die unsere Flugzeuge gedacht sind, ist es sehr schwer, mit einem kleinen Narrowbody mitzuhalten.

aero.de: Ihre 787 waren früher bei Norwegian im Einsatz. Ändern Sie etwas an der Konfiguration der Kabine?

Björn Tore Larsen: Wir wollen es einfach halten. Die 15 Flugzeuge, die wir haben, werden exakt die gleiche Konfiguration weiter nutzen. Wir haben keine Pläne, das zu ändern.

aero.de: Norse wurde oft mit Norwegian verglichen. Zumindest haben Sie Personal und sogar Gründer von Norwegian im Team. Vermeiden Sie so, Fehler von Norwegian auf der Langstrecke bei Norse zu wiederholen?

Björn Tore Larsen: Das Missverständnis hält sich hartnäckig, dass Norse von mehreren Leuten gegründet wurde - dnd ist schlicht falsch. Ich habe diese Airline alleine gegründet - aber ich bin letztes Jahr an die Börse gegangen und habe 5.500 Co-Investoren für das börsennotierte Unternehmen gewonnen.

Norse Boeing 787
Norse Boeing 787, © Norse Atlantic Airways
 
Klar, wir haben auch ein paar Leute von Norwegian im Team - wirklich großartige Mitarbeiter, die erlebt haben, was im Langstreckengeschäft funktioniert und was nicht funktioniert. Insgesamt arbeiten für uns Leute aus mehr als 30 Fluggesellschaften, eine ganz starke Kompetenzbasis.

aero.de: Was hat Sie zum Einstieg ins Airlinegeschäft zu einem Zeitpunkt motiviert als diese Branche am Boden lag?

Björn Tore Larsen: Genau das hat mich motiviert! Ich komme aus der Schifffahrt - ich bin Reeder und Schiffsmanager und habe immer antizyklisch investiert. Jetzt ist der Zeitpunkt, an dem gute Deals möglich sind.

Schlechte Phasen zu managen, ist nicht so kompliziert. Die Herausforderung besteht eher darin, auch in guten Zeiten die Kosten nicht aus den Augen zu verlieren und Disziplin zu bewahren. Wir werden Norse in guten Zeiten so führen, als ob gerade schlechte Zeiten wären.

Wir haben eine Gelegenheit gesehen, die so ziemlich sicher nie wieder kommen würde. Historisch betrachtet sind Investition in Fluggesellschaften immer ein sehr schlechtes Geschäft, dessen bin ich mir bewusst. Ich habe mehr als einmal darüber nachgedacht, dieses Risiko einzugehen, aber ich denke schnell (lacht).

Nein, wir mussten diese Gelegenheit einfach ergreifen. Nicht nur, weil Flugzeuge zu einmalig günstigen Konditionen verfügbar waren, sondern auch, weil man bei Null anfängt und keine Altlasten hat. Man kann sich die beste Technologie und die besten Leute einer Branche herauspicken. Und wie heißt es so schön: "Nur tote Fische schwimmen mit dem Strom."

aero.de: Sie werden also langfristig dabeibleiben?

Björn Tore Larsen: Auf jeden Fall! 

aero.de: Ein letzter Gedanke mit Blick auf den deutschen Markt. Der BER ist mit direkten Langstreckenverbindungne nicht gerade überversorgt...

Björn Tore Larsen: Wir werden nie etwas ausschließen. Für den Beginn steht der BER nicht in unserer Roadmap. Zunächst wollen die Nachfrage in Schwung bringen und Kopf-an-Kopf-Wettbewerb vermeiden.

aero.de: Vielen Dank für das Interview!

Das ist der Interviewpartner

Björn Tore Larsen ist Gründer, Geschäftsführer und Hauptaktionär von Norse Atlantic Airways. Der Selfmade-Unternehmer hat im Alter von 16 Jahren ein Jahr auf See verbracht, mit 18 Jahren ein Reisebüro übernommen und mit 21 Jahren OSM Martime gegründet - mit 16.000 Mitarbeitenden heute eines der größten Seefahrtsunternhmen der Welt.

Larsen ist selbst Pilot und verfügt über mehrere Type-Ratings, darunter die Musterberechtigung für die Boeing 747.
© aero.de | Abb.: Norse Atlantic Airways | 20.02.2022 08:06

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Beitrag vom 21.02.2022 - 16:54 Uhr
Er will Kopf an Kopf Wettbewerb vermeiden aber geht nach CDG und London…. Muss ich nicht verstehen. BER oder DUS in Deutschland wären da schon bessere Alternativen ohne Atlantik Verbindungen!

Könnte es daran liegen, dass man da die Flieger nicht voll bekommt?
Beitrag vom 21.02.2022 - 09:15 Uhr
Er will Kopf an Kopf Wettbewerb vermeiden aber geht nach CDG und London…. Muss ich nicht verstehen. BER oder DUS in Deutschland wären da schon bessere Alternativen ohne Atlantik Verbindungen!
Beitrag vom 20.02.2022 - 12:26 Uhr
Das Einzige was an Larsen beeindruckt sind seine Type-Ratings sowie Musterberechtigung für die Boeing 747. Ansonsten hat er doch nur lockere Sprüche drauf, wie "schlechte Phasen zu managen, ist nicht so kompliziert.Nur tote Fische schwimmen mit dem Strom". Bisher Reeder und Schiffsmanager ist er zum ersten Mal in der Luftfahrtbranche aktiv und glaubt allen Ernstes die Transatlantik Fliegerei mit Binsenweisheiten wie "Frachtkapazität, die Einnahmen generiert" neu aufstellen zu können - da wäre doch keiner draufgekommen. "Wenn Komplexität sinkt, sinken die Kosten", ja wer hätte das gedacht. Mit seinem übersteigerten Selbstbewußtsein hat es zwar geschafft Geld einzutreiben, ob er überhaupt je westbound abheben wird ist bei solchen Sprüchen sehr fraglich.


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